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Betongold profitiert von der Wirtschaftskrise wie nie zuvor
Jede Krise hat auch ihre Gewinner. Bei der aktuellen sind die Gewinner ganz klar: Immobilien.
Niedrige Zinsen, niedrige Renditen: In den Immobilienstrategien der europäischen Investoren kristallisiert sich bei der Frage, wie lange die aktuelle Marktphase noch andauern könnte, eine klare Antwort heraus. Die professionellen Immobilienanleger richten sich mehrheitlich auf einen um weitere mehrere Jahre anhaltenden Marktzyklus ein, in dem die grundlegenden Bedingungen fortbestehen. Entsprechend gestiegen war die grundsätzliche Bereitschaft der Investoren, für diese Phase Abstriche bei der Verzinsung von Immobilienanlagen zu akzeptieren.
So ähnlich lautete das Resumee über die Aussichten für die europäische Immobilienwirtschaft zu Anfang des Jahres 2020. Und diese - damals im immoflash zum Jahresbeginn veröffentlichen - Prognose bewahrheitete sich Woche für Woche. Bis zum 16. März. Dann war in Österreich alles anders. Die Pandemie hatte Österreich erreicht. Lockdown, von einem Tag auf den anderen. Österreich wurde - abgesehen von systemrelevanten Einrichtungen wie dem Lebensmittelhandel - auf Homeoffice geschickt. Die Wirtschaftswelt stand still - und nimmt erst in diesen sommerlichen Tagen jetzt wieder (langsam) an Fahrt auf.
##Innehalten
Das hatte auch zu einem plötzlichen Innehalten der Immobilienbranche geführt. Besichtigungen vor Ort waren über Wochen nicht möglich - der Verkauf von Anlegerwohnungen schwächelte. Internationalen Investoren war es aufgrund der massiven Reiseeinschränkungen auch theoretisch gar nicht möglich, nach Wien zu kommen, um sich vor Ort Investmentoptionen anzusehen und Verträge endzuverhandeln. In weiterer Folge zeigten auch die Immobilienbewerter (zumindest einige von ihnen) schwache Nerven und wenig Zukunftsglauben. Ohne wirkliche fundamentale Grundlagen drehten sie die Renditeschraube erstmals seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten wieder hinauf. Die inneren Werte der Immobilien-AGs und auch der Fonds gaben unverhältnismäßig nach. Neue Investmentprojekte waren kurzfristig on hold, weil unter Einstandspreisen wollte und konnte - vor allem angesichts weiter anhaltender Niedrigzinsen - niemand verkaufen.
Das war Ende Mai. Jetzt, Anfang Juli, hat sich die Immobilienwelt neuerlich radikal verändert. Entgegen den (vielfach scheinbar falsch gelegenen) Bewertergutachten kaufen internationale Investoren weiter zu den gewohnt niedrigen Renditen ein. Und zwar mehr oder minder quer über alle Assetklassen. Wohnen ist nach wie vor ein Evergreen. Hier gab es in der Praxis, so ist von fast allen Marktteilnehmern zu hören, so gut wie keinen Tag einen Preiseinbruch, sondern war eher das Gegenteil der Fall. Aber selbst bei Büroimmobilien dürfte der unleugbare und wohl weiter anhaltende Trend zu Homeoffice zu keinen Preisminderungen bei Mieten und schon gar nicht bei den tatsächlichen Werteinschätzungen der (vor allem internationalen) Investoren gelegen sein.
##Günstiges Österreich
Der Grund dafür ist klar: Österreichs Büro- und Gewerbeimmobilien sind im internationalen Vergleich so günstig, dass Preisschwankungen einfach nicht stattfinden. Tatsächlich wird auch der Bedarf an Büroflächen in Wien (als bedeutendsten Büromarkt des Landes) mittel- und langfristig nicht sinken. Aufgrund des im internationalen Vergleich rekordverdächtig niedrigen Anteils für Büromiete an den gesamten Unternehmenskosten wirkt sich Homeoffice bei den meisten Unternehmen - und schon gar nicht im KMU-Bereich - auf den Flächenbedarf aus. Großunternehmen, die schon bisher auf desksharing setzten, werden das wohl weiter tun, dass allzu viele weitere jetzt dazu kommen, zeichnet sich aktuell aber nicht ab.
Und selbst bei den Hotels scheint entgegen ersten Erwartungen mittelfristig kein Einbruch in Sicht. Ein Rundruf des Immobilien Magazin ergab, dass die meisten bereits begonnenen Hotelprojekte (in Wien) weiter geführt werden und jene, die knapp vor Projektstart standen "aller Voraussicht nach", wie es hieß, nach einer "Schrecksekunde" wohl auch weiter vorangetrieben werden dürften.
Für die Assetklasse der Serviced Appartements waren die letzten Wochen sogar ein Brandbeschleuniger. Alle Projekte werden mit voller Kraft weiter voran getrieben - auch neue werden unter Hochdruck entwickelt. Und: Es haben neue, bislang in Österreich nicht vertretene, Anbieter von Serviced Appartements ihr Auge auf den aus internationaler Sicht scheinbar extrem attraktiven Markt geworfen. Es deutet alles darauf hin, dass jene Immobilienbewerter, welche den heimischen Investmentgesellschaften für das 1. Quartal herbe Bewertungs- und damit wohl auch Kursverluste bereitet hatten, scheinbar falsch gelegen sind. Denn die Investmentrallye samt weiter tendenziell eher niedriger als steigender Marktrenditen hat in der Praxis tatsächlich bereits wieder an Fahrt aufgenommen.
Insofern dürften die negativen Bewertungsergebnisse für den österreichischen Markt für (neue) internationale Investoren sogar eine weitere Motivation gewesen sein, gerade jetzt sich diesen Markt näher anzusehen und hier zu investieren. Lediglich die Reisebeschränkungen führten dazu, dass dies noch nicht in dem Maße sichtbar ist, wie es dem internationalen Investmentdruck und dem internationalen Investmentinteresse entsprechen würde.
##Was bedeutet dies für Österreich?
Es deutet viel darauf hin, dass sich die Kurse der österreichischen Immobilien-Aktiengesellschaften sehr schnell erholen und damit ihre Erfolgsstory an den Börsen weiter fortsetzen, als wäre nichts gewesen. Gleiches darf auch für die Immobilienfonds angenommen werden. Und auch wenn sich die Entwicklungen je nach Gewichtung der Assetklassen unterscheiden dürften, die Richtung, was Kurse (und vor allem auch den inneren Wert der Gesellschaften) betrifft, ist klar: weiter nach oben. Auch international gibt es bereits erste Stimmen, die meinen, dass der Rekordzyklus für die Immobilieninvestments nach relativ kurzem Stillstand bereits bald wieder zu alten Höhen zurückkehren wird. Die Erklärung dafür ist einleuchtend: Während in den nächsten Monaten (und wohl sogar Jahren) die Geldmengen überall deutlich steigen werden, ist Grund und Boden eben nicht vermehrbar und wird daher praktisch "automatisch" in Relation zur Vermehrung der Geldmenge an Wert gewinnen.
##Das gilt auch international.
Überall beginnen Analysten an einem ähnlichen Bild zu arbeiten (die Veröffentlichung wird für Q3 erwartet): Die Fortsetzung des aktuellen Immobilienmarktzyklus für die nächsten Jahre - unabhängig ob in Berlin, Madrid (!) oder Paris. Unsicherheiten gibt es lediglich in Bezug auf London, aber das hat andere - bekannte - Gründe.
Dabei richten die Immobilieninvestoren angesichts der aktuellen massiv gestiegenen makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten ihre Anlagestrategie aber noch stärker auf (bald wieder) noch geringere Renditen bei gleichem Risiko aus: Verstärkt gesucht werden Wohnimmobilien im niedrigpreisigeren Mietbereich, serviced Appartements als neue Assetklasse und weiterhin Büros.
Etwas verhalten ist man derzeit noch bei Logistik und Hotels, wobei gerade Hotels auf mittlere Sicht von den internationalen Investoren durchaus positiv bewertet bleiben. Der Anteil derjenigen, die ihre Risikostruktur beibehalten und dafür bei den selbst gesetzten oder vom Kunden vorgegebenen Renditezielen Abstriche in Kauf zu nehmen bereit sind, ist indessen weiter im Sinken. Sicherheit zählt eben in unsicheren Zeiten ganz besonders.
Entsprechend ist der Anteil der Unternehmen, die sich bereit zeigen, explizit höhere Risiken einzugehen, um zum Beispiel die Belastung aus sinkenden Ankaufsrenditen zu kompensieren, weiter gesunken. Was zudem ja auch auf der Hand liegt: Die weltweiten Geldvermögen sind ja nicht wegen einiger Wochen Pandemie verschwunden, sondern liegen nach wie vor auf den Konten und sind bereit, so rasch wie möglich investiert zu werden. Diese weiter hohe Kapitalverfügbarkeit erfordert es, dass risikoaverse Investoren einerseits die Marktbearbeitung in ihren europäischen Kernmärkten massiv verstärken, sich aber andererseits auch Renditepotenziale in Opportunitätsmärkten erschließen. Das dürfte dazu führen, dass das Transaktionsvolumen in den CEE-Märkten, aber auch in der südlichen europäischen Peripherie mittelfristig wieder signifikant steigen wird.
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AutorGerhard Rodler
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