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Abenddämmerung für Retail-Vermieter

Der stationäre Handel verändert sich von einem Schlag auf den anderen. Vermieter von Handelsflächen müssen sich blitzschnell neu orientieren, um zu überleben. Die Zeichen auf der diesjährigen Mapic in Cannes könnten dramatischer nicht sein. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Besser könnte man den Zustand der Handelsflächenvermieter nicht beschreiben. Der Eindruck auf der diesjährigen Mapic in Cannes hat nun wohl auch die letzten Realitätsverweigerer, die bislang den Kopf in den Sand gesteckt hatten, aufgerüttelt. Online killt also doch den stationären Handel - zumindest in seiner heutigen Form. Und zumindest jene, die sich nicht rechtzeitig an die neu entstandenen Herausforderungen angepasst haben. ##Suche nach Konzepten Mehr denn je stand daher in diesem Jahr die Suche nach neuen Konzepten, mit denen sich Einkaufszentren, Fachmarktzentren und Einkaufsstraßen für den Gegenangriff gegen die kontinuierlich steigende Konkurrenz durch den Onlinehandel rüsten, im Mittelpunkt. Allein: Wirklich Neues gab es hier nicht. Auch nicht an dem - bereits am Vortag begonnenen parallelen Eventstream LeisurUp, wo es vorrangig um (neue und alte) Entertainment- Konzepte ging, die das Zeug haben sollten, frei werdende Handelsflächen zu füllen. "In den zurückliegenden Jahren standen sicher die durch den Onlinehandel verursachten Probleme im Vordergrund, heuer herrscht wieder Aufbruchsstimmung", meint hingegen der neue Leiter des Geschäftsbereichs Einzelhandelsimmobilien bei EHL, Mario Schwaiger. "In ganz Europa zeigt sich, dass die Onlinekonkurrenz zwar zum Umdenken zwingt, aber sie wird nicht zum großen Killer für Handelszonen. Das Schlagwort Rethinking Retail ist allenthalben zu vernehmen und tatsächlich werden Einkaufsstraßen und Einkaufszentren der Zukunft zwar anders aussehen als die der Gegenwart, aber sie können dank innovativer neuer Konzepte genauso erfolgreich sein wie bisher." ##Es geht noch was Durchaus positiv schaut hier übrigens auch Dietmar Reindl, COO der Immofinanz, für seine nicht unerheblichen Retailflächen in die Zukunft. Für seine Immofinanz ist die Rechnung tatsächlich insofern aufgegangen, als der Großinvestor schon sehr frühzeitig entsprechend auf die neuen Herausforderungen reagiert hat und zukunftssichere Konzepte entwickelt hatte. Das im Retail also doch noch "etwas geht", zeigte sich auch an der Vielzahl der Termine, die er hier sogar bis inklusive Freitag hatte. Generell ist die Assetklasse "Retail" aber im Begriff, sich neu erfinden zu müssen. "Der Einzelhandel erlebt einen umwälzenden Wandel, bei dem sich sogar die Definition des Begriffs ändert. Auf der Mapic 2019 als der weltweit führenden Veranstaltung für Einzelhandelsimmobilien bot das Thema "Der neue Einzelhandelsmix: Flächen und Standorte neu gedacht" (Retail Remixed: Rethinking Spaces and Places) eine Plattform, um die neuen Spielregeln für den Einzelhandel gemeinsam mit maßgeblichen Vertretern der Branche zu ermitteln. Zu den wichtigsten Veränderungen für die gesamte Branche, die sich hier herauskristallisierten, gehörte die Diversifizierung im Bereich der Einzelhandelsimmobilien. Einkaufszentren sind nicht mehr allein Geschäfte und Restaurants, sondern bieten auch Dienstleistungen, Hotels und Appartements, Co-Working-Spaces (!), die angesagtesten Cocktailbars und Unterhaltungsmöglichkeiten sowie modernste Fitness- und Sporteinrichtungen. Jahrzehntelang abgelehnt, hat sich diese gemischte Nutzung als neue Norm für moderne Entwicklung und Erneuerung erwiesen und beherrschte auch die Gespräche während der gesamten Veranstaltung. Unter den 8.200 Teilnehmern aus mehr als 80 Ländern, die an dieser wichtigsten Veranstaltung im Bereich Einzelhandelsimmobilien teilnahmen, befanden sich 2.000 Einzelhändler, 2.200 Developer und 1.300 Investoren, die sich über den im stetigen Wandel befindlichen Einzelhandelsmarkt austauschten. ##Erdgeschoß gefragt Bei einer Podiumsveranstaltung unter dem Titel "Wie Co-Working, Co-Living und kultureller Wandel Shopping-Destinationen verändern" sagte Jamie Hodari, CEO und Mitgründer des Co-Working-Spezialisten Industrious: "Wir haben festgestellt, dass Büroflächen im Erdgeschoss heute viel gefragter sind als Flächen in höheren Stockwerken. Die Menschen wollen ständig in Bewegung sein. Hierzu passt die Umgebung einer Mall perfekt, wo man nach der Arbeit einkaufen geht oder Freunde zum Mittagessen auf einen Kaffee trifft. Da digitale Technik, Technologie und neue Nutzungsformen das Kundenerlebnis immer wieder radikal verändern, war Innovation im Einzelhandel eines der beherrschenden Themen während der drei Tage, wobei das Mapic-Innovationsforum alle Aspekte von Innovation ansprach, darunter Standortintelligenz, Mehrkanalangebote, SaaS, Kundentreue und -zufriedenheit, Leitsysteme, KI sowie Verkehrs- und Leistungsanalyse. Globale Einzelhandelsimmobilien und Einzelhandelsunternehmen hatten die Gelegenheit zur Entdeckung, Diskussion und Wahrnehmung von Chancen aufgrund dieser neuen Ausrichtung des Einzelhandels von traditionellen Gebäuden hin zu einem Mehrkanalkonzept. Daniel Martinho-Corbishley, CEO von Aura Vision, sagt zum Thema Innovation: "Es wird viel über Google Analytics für analoge Einkaufserlebnisse gesprochen, aber was wir jetzt liefern müssen, ist eher so etwas wie Superkräfte für Einkaufszentren." Der neue Einzelhandelsmix umfasst mehr als nur Geschäfte, es geht in erster Linie um Gastronomie, Dienstleistungen, Beauty und Wellness - und nicht zuletzt um Freizeitangebote. Mit dem Leisure Day am Vortag der Mapic 2019 fand wie eingangs erwähnt ein voller Konferenztag statt, der sich auf die Integration von Freizeitangeboten in Lifestyle-Destinationen konzentrierte. Die digitale Revolution hat zu einem geänderten Verbraucherverhalten geführt, und die Kunden suchen jetzt Erlebniswelten, Geselligkeit und Bildung und wollen Neues entdecken. Andreas Veilstrup Andersen, Executive Vice President von Tivoli Gardens, untersuchte in seiner Keynote mit dem Titel "Freizeit: Das Neueste in der städtischen Unterhaltung" (Leisure: The Cutting Edge of Urban Enchantment), wie Freizeit und Unterhaltung eine entscheidende Rolle für die Attraktivität von Städten spielen. Er sagt: "Gerade in den Synergien zwischen Einzelhandel und Erlebniswelt werden wir das zukünftige integrierte Geschäftsmodell des Einkaufens finden. Es besteht eine große Ähnlichkeit zwischen dem modernen Einzelhandel und Unterhaltungsangeboten, bei beiden geht es darum, etwas viel Wichtigeres zu sein, nämlich ein Ort, wo sich Menschen treffen." LeisurUp wird jetzt eine neue internationale zweitägige Veranstaltung für Freizeitprofis. Die erste LeisurUp-Veranstaltung wird in einem neuen Ausstellungsbereich neben dem Palais des Festivals in Cannes am 17. und 18. November 2020 im Vorfeld der Mapic 2020 (18. bis 20. November 2020) stattfinden. Dazu gehören ein eigener Ausstellungsbereich, ein Konferenzprogramm sowie Networking- Veranstaltungen. Was auch unbestritten ist, das ist das grüne Denken mit Nachhaltigkeits-Schwerpunkten - zumindest in Westeuropa. Andere Developer im arabischen Raum, aber auch in Osteuropa hinken da aktuell noch hinterher. Überhaupt war spannend, dass auf der diesjährigen Mapic kaum noch Projekte in Westeuropa, dafür aber eine beachtliche Zahl an solchen in Ost-, Südost- und Südeuropa sowie dem arabischen Raum (und nach wie vor in Asien) präsentiert worden sind, die zu einem guten Teil auch bereits ausfinanziert sind und damit eine relativ hohe Realisierungschance haben. Klar ist aber auch, dass auch dies noch lange kein Garant dafür ist, dass diese Mega-Shoppingcitys in fünf Jahren noch in Betrieb sind. ##Restriktive Widmung Demgegenüber gilt für Österreich, dass hier die Widmungsverfahren für neue Handelsimmobilien immer restriktiver werden. Neue Fachmarktzentren werden schwer bis gar nicht mehr genehmigt. Das macht bestehende Objekte in guten Fachmarktagglomerationen zu besonders stabilen Investments. 2018 wurden in Österreich rund 450 Millionen Euro in die Assetklasse Retail investiert. "Aufgrund von mangelnden Alternativen am Geldmarkt auch immer häufiger von privaten Investoren und Stiftungen," meint dazu Sewada Howsepian, Leiter der Gewerbeabteilung von Arnold Immobilien.
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. Dezember 2019 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorGerhard Rodler aus Cannes
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