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Auf den Spuren der Verantwortlichkeiten

Ob denen des Bauherren oder des EU-Projektes zur Energieeffizienz – im September geht es um die Verantwortung. Als „Fundgrube“ für allerlei Neues und Interessantes aus der Welt der Wissenschaft geht es in der Immo­Science in diesem Monat um die Verantwortung. Und zwar in zwei Bereichen, die auf ganz unterschiedliche Art und Weise mit diesem Begriff verflochten sind. Zum einen ist es die Verantwortung im Bereich der Energieeffizienz, mit der sich der erste Gastbeitrag beschäftigt. Konkret geht es dabei um das EU-Projekt TRACE, mit dessen Hilfe vor allem in Südosteuropa das Erreichen der Energieziele der Europäischen Union gefördert und unterstützt werden soll [cite1] Zum Zweiten beschäftigt sich Johann Zwiletitsch in seiner Masterarbeit im Masterlehrgang Real Estate Management der Donau Universität Krems mit der verantwortungsvollen Rolle des Bauherrn und ihrer oft viel zu unklaren Definition. Die Arbeit „Der Bauherr. Seine Verantwortungsrollen und die daraus resultierenden Aufgaben, Pflichten, Risiken, Chancen in einem modernen immobilienwirtschaftlichen Verständnis“ wurde kürzlich mit dem „Excellence in Real Estate Award“ von ImmQu ausgezeichnet. ##Die Rolle der WU Wien im Rahmen von TRACE [b]Die ökonomischen Hintergründe von Investitionen in Energieeffizienz und warum der „energy efficiency gap“ existiert. (Gunther Maier)[/b] Die Zielsetzung ist seit Jahren klar und eindeutig: Energieverbrauch und Schadstoffausstoß sollen drastisch reduziert werden. Und weil gut ein Drittel des Energieverbrauchs mit Bauwerken in Verbindung steht, betrifft das auch die Immobilienwirtschaft. Was allerdings nicht so toll klappt, ist die Umsetzung. Die Sanierungsraten sind niedrig und nicht alle Investitionen in Energieeffizienz, die sich zu rechnen scheinen, werden auch tatsächlich getätigt. Dieses Phänomen wurde schon Anfang der 1990er Jahre als „energy efficiency gap“ bezeichnet und ist heute so aktuell wie damals. Das beobachten wir nicht nur in Österreich, sondern praktisch in allen Ländern Europas. Das Projekt TRACE, das von der EU im Rahmen des Kooperationsprogramms „South East Europe“ gefördert wird, untersucht das für die Länder Südosteuropas und dabei vor allem die Frage, wie lokale und regionale Verwaltungen Investitionen in die Energieeffizienz von Gebäuden pushen können. Als Partner von TRACE beschäftigen wir uns als Forschungsinstitut für Raum- und Immobilienwirtschaft der Wirtschaftsuniversität Wien vor allem mit ökonomischen Grundlagen von Energieeffizienzinvestitionen. In einem Task des Projektes untersuchen wir die ökonomischen Hintergründe von Investitionen in Energieeffizienz und warum der „energy efficiency gap“ existiert. Dabei gehen wir von der Investitionstheorie aus, die besagt, dass Investitionen nur dann getätigt werden (sollten), wenn deren Kosten niedriger sind als die Summe der in Zukunft zu erwartenden Erträge. Selbst diese einfache Betrachtungsweise zeigt schon einige Probleme auf. So etwa das aus der langen Nutzungsdauer von Immobilien resultierende hohe Risiko und die Unsicherheit der zukünftigen Energiepreise. ##Das Eigentümer-Nutzer-Problem In der Realität ist Immobilienwirtschaft natürlich viel komplexer. Diese Komplexität, die wir in dem Bericht skizzieren, wirkt sich auch auf die Investitionen in Energieeffizienz aus. Ein Beispiel ist das Eigentümer-Nutzer-Problem, bei dem der Eigentümer die Investitionskosten zu schultern hat, der Nutzer aber von der Energieeffizienz profitiert. Das führt dazu, dass aus dem Investitionskalkül heraus die Investition unterbleibt. Als zentrales Problem identifiziert der Bericht Information und Informationsasymmetrien. Informationen über die Konsequenzen von Investitionen und Verhaltensweisen fallen im Immobilienbereich nicht nur sehr verspätet an – das beginnt schon bei den Heizkostenabrechnungen im Wohnungsbereich –, sie sind auch oft auf viele Akteure aufgeteilt. Bei einem Bauprojekt kennen Architekten, Professionisten, Berater, Dienstleister etc. bestimmte Aspekte des Projektes besser als alle anderen, besser auch als der Bauherr und der Investor. Diese Situation öffnet strategischem Verhalten vielfältige Möglichkeiten. Daraus resultieren Marktbarrieren und Marktunvollkommenheiten, die im Bericht ausführlich diskutiert werden. ##Der Bauherr [b]Seine Verantwortungsrollen und die daraus resultierenden Aufgaben, Pflichten, Risiken, Chancen in einem modernen immobilienwirtschaftlichen Verständnis. (Johann Zwiletitsch)[/b] Hintergrund: Nach umfassender Recherche in den wesentlichen deutschsprachigen Onlinekatalogen erhärtet sich das Bild, dass die Darstellung des Bauherrn in der Literatur immer nur auf einzelne Teilaspekte seiner Funktionen reduziert wird. In der knappsten, aber weit verbreiteten Begriffsbestimmung wird der Bauherr ausschließlich auf das Bestellen eines Bauwerkes und auf das Schulden des Kaufpreises dafür reduziert; darüber hinausgehende Funktionen des Bauherrn werden in der immobilienwirtschaftlichen Literatur hauptsächlich nur in den Teilbereichen a) Abgrenzung zum Architekten, b) Projektmanagement oder c) Werkvertrag/Haftungen beschrieben. Eine umfassende Zusammenfassung der unterschiedlichen Bauherrnbegriffe, der verschiedenen Bauherrntypen, des Willens des Bauherrn zum Bauen, der Abgrenzung des Bauherrn zu den anderen Akteuren am Baugeschehen, der Organisationsformen eines Bauprojektes, der Hilfsmittel des Bauherrn, der Risiken und Haftungen des Bauherrn sowie der Verantwortungsrollen des Bauherrn gegenüber den Stakeholdern eines Bauprojektes in einem Werk findet sich in der modernen immobilienwirtschaftlichen Literatur nicht. Hypothese: In der knappsten, aber weit verbreiteten Begriffsbestimmung wird der Bauherr fast ausschließlich auf das Bestellen eines Bauwerkes und auf das Schulden des Kaufpreises dafür reduziert. Dieser „Bauherrnbegriff“ hält einer modernen immobilienwirtschaftlichen Betrachtung nicht stand und sollte erweitert werden. Methode: Sichtung a) der einschlägigen betriebs- und sozialwirtschaftlichen sowie rechtlichen Literatur, b) der schweizerischen und deutschen Gesetze sowie der österreichischen Bundes- und Landesgesetze sowie c) der österreichischen Judikatur. Fazit: Bauherr ist nicht nur derjenige, der ein Bauwerk bestellt und den Kaufpreis dafür schuldet, sondern: Der Bauherr ist derjenige, [*]in dessen Sphäre sich der Wille bildet (Bauwille), ein Bauvorhaben nach eigenen Vorstellungen (auf dessen Gestaltung er somit Einfluss nehmen kann) vorzubereiten oder vorbereiten zu lassen, und [*]der den Auftrag zur Planung (dieses Gebäudes) gibt, [*]der (dieses Gebäude) selbst oder durch Dritte, im eigenen Namen, auf eigene wirtschaftliche Verantwortung (Baurisiko und finanzielles Risiko), für eigene oder fremde Rechnung tatsächlich erstellt bzw. erstellen lässt, [*]der meist – aber nicht immer – Eigentümer des Grundstücks ist, [*]der die Bauherrnaufgaben wahrnimmt, [*]der gegenüber den Behörden als Bauwerber auftritt, [*]der für die Sicherstellung der rechtlichen Ordnung bei der Umsetzung des Bauprojektes die Gesamtverantwortung hat, [*]der an der Spitze der Haftungspyramide steht und [*]der verantwortlich ist, dass der durch das Gebäude beabsichtigte Nutzen im vollen Umfang eintritt. Bauherrn sind sich vielmals der Wichtigkeit ihrer Position in einem Bauprojekt nicht bewusst. Diese Unkenntnis führt leider oftmals dazu, dass der Bauherr bei der Umsetzung seines Bauprojektes scheitert oder sich mit durchschnittlichen Ergebnissen zufrieden gibt, was leider allzu häufig zu sehen ist, wenn man mit offenen Augen die sichtbare Architektur betrachtet. Die Forschung ist demnach aufgerufen, Ansätze zu entwickeln, die helfen, das Selbstbewusstsein der Bauherren zu stärken und die Bauherren „mündig“ oder zumindest „mündiger“ werden zu lassen. Die Nutzer des Bauobjekts, die Gesellschaft, insbesondere die Nachbarn, die Umwelt, das architektonische, städtebauliche Umfeld und die Öffentlichkeit im Allgemeinen werden es danken, wenn die immobilienwirtschaftliche Forschung einen Beitrag dazu leistet, dass zukünftige Bauherrn nicht nur ihren eigenen ökonomischen Nutzen im Auge haben, sondern sich auch ihrer Verantwortung den oben angeführten Gruppen gegenüber bewusster werden und verstärkt neben ökologisch optimierten auch städtebaulich und architektonisch wertvolle sowie sozial nachhaltige Bauprojekte entwickeln.
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. September 2014 - zuletzt bearbeitet am 14. August 2025


BW
AutorBarbara Wallner
Tags
Nachhaltigkeit
International
Innovation
Wissenschaft
EU
ImmoScience
Bauherr
TRACE

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