Immomedien
immomedien.at
 / Lesezeit 3 min

Ansichtssache

Baurecht im mehrgeschoßigen Wohnbau aus vier Blickwinkeln: Abgeber, Bauträger, Käufer und Geldgeber. Baurecht – nicht im Sinne der Gesetzgebung oder Baugenehmigung, sondern des zeitlich begrenzten Bauens auf fremdem Grund – ist seit vielen Jahren ein gern genutztes Modell: in erster Linie für Einfamilienhäuser beziehungsweise Kleingartenvereine, wie aufmerksame Leser des Immobilien Magazins schon aus der ersten Ausgabe des Jahres wissen. Doch steigende Grundstückspreise führen dazu, dass es auch für Wohnbauträger-Unternehmen zunehmend interessanter wird, sich mit dem Modell zu beschäftigen. Dieses bietet für die beteiligten Parteien unterschiedliche Vor- und Nachteile. ##Der Abgeber Will der Eigentümer eines Grundstückes dieses weder selbst nutzen noch verkaufen, bietet sich Baurecht als Möglichkeit an. Hannes Horvath, Geschäftführer von Durst Bau, hat gerade ein Wohnbauprojekt auf dem Grund eines privaten Baurechtsgebers realisiert und gibt sich von dessen Vorteilen überzeugt: „Für den Baurechtsgeber entstehen kaum Kostenrisiken – die Wohnungseigentümer tragen gemeinsam den Baurechtszins, sollte er nicht beglichen werden, fällt das Gebäude an den Baurechtsgeber.“ Dem stimmt auch Walter Hanzmann vom Stift Klosterneuburg zu: „Bei den Baurechtsvarianten handelt es sich um risikoarme gleichförmige und vorhersehbare Modelle.“ Außerdem erspare sich der Grundbesitzer Vermieterpflichten, erklärt Horvath weiter. Allerdings ist das Grundstück auch langfristig gebunden, Wertsteigerungen fallen somit weg. Traditionell gehören Institutionen wie Stifte und Klöster, aber auch die Bundesforste beispielsweise zu den größten Baurechtsgebern. Im Falle des Stiftes Klosterneuburg wird Baurecht für zwei Zeiträume eingeräumt: 60 und 100 Jahre. Möchte man das Grundstück 60 Jahre lang nutzen, bezahlt man jährlich drei Prozent des Verkehrswertes an Baurechtszins, wer das volle Jahrhundert möchte, muss fünf Prozent aufbringen. Wobei auch hier die Berechnung unterschiedlich erfolgt, erklärt Hanzmann: „Im Einfamilienhaus- und Bauklasse-I-Bereich erfolgt die Berechnung des Bauzinses nach der Grundstücksfläche, im großvolumigen Wohnbau nach der erzielbaren Wohnnutzfläche.“ ##Der Bauträger Durch Preissteigerungen bei Grundstücken in guten Lagen werden auch Eigentumswohnungen teurer – aber nicht besser. Um kostengünstiger, aber trotzdem in guter Lage bauen zu können, greifen manche Bauträger zum Bauen auf Zeit. Hannes Horvath hat mit seiner Durst Bau gerade acht Eigentumswohnungen und ein Penthouse auf dem Grund eines Privaten Baurechtsgebers errichtet. Der Vertrag läuft auf 100 Jahre. „In dieser Lage kann man normalerweise von etwa 1.500 bis 2.000 Euro pro Quadratmeter Grundstücksanteil ausgehen“, berichtet Horvath. Der Baurechtszins für dieses Projekt liegt nun bei 2,90 Euro pro Quadratmeter. Auch Glorit Bauträger hat bereits einige Projekte auf Baurechtsgrund realisiert – auch hier war die Lage ausschlaggebend, erklärt Harald Holzer, Leiter Projektmanagement bei Glorit: „Unser Hauptbetätigungsfeld ist im 21. und 22. Bezirk – dort ist historisch gesehen – vor allem in den guten Lagen wie Bruckhaufen und an der alten Donau – Stift Klosterneuburg Grundbesitzer und Baurechtsgeber.“ Die Wohnungen seien etwa 25 bis 30 Prozent günstiger als Volleigentum. ##Der Käufer Der Wohnungskauf ist eine hochemotionale Angelegenheit: Immerhin kauft man Lebensraum für sich, die Kinder, vielleicht die Enkerl und irgendwann die Ur-ur-ur-Enkerl. Aber was passiert, wenn das Eigenheim nicht auf Eigengrund steht? Wenn in 100 Jahren der Grundstückseigner sein Land zurückverlangt und die armen Ur-ur-ur-Enkerl schauen durch die Finger? Mit genau solchen Bedenken war auch Hannes Horvath konfrontiert: „Das anspruchsvollste war sicherlich der Vertrieb. Man begegnet doch vielen Vorurteilen – sind diese allerdings ausgeräumt, fällt die Entscheidung oft schnell.“ Auch Holzer liefert hier eine – recht nüchterne – Aufstellung: „Circa 80 Prozent eher ablehnend, zehn Prozent skeptisch, der Rest kennt die Thematik und hat kein Problem damit. Problematisch ist es derzeit eher bei Häusern auf Stiftsgrund, da dort das günstigere Baurecht mit 60 Jahren begrenzt ist.“ ##Der Geldgeber Wie beurteilen Investoren und Geldgeber das Modell Baurecht? Geldgeber des Projektes von Durst Bau war die ABV. Bernhard Hampel, Abteilungsleiter im Kommerziellen und Geförderten Immobiliengeschäft bei der IMMO-BANK – ABV-Gruppe, nennt als wichtigstes Entscheidungskriterium die Ausgestaltung des Baurechtsvertrages: „Die wesentlichsten Punkte sind die (Rest-)Laufzeit des Baurechts, welche möglichst lange – jedenfalls deutlich länger als die geplante Finanzierung – sein sollte; ebenso spielen die Höhe des Bauzinses, dessen Wertsicherung sowie die Entschädigungsregelung bei Erlöschen des Baurechts eine Rolle. Nicht zuletzt können gegenseitige Rechte und Pflichten wie zum Beispiel Zustimmungen vereinbart sein. All dies hat Auswirkungen auf den Wert des Baurechts beziehungsweise des zu errichtenden Gebäudes und damit auf die Finanzierung beziehungsweise Darlehensstruktur.“ Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren, gibt sich skeptisch: „Aufgrund der zeitlichen Beschränkung kann das eigentlich immer nur zweite Wahl sein. Es mag Situationen geben, die trotzdem so rentabel sind, dass Investoren das in Kauf nehmen. Sehr wohl ist ein Unterschied zu machen, da insbesondere die Komponente ,Wertsteigerung‘ aufgrund des definierten Zeitablaufes zumindest eingeschränkt ist, wenn nicht gänzlich entfällt. Insoweit ist natürlich ein Unterschied zu zeitlich unbeschränktem Grundeigentum zu machen. «
Immomedien

Registrieren. Weiterlesen. Vorteile genießen.

Egal ob Sie exklusive Artikel, ein Unternehmensprofil anlegen oder Applikationen wie unser interaktives Firmenbuch nutzen wollen. Wir haben garantiert das richtige Abo-Paket für Ihre Zwecke parat.

Ihre Vorteile

  • Erstellen eines ausführlichen Personenprofils
  • Testweise 3 Immobilien Magazin Printausgaben
  • Lesezeichen für Artikel, Jobs und Events
  • Erstellen von Pressemitteilungen, Events und Jobs
  • Erstellen eines ausführlichen Firmenprofils
  • Schalten Sie über unsere Abonnements weitere Funktionen frei und erhalten Sie den vollen Zugang zu allen Artikeln!

PRO Abo monatlich

20,- € / Monat exkl. MwSt.

Vorteile entdecken

Pro Abo jährlich

120,- € / Jahr exkl. MwSt.

Unlimitierter Zugang zu allen Leistungen inkl. 5 Personen Abos

Vorteile entdecken

Networking Pro AddOn

584,- € / Jahr exkl. MwSt.

Vorteile entdecken

Premium Abo

1.200,- € / Jahr exkl. MwSt.

Erstellen Sie Ihr ausführliches Personenprofil, Zugang zum digitalen Immobilien Magazin

Vorteile entdecken

© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. April 2014 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


BW
AutorBarbara Wallner
Tags
Wohnen
Markt
Hannes Horvath
Tax & Law
s Real
Wolfgang Louzek
Baurecht
Kleingartenverein
Durst Bau
Glorit
Walter Hanzmann
Stift Klosterneuburg
Bundesforste
Harald Holzer
IMMO-BANK – ABV
Bernhard Hampel

Weitere Artikel

Immomedien
Informiert bleiben.

Treffen Sie eine Selektion unserer Newsletter zu buildingTIMES, immoflash, Immobilien Magazin, immo7news, immojobs, immotermin oder dem Morgenjournal

Jetzt anmelden

© Cachalot Media House GmbH - Alle Rechte vorbehalten