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„Baukosten werden in sechs bis zwölf Monaten nachgeben“
Warum die Baukosten bald nachgeben, aber nie wieder so wie früher sein werden, wie man als Bauherr dennoch die Kosten ohne Abstriche senken kann und ob sich die Bauwirtschaft aktuell auf einem hohen Ross befindet - darüber sprach Hubert Wetschnig, CEO der Habau-Gruppe mit Gerhard Rodler.
##Immobilien Magazin: Wie geht es jemanden, der sich aussuchen kann, welche der Auftragsanfragen er annimmt und der dann auch noch die Preise diktieren kann?
Hubert Wetschnig: So kann man das gar nicht beantworten. Wir schwimmen definitiv nicht auf der hohen Welle, sondern versuchen auch in dieser Situation, unsere Kunden ins Boot zu holen. Wir sind ja nach wie vor ein Familienunternehmen und da hat man einen ganz anderen, besonders partnerschaftlichen Zugang zu seinen Kunden. Daher ist uns natürlich auch klar, dass die aktuellen hohen Baupreise durchaus ein Problem sind. Vor allem, wenn sich das Projekt schon über einen längeren Zeitraum erstreckt und aus einer Zeit stammt, wo es ganz andere Preise gab.
##IM: Aber die Bauindustrie ist es ja, die diese hohen Preise macht, sie könnte das ja ganz einfach ändern?
Wetschnig: Wir sind da ja nur der Überbringer der schlechten Nachricht. Die Kundenpreise sind zuletzt um 20 bis 30 Prozent gestiegen, da müssten wir um 30 bis 40 Prozent mehr verdienen. Das ist aber nicht der Fall. Die Ursache der Preissteigerungen liegt im wesentlichen bei den Zulieferern. Wir arbeiten bei der Kundenkalkulation ja mit offenen Büchern und da kann man das klar nachvollziehen.
##IM: Aber gerade die Habau hat ja eine große Wertschöpfungstiefe und macht vieles selber.
Wetschnig: Im Vergleich zu manchen Mitbewerbern ist dies tatsächlich der Fall und da können wir dann auch etwas besser agieren. Aber beispielsweise müssen wir bei der Fassadengestaltung zukaufen und dadurch haben wir den Triiiple-Auftrag nicht bekommen, weil wir bei der Fassade zu teuer waren. Ähnlich ist es bei der Haustechnik. Auch da gibt es gerade eine Handvoll Firmen im großkalibrigen Bereich und da werden bei der aktuellen Marktsituation die Preise tatsächlich vorgegeben und wir können diese nur akzeptieren oder wir haben einfach keinen Zulieferer.
##IM: Ist es wirklich so schlimm?
Wetschnig: Ja. Beispielsweise der Trockenbau. Da sind die Preise um 30 bis 50 Prozent raufgegangen. Und unlängst haben wir keinen Zulieferer gefunden, weil die ausgeschriebenen 800 Wohnungen selbst für die Handvoll an großen Anbietern aus deren Kapazitätsgründen nicht zu stemmen war.
##IM: Das heißt, das Nachverhandeln ist derzeit gar nicht möglich?
Wetschnig: So ist es. Verhandeln ist heute gleichbedeutend mit: Das Angebot annehmen. Unlängst hat uns jemand ein Angebot gelegt mit dem Zusatz, man müsse das noch im Laufe des Vormittages annehmen, sonst würde man sich für einen anderen Auftraggeber, den man am Nachmittag desselben Tages treffe entscheiden.
##IM: Was kann man da dann noch tun?
Wetschnig: Wir leben ja Partnerschaftlichkeit wirklich. Daher setzen wir uns in solchen Fällen dann zusammen und denken gemeinsam nach, wie man das Bauvorhaben so optimieren kann, dass man letztlich einen tragfähigen Preis zustande bringt. Wir bieten daher ja auch das Modell "cost & fee" an, zusammen mit einem garantierten Maximalpreis, den wollen derzeit alle Kunden. Da verhandeln wir die Gewerke dann gemeinsam. Die erzielten Einsparungen teilen wir uns da nach einem vertraglich vorher vereinbarten Schlüssel.
##IM: Aber bei höheren Preisen müsste doch auch mehr für die Habau übrig bleiben?
Wetschnig: Eben nicht wirklich. Wir verdienen - so wie früher auch - im Schnitt rund drei Prozent. Das ist im Grunde nicht viel, da darf schon nichts schief gehen und man darf sich hier auch nicht verkalkulieren. Insofern hat sich unsere Ertragssituation im Verhältnis zum Umsatz in den zurückliegenden fünf Jahren nicht wirklich verändert.
##IM: Aber die Nachfrage ist gestiegen?
Wetschnig: Das definitiv. Aufgrund der stark gestiegenen Anfragen schaffen wir es gar nicht mehr, alle angeforderten Angebote zu legen. Denn auch die Kapazitäten in der Kalkulation müssen ja da sein. Angesichts der geringen Margen darf da kein Fehler passieren. Mittlerweile rufen uns schon - neue - Kunden an und fragen uns, warum wir nicht anbieten.
##IM: Also kaum Potenzial für Neukunden?
Wetschnig: Wir haben natürlich schon auch Neukunden, das muss dann sowohl zeitlich, wie auch von der Größe her passen. Idealerweise gibt es da eine Vorlaufzeit von sechs bis neun Monaten. Aber zunächst sind wir bemüht, die Nachfrage der Stammkunden zu befriedigen. Aber in allen Fällen gilt, dass wir uns wirklich bemühen, den Budgetrahmen unserer Kunden zu entsprechen. Denn klar ist auch: Wer heute am hohen Ross sitzt, wird bei nachlassender Nachfrage übrigbleiben.
##IM: Sehen Sie bereits eine Eintrübung der Nachfrage?
Wetschnig: Wir sehen schon am Horizont ein gewisses Innehalten des Nachfragewachstums - aber auf hohem Niveau. Selbst wenn die Nachfrage aktuell um 10 bis 20 Prozent zurückgehen würde, wären wir noch gut ausgelastet.
##IM: Gehen Sie dabei auch von einem Nachlassen der Baupreise aus?
Wetschnig: Es kann schon sein, dass beim einen oder anderen Gewerk die Preise in sechs bis zwölf Monaten wieder nachlassen, aber das Niveau von vor Beginn des Booms werden sie nicht mehr erreichen.
##IM: Was kann man tun, um die Preise so zu senken, dass leistbarer Wohnbau für die Konsumenten wirklich leistbar wird?
Wetschnig: Das geht nur über Effizienzsteigerung. Die ist auch deshalb nötig, weil wir künftig mit weniger Mitarbeitern werden auskommen müssen. Wir steuern auf einen eklatanten Mitarbeitermangel zu.
##IM: Warum?
Wetschnig: Die Baubranche ist nicht attraktiv genug - das beginnt schon bei den frühen Beginnzeiten, die sind einfach unsexy. Ich gehe davon aus, dass durch die Digitalisierung die Effizienzsteigerungen dramatisch zunehmen werden. Denn die Branche tut sich derzeit noch schwer mit dem Wissenstransfer von einer zur anderen Baustelle. Dazu gehört auch eine viel offenere Fehlerkultur und mehr Bereitschaft für F & E.
##IM: Was verursacht vermeidbare Mehrkosten am Bau?
Wetschnig: Wohl auch die Tatsache, dass jeder Bau ein Unikat ist und jeder Bau anders aussehen muss. Würden wir am Bau eine Art Serienfertigung machen können, wären bei gleicher Qualität und ohne sonstige Maßnahmen die Kosten auf Anhieb um 10 bis 15 Prozent niedriger. Aber das geht natürlich selten. Man baut ja nicht immer auf der grünen Wiese und es sind immer unterschiedliche Bebauungs- und Baubestimmungen zu berücksichtigen. Dazu kommt, dass gehobene Architektur in der Regel auch zu gehobenen Baukosten führt. Wir bemühen uns, auch bei individuellem Erscheinungsbild des Bauwerkes in Richtung Vorfertigung zu gehen und damit hier auf der Kostenseite einen Beitrag zu leisten.
##IM: Was kann man - abgesehen von Abstrichen bei der Architektur - von Bauherrenseite tun, um Baukosten zu bekommen, die ins Budget passen?
Wetschnig: Das wichtigste ist, sich frühzeitig festzulegen und keine Änderungen während des Baues zu machen. Und natürlich sofortige Entscheidungen. Denn Verzögerungen bei Rückmeldungen gehen letztlich enorm ins Geld.
##Danke für das Gespräch.
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AutorGerhard Rodler
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