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Buddha in Business
Was ist eigentlich Wirtschaftsethik? Und was kann unsere Wirtschaft vom Buddhismus lernen?
Einst verriet ein Student Karl Kraus, dass er gedenke, Wirtschaftsethik zu studieren. Dazu fiel dem Schriftsteller nur eine Antwort ein: „Herr Kollege, Sie werden sich für eines von beiden entscheiden müssen.“ Auch Soziologe Niklas Luhmann fand einen wenig schmeichelhaften Vergleich für diese Disziplin: Sie sei wie die englische Küche, befand er – beider größtes Geheimnis sei die Tatsache, dass sie gar nicht existierten.
Tut sie nicht? Tut sie doch. Zumindest in der Theorie. Der aufmerksame Leser mag sich an dieser Stelle fragen: Was? Die Antwort ist: die Wirtschaftsethik – für die englische Küche kann an dieser Stelle keine Position bezogen werden. Ethik an sich wird zumeist beschrieben als die Lehre von Gut und Böse. Auf den ersten Blick scheint diese Definition als absolute – denn was könnte universaler sein als Gut und Böse? Ulf Posé, Präsident des Ethikverbandes der deutschen Wirtschaft, liefert in seinem Vortrag auf dem Immobilienkongress re.comm 12 schon eine wesentlich wissenschaftlichere Definition: „Ethik ist eine wissenschaftliche Disziplin, mittels derer Handlungen – insofern sie unter dem Anspruch eines hohen, zu schützenden Gutes stehen – legitimiert und/oder zurückgewiesen werden.“
Wie solche Handlungen und ihre Legitimation aussehen, das ist nicht nur geschichtlich, sondern vor allem auch kulturell ganz verschieden. Einer, der sich mit dieser Kulturspezifik im Bereich der Wirtschaftsethik auseinandersetzt, ist der deutsche Philosoph und Ökonom Karl-Heinz Brodbeck. Insbesondere der Buddhismus und die Rückschlüsse, die man daraus auf unser Wirtschaftssystem ziehen kann, stehen im Mittelpunkt seiner Arbeit.
Als wesentlichen Unterschied zwischen der westlichen und der buddhistischen Philosophie beschreibt Brodbeck die „Substanz“ – so sei die europäische Philosophie in ihrer Hauptlinie eine Substanzphilosophie. Im Laufe der Geschichte wurde diese immer wieder unterschiedlich ausgelegt, als Geist, Materie, göttliche Substanz, ewige Naturgesetze und andere. Es gibt also immer einen Grund, ein Wesen, aus dem heraus sich alles erklären lässt. Der Buddhismus hingegen sieht als das Wesen der Dinge vielmehr ihre Substanzlosigkeit. Alles was ist, ist immer nur in Abhängigkeit von anderen Erscheinungen und kann damit nicht aus sich selbst heraus existieren. Wer diese Verbindung zu leugnen versucht, im Buddhismus als Unwissenheit bezeichnet und damit eines der drei Geistesgifte, fällt der Gier anheim – dem zweiten Gift. Immer wieder versucht er nach jenem zu greifen, das er als von sich getrennt erlebt. Gleichzeitig wehrt man sich gegen vermeintlich äußere Einflüsse. Es entsteht das dritte Gift, der Hass.
Bezogen auf das Wirtschaftssystem und die Wirtschaftsethik sieht Brodbeck die Gier im Sinne der Geldgier als eines der ursächlichen Übel. Denn auch Geld hat nur den Wert, der ihm vertrauensvoll zugewiesen und unterstellt wird. Durch diese Zuschreibung und den praktischen Umgang damit ordnen wir uns, so Brodbeck, schließlich dem Geld unter. Nutzt man das Vertrauen in das Tauschobjekt Geld aus, um Gewinn zu machen, entwickelt es eine „parasitäre Funktion“, wie Brodbeck es im 3sat-Interview bezeichnet: Ware wird gegen Geld getauscht und wieder gegen Ware – was läge da näher, als sich als reinen Käufer/Verkäufer und nicht als Nutzer zwischenzuschalten, um mit Gewinn weiterzuverkaufen? Das, was in philosophischen und religiösen Systemen über Jahrtausende als Grundübel galt, wandelt sich mit der Emanzipation von der Religion im 16. und 17. Jahrhundert zu einer selbstverständlichen Grundlage des Wirtschaftssystems – der Zins: „Was früher mal ein falscher Gedanke war, wurde zu einer Gewohnheit und hat die Menschen programmiert auf Geldgier.“
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AutorBarbara Wallner
Tags
Innovation
re.comm
Ethik
Compliance
wirtschaftsethik
Karl-Heinz Brodbeck
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