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CO₂ zum Frühstück

Mithilfe von Mikroorganismen, die CO₂ in Methan umwandeln, will ein Österreicher dien Energiewirtschaft revolutionieren. Ein Konzept, das auch für Gebäude interessant sein könnte. Wäre es nicht schön, wenn es Tiere gäbe, die das CO₂ – das uns so viele Probleme macht – einfach fressen und daraus etwas Sinnvolles produzieren würden? Es gibt sie – und schon länger als man denkt. Archäa heißen die Tierchen und bevölkern unseren Planeten seit mehr als drei Milliarden Jahren. Die Mikroben, die die kuschelige Umgebung von Tiefsee-Vulkanen und ähnlich lebensfeindliche Gebiete ihr Zuhause nennen, ernähren sich von zwei Gasen: Kohlendioxid und Wasserstoff. Aus dieser Kombination erzeugt der Stoffwechsel der Einzeller Methan, den Hauptbestandteil von Erdgas. Der österreichische Unternehmer und Forscher Alexander Krajete möchte diese Eigenschaft zur Treibstoffproduktion nutzen. „Die Mikroben erzeugen ein Produkt, für das es bereits eine Infrastruktur und Anwendungsmöglichkeiten gibt – man muss also das Rad nicht neu erfinden.“ Mit seiner Technologie, dem „Biokatalysator“, so der Wissenschaftler, könnten Gemeinden selbst ihren Treibstoff herstellen, vorausgesetzt natürlich die Bewohner führen Erdgasautos. Das gleiche Konzept wäre in kleinerem Maßstab auch für Gebäude denkbar, ist Krajete überzeugt: „Die Faustregel ist: Mit einem Kubikmeter der Mikrobenflüssigkeit erzeugt man ungefähr 20 Kubikmeter Methan pro Stunde und verbraucht etwa genauso viel CO₂. Auf Gebäudelevel müsste man die Größe dementsprechend an den Bedarf anpassen.“ ##Gebäude wird zum Kraftwerk Das Aussehen der Wundertierchen ist reichlich unspektakulär, in einem Zylinder mit Wasser befindet sich eine braune Masse, die – auf gut Österreichisch – aussieht wie „Gatsch“. Entnommen werden die Mikroben, die an der Luft übrigens gar nicht lebensfähig sind, aus Kläranlagen. Ein paar Zellen genügen, um eine Wachstumsphase zu starten. Eine Ampulle mit den Mikroben darin wird in den Behälter mit Wasser geworfen, das auf etwa 65 Grad erwärmt wird und einen neutralen pH-Wert aufweist. Damit sich die Tierchen nicht nur wohlfühlen, sondern auch satt werden, werden Kohlendioxid, Wasserstoff und noch einige andere Spurenkomponenten zugeführt. Für die Herstellung des Wasserstoffs schlägt Krajete ÖkoStrom aus Wind- oder Sonnenenergie vor. Damit könnte man gewöhnliches Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff spalten. Ewig leben die Archäa allerdings nicht und so wird nicht nur ständig Nährlösung zugeführt, sondern auch eine Mischung aus Wasser und Mikroben abgeführt. Die abgestorbenen Einzeller können entnommen und weiterverarbeitet werden: entweder als Dünger, Tierfutter – oder als Heizstoff. Für das entstehende Methan ist wiederum auch in vielen Gebäuden eine Infrastruktur vorhanden: Boiler und Gasthermen. „Mit dieser Technologie kann man ein Gebäude in eine Art Kraftwerk umfunktionieren“, erklärt Krajete und fügt hinzu: „Ich bin überzeugt, dass dezentrale Energiekonzepte die Zukunft sind. Der Endkunde wird sich immer weiter emanzipieren.“ ##Die Zukunft der Energieversorgung Grundsätzlich sei die Technologie auch bereits einsatzbereit. Was die von Krajete prophezeite Emanzipation allerdings noch weiter hinauszögern könnte, ist der fehlende rechtliche und steuerliche Rahmen für derartige Konzepte. „Der Markt für den Eigenverbrauch ist derzeit noch nicht liberalisiert.“ Die Krajete GmbH forscht und entwickelt in Zusammenarbeit mit gleich zwei Wiener Universitäten. Gemeinsam mit der TU Wien wird das Verfahren weiterentwickelt. In Bezug auf die Herstellung und Verwertung der Mikroben, die ja Biomasse darstellen, wird es eine Kooperation mit der Universität Wien geben. Erste theoretische Überlegungen stellte Krajete bereits 2007 in Norwegen an, die praktische Umsetzung seiner Idee begann etwa zwei Jahre später in Wien. Seine Grundüberlegung war es, vorhandene Ressourcen zu nutzen: „Wir lamentieren über CO₂ und Überschussstrom – aber die Lösungen sind da.“ Ein weiterer wichtiger Faktor in Krajetes Konzept ist das Speichern. Bisherige Stromspeichermöglichkeiten weisen erhebliche Nachteile auf: Batterien haben eine geringe Energiedichte und können nur relativ kleine Mengen speichern bei gleichzeitig hohem Gewicht. Zur Herstellung werden seltene Komponenten benötigt und natürlich entladen sich Batterien mit der Zeit. Auch Wasserstoff ist als Speicher nicht der Weisheit letzter Schluss: Er habe vor allem ein Imageproblem, meint Krajete. Er sei explosiv, habe schon Industrieunfälle verursacht, darüber hinaus müssten Infrastruktur und Endanwendungen erst entwickelt werden. Die Methanogenese, wie die „Verdauung“ der Archäa in der Fachsprache heißt, wandle diesen Wasserstoff in ein Produkt um, das wesentlich einfacher zu handhaben und vor allem zu speichern sei, argumentiert der Unternehmer sein Konzept. Nun gilt es wohl abzuwarten, ob irgendwann jedes Gebäude seinen eigenen kleinen Archäatank im Keller hat und die Bewohner ihre Autos mit „hausgemachtem“ Biotreibstoff betanken, den die Tierchen ihnen liefern. «
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 24. Juli 2013 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorBarbara Wallner
Tags
Wohnen
Branche
CO²
Archäa
Mikroorganismus
Kohlendioxid
Wasserstoff
Methan
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Kraftwerk
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