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Bildung als Stadtteil
Die neue WU Wien ist mehr als nur ein Campus. Sie gliedert sich in das Areal zwischen Messe Wien und Prater einem Stadtteil gleich ein und schließt dort ganz nebenbei eine Lücke in der lokalen Infrastruktur. Ein mehr als gelungenes Projekt, das noch aus vielen anderen Gründen Beachtung verdient.
Bei der Planung und der Durchführung von Bauprojekten erfordert es sehr viel Know-how, Geschick und letztendlich auch Mut, um die gewohnten Projekt-Dimensionen zu verlassen und sich auf Großes, Neues und Herausforderndes zu stürzen. Das gilt ganz besonders für Bauvorhaben im Bereich Städtebau und Infrastruktur. Wer mit den üblichen Gesetzmäßigkeiten des Projektmanagements vertraut ist, der weiß, dass es selbst für die erfahrenste Projektleitung nahezu unmöglich ist, lückenlos alle widrigen Umstände vorherzusehen und quasi schon am Reißbrett ihrem Auftreten entgegenzuwirken. Beinahe genauso schwierig ist es, eine geeignete – und damit schnelle – Reaktionsweise im Vorfeld festzulegen. Gleichzeitig ist das Maß für das Gelingen von Projekten eisern, gnadenlos und dabei ganz leicht zu ermitteln: nämlich die Einhaltung von Terminen und Kosten.
## Ein Vorzeigeprojekt
Der positive Abschluss des Universitäts- und Infrastrukturprojekts der neuen Wirtschaftsuniversität in Leopoldstadt zeigt, dass es möglich ist. „Wir bleiben im Zeitplan und halten den Kostenrahmen wie geplant“, hat Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der BIG, schon im Juli in einer Presseaussendung verkündet. Im Bereich der öffentlichen Großbaustellen stellt das schon eine Sensation dar. Die Projektgesellschaft „Wirtschaftsuniversität Wien Neu GmbH“ – eine Kooperation der Bundesimmobilien Gesellschaft und der WU Wien, die eigens für die Errichtung des neuen Areals gegründet wurde – hat den Beweis dafür erbracht. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit der beiden Organisationen war die Grundlage, selbst Unglücksfälle wie einen Brand im Mai 2012 und dann noch einen im Juni 2013 ohne Verzögerungen oder Budgetüberschreitungen zu meistern. Das spricht ganz besonders für die Kompetenzen der Projektgesellschaft, aber auch für das herausragende Engagement und die Professionalität der Gewerke. Über 100 Unternehmen, die alle in Einzelausschreibungen ermittelt wurden, haben sich über die 44 Monate Bauzeit den Arbeitsplatz rund um den Welthandelsplatz im zweiten Wiener Gemeindebezirk geteilt. Damit ist die Errichtung der neuen WU zu einem der wichtigsten Impulsgeber für die Baubranche während der Wirtschaftskrise geworden. Rund 7000 Arbeitsplätze hat das Projekt während der Laufzeit gesichert – täglich hat die Baustelle im Schnitt 700 Menschen mit Arbeit versorgt. Dabei sind 492 Millionen Euro an Netto-Gesamtkosten inklusive aller Honorare und dem Grundstück angefallen. Aber das Projekt hat auch nach der Fertigstellung einen positiven Impact auf die Wirtschaft. „Der neue Campus wird auch den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich aufwerten. Auf Basis einer modernen Infrastruktur kann sich das Innovationspotenzial unserer Forscher und Studenten voll entfalten. Darüber hinaus zeichnet sich das neue Gebäude auch durch eine architektonisch hochwertige Gestaltung aus und setzt als ‚Green Building‘ Energie besonders effizient ein“, so Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.
## Innovation und Verantwortung
Zwei wichtigen Grundprinzipien der Wirtschaftsuniversität Wien – Innovation und Verantwortung – wird das Bildungsinfrastruktur-Projekt mit dem Nachhaltigkeitskonzept „Green Building“ gerecht. Die Planungsgrundsätze dafür waren eine hohe Dauerhaftigkeit der Konstruktionen und Materialien, eine hohe Energieeffizienz der Gebäudehülle und der technischen Anlagen sowie der Einsatz von regenerativen Energiequellen und Materialien, bevorzugt durch lokale Anbieter. Der Schutz der lokalen und globalen Umwelt stand ebenso im Mittelpunkt, daher wurde Materialien mit geringen Emissionen grundsätzlich Vorrang gegeben.
Ein besonderes Augenmerk wurde beim Konzept auf das Thema Energie gelegt. Das Herzstück der Energieversorgung der WU Wien ist die Nutzung von Grundwasser – sowohl zur Versorgung mit Kälte als auch mit Wärme. Hierfür wird eine der größten Anlagen zur thermischen Grundwassernutzung in Österreich mit einer maximalen Grundwassermenge von bis zu 150 Liter pro Sekunde errichtet. Zusätzlich zur Grundwassernutzung wird in den Wintermonaten die Abwärme der IT-Anlagen über eine Heiz-Kältemaschine zur Heizungsversorgung verwendet, die ebenfalls in das Niedertemperaturheiznetz einspeist. Damit kommt ein höchst komplexes und innovatives System zum Einsatz.
## Internationalität und Vielfalt
Die Bedeutung des Projektes geht nicht nur aufgrund der Nachhaltigkeit weit über die österreichischen Grenzen hinaus. Durch die Einbindung von sechs verschiedenen international tätigen Architekturbüros steht der neue Standort im Fokus des europäischen Interesses. Das Projekt hat bewiesen, dass die baulichen und infrastrukturellen Bedingungen für den tertiären Sektor in Österreich einen besonders hohen Stellenwert haben. Dieser Kurs ist zukunftsweisend für Forschung und Lehre. „Die WU Wien ist im deutschsprachigen Raum der viertbeste universitäre Standort, knapp hinter der Universität Wien, die Platz 2 belegt“, so Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle. Er ist zuversichtlich, dass die neuen Rahmenbedingungen dieses Ranking noch weiter verbessern werden.
Den Studierenden stehen nun 3000 Arbeitsplätze und knapp 60 Seminarräume und Hörsäle zur Verfügung. Damit hat die WU Wien nicht nur den europaweit größten Campus, auch die Qualität des universitären Umfeldes ist beispielgebend. So konnte etwa baulich ermöglicht werden, dass jeder der neuen Lehrräume mit Tageslicht versorgt ist. Regina Prehofer, Vizerektorin der WU Wien: „Der Bau ist nach unseren Grundprinzipien geplant und umgesetzt worden. Diese sind Vielfalt, Internationalität, Innovation und Verantwortung. Das wollen wir unseren Studenten auf allen Ebenen vermitteln, daher war es uns wichtig, dass sich diese Grundprinzipien auch im architektonischen Konzept durchgängig widerspiegeln.“ Klassische Gebäudeformen sind an dem Ensemble schwer auszumachen, die Formgebung ist vorwiegend organisch und mitunter überraschend. Große Glasflächen lassen die Grenzen zwischen außen und innen verschwimmen und leiten viel Tageslicht in die Komplexe. Die Anordnung der Gebäudeteile zieht die Besucher förmlich in die inneren Teile der Universität. Durch den offenen Aufbau wechseln sich im Innenraum weite Blickachsen mit nahen ab. Die freundliche Fassadengestaltung sowie das Design der Allgemeinzonen sollen die Studenten dazu einladen, sich auch in vorlesungsfreien Zeiten gerne in der Universität aufzuhalten.
Den Masterplan für das Bauvorhaben hat das Wiener Architekturbüro BUSarchitektur erstellt. Sie haben auch ein weiteres Departmentgebäude und ein Hörsaalzentrum im Nordosten des Campus geplant. Das neuartige Hörsaalzentrum ist mit multifunktionalen, flexiblen Hörsälen in unterschiedlichen Größen und einem Auditorium Maximum für 650 Personen ausgestattet. Nahezu 5000 Menschen finden hier gleichzeitig Platz zum Lernen und Lehren. Eine großzügige Aula sowie Stiegen und Rampen verbinden und trennen unterschiedlichste Lernzonen.
Die Planung des zentralen Herzstückes „Library and Learning Center“ wurde an Zaha Hadid Architects aus Hamburg vergeben, die sich dort mit einem expressiven, markanten Bau verwirklicht haben. Ein weit auskragendes Dach mit einer großflächigen Glasscheibe, die an einen Monitor erinnert, erstreckt sich Richtung Prater. Der davorliegende zentrale Platz geht fließend in den Haupteingangsbereich und das Forum über. Die Besucher/-innen werden im Inneren über Rampen und Treppen spiralförmig durch die Bibliothek nach oben geführt, wo sich Bücher und Studienplätze mit großartigen Ausblicken auf den Campus mischen. Im Inneren dient eine große Aula, das so genannte Forum, als Veranstaltungsfläche. Um der Funktion als Zentrum des Campus gerecht zu werden, nehmen die Kanten des Center Bezug zu den umliegenden Komplexen und verknüpfen so die verschiedenen Gebäudekonzepte an einem kommunikativen Knotenpunkt zu einem Ganzen.
Im Nordwesten des Campus gestaltete das spanische Architektenbüro NO.MAD Arquitectos das Kopfstück des Campus, einen siebenstöckigen, eckigen Turm mit einer Fassade aus Glas und Aluminium. Himmel und Natur spiegeln sich im Gebäude, das sich dadurch perfekt in die Umgebung eingliedert. Neben den Lehrräumen und den Verwaltungsflächen der Executive Academy, einer Weiterbildungseinrichtung für Führungskräfte und Fachleute, finden sich in diesem Gebäude weitere Büroflächen sowie ein Dachrestaurant und ein Café.
Für die restlichen Gebäudekomplexe ging der Zuschlag an weitere internationale Büros: Estudio Carme Pinos aus Barcelona, CRABstudios Architects aus London und das Atelier Hitoshi Abe aus Sendai.
## Der Campus als Lebensraum
Das Platzangebot hat sich mit einer Nettofläche von 100.000 Quadratmetern enorm verbessert, aber den Themen
„Raum“ und „Offenheit“ wird der Campus nun auch noch auf andere Weise gerecht: Die Erdgeschoßflächen der sechs Komplexe sowie die Freiflächen des 90.000 m² großen Grundstückes sind alle öffentlich zugänglich und kommen gänzlich ohne Zäune oder sonstige Eingrenzungen nach außen hin aus. Dadurch soll sich die Öffentlichkeit willkommen fühlen, den Campus gleichermaßen wie die Studenten zu nutzen und in ihren Lebensraum zu integrieren. Rund 55.000 m² allgemein zugänglicher Flächen mit Cafés, Restaurants und Geschäften sowie einem Sportzentrum laden ein, die neuen Bauwerke in prominenter Lage neben dem Prater, der grünen Lunge Wiens, zu entdecken. Die zentrale Zielgruppe, die Studenten, finden dort aber nicht nur einen Ort, um ihren wissenschaftlichen Horizont zu erweitern und sich in den Lernpausen schnell zu regenerieren, sie finden dort auch einen Ort zum Wohnen. Die IG Immobilien Management GmbH hat dafür die „Campus Lodge“ errichtet, einen Wohnkomplex, der sich perfekt in den Campus einfügt. Die moderne Anlage versorgt das Areal mit 111 freifinanzierten Mietwohnungen und 36 möblierten Serviced Apartments. Die Wohnungen sind zwischen 41 und 71 m² groß und größtenteils mit Terrasse oder Balkon ausgestattet. Ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Jene Studenten, die sich das Wohnen in unmittelbarer Campusnähe günstiger ermöglichen wollen, können sich im Studentenwohnheim der Milestone GmbH einmieten. Aber auch hier werden neue Maßstäbe für studentisches Wohnen gesetzt: Gehobene Ausstattung auf 24 Quadratmetern in allen Apartments, eine Rezeption und individuell buchbare Learning Lounges, aber auch Fitnessraum, Dachterrasse und Partykeller erleichtern den Bewohnern ihren Alltag und schaffen zusätzlich Raum für Begegnung.
Neben der konsequenten Ausrichtung auf den Komfort der Studenten und der städtebaulichen Berücksichtigung der Öffentlichkeit soll der Campus auch für Unternehmen interessant werden: In vorlesungsfreien Zeiten können die Räumlichkeiten für externe Events angemietet werden. Es gibt dazu bereits eine Kooperation mit dem unmittelbaren Nachbarn, der Messe Wien.
Mit diesem Prestigeprojekt ist es der Bundesimmobiliengesellschaft und der Wirtschaftsuniversität Wien gelungen, einen Meilenstein im Bereich der öffentlich finanzierten Bildungsinfrastruktur zu setzen und für ähnliche Bauvorhaben in der Zukunft beispielgebend zu wirken. Ein gutes Omen für den Start der neuen Wirtschaftsuniversität Wien, die auch zukünftig kooperativ mit der BIG in einer Betriebsgesellschaft geführt wird. «
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AutorBarbara Bartosek
Tags
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