Immomedien
immomedien.at
 / Lesezeit 5 min

Das Grätzel bestimmt den Preis

Für österreichische Wohnimmobilien sind die Auswirkungen von Covid-19 noch sehr überschaubar, sagt Alexander Bosak, Geschäftsführer der Bauträgerdatenbank Exploreal im Gespräch mit Charles Steiner. Und: Das Grätzel hat den Bezirk endgültig abgelöst. ##Eine aktuelle Auswertung von Exploreal zeigt, dass die Wohnimmobilienpreise auch während des Lockdown gestiegen sind. Hängt das mitunter auch davon ab, dass sich verstärkt Globalinvestoren in diesem Segment tummeln? Alexander Bosak: Aktuell ist die Nachfrage von Globalinvestoren nach Wohnprojekten ungestillt. Bis auf eine Ausnahme außerhalb von Wien hat keiner aus der Gruppe einen Ankauf auf Eis gelegt. Im Gegenteil: Die meisten Bauträger können nicht nur das verstärkte Interesse institutioneller Investoren an Wohnimmobilien bestätigen, sie berichten auch, dass auch außerhalb von A-Lagen gekauft wird, sofern die Gegend über eine gute Verkehrsanbindung verfügt. Ebenfalls fällt auf, dass Projekte in allen Größenordnungen gekauft werden - von 50 Wohneinheiten bis 700 Wohnungen. Und es werden gerne auch ganze Pakete erworben. Auf der Seite gibt es bei der Nachfrage auch durch Covid-19 keinerlei Einbußen. Da das Angebot dadurch allerdings verknappt wird, werden die Preise auch nicht sinken. Ein Learning, das wir auch aus der Subprime-Krise ziehen können. ##Auch, wenn man die tatsächlichen Auswirkungen durch die Coronapandemie derzeit noch nicht bemerkt und der wirtschaftliche Schock phasenverschoben einsetzen dürfte: Mit welchen Auswirkungen wird die Immobilienwirtschaft rechnen müssen? Bosak: Bei Wohnimmobilien rechne ich mit keinen gröberen Verwerfungen, nachdem jeder ein Dach über dem Kopf brauchen wird. Solange noch Geld verfügbar ist, wird es in die Immobilie, in Realwerte, fließen. Wie es allerdings mittelfristig mit den Mieten bzw. der Fähigkeit zur Zahlung ebendieser aussehen wird, lässt sich aus heutiger Sicht noch nicht beantworten. Generell lässt sich aber sagen, dass durch den Umstand, dass viele Globalinvestoren forward kaufen und dadurch viele Mietwohnungen auf den Markt kommen. Das kann natürlich einen gewissen Druck auf die Mieten erzeugen. ##Wie hat der Markt bisher auf die Coronakrise reagiert? Bosak: Zumindest für die Bauträgerdatenbank Exploreal kann ich sagen: Die Nachfrage ist gestiegen. Die Kunden wollen genau wissen, was wo gebaut wird und zu welchem Preis. Während sich bei Wohnimmobilien kaum Auswirkungen zeigen, dürfte das im Gewerbebereich etwas härter werden. Anhand der Bauträgerdatenbank lässt sich jedenfalls sehr schnell eruieren, welche Lage gerade gefragt ist - und welche nicht. Auch, ob an gewissen Lagen ein Überangebot herrscht. Man kann da auch schnell herauslesen, wie die Preise reagieren und wo manche Bauträger die Angebotspreise erhöht haben. Oder wo die Preise runtergehen, weil die Immobilie nicht so performt wie erhofft bzw. kalkuliert. Letzteres oft auch, weil man zu optimistisch kalkuliert hatte. Das kann bei der Kaufentscheidung wie auch bei der Projektentwicklung sehr hilfreich sein. ##Wie hoch ist denn die Schere zwischen Angebots- und Kaufpreis derzeit? Bosak: Unsere Auswertungen sämtlicher Kaufverträge im Grundbuch im direkten Vergleich zu den jeweiligen Angeboten haben ergeben, dass die Differenz zwischen Angebots- und Kaufpreis bei Neubauprojekten im Schnitt gerade einmal ein Prozent beträgt. Größere Preisdifferenzen sieht man am ehesten bei Gebrauchtobjekten, etwa, wenn ein privater Abgeber dort mit gewissen Vorstellungen hineingeht, der Markt diese aber nicht erfüllen kann. Da kann die Preisschere zwischen zehn und 15 Prozent betragen. Im professionellen Bauträgersegment sehen wir das nicht mehr. Was im Umkehrschluss wiederum bedeutet, dass nicht am Markt vorbeigebaut wird. ##Wenn man sich jetzt etwa Wien anschaut: In welchen Lagen gibt es noch Potenzial, wo gibt es bereits ein Überangebot? Bosak: Derzeit kann man sehen, dass der 21. Bezirk sehr angespannt ist, im 22. Bezirk verteilt sich das mit dem Preisgefüge etwas besser. Wo es sehr viel Nachfrage aber wenig Angebot gibt, ist der 17. Bezirk, der 19. ist traditionell sehr gefragt, allerdings dauert die Vermarktung aufgrund der hohen Preise dort länger - im Schnitt bis zu zwei Jahre. In Döbling sind bei Fertigstellung um die 50 Prozent der Wohneinheiten verwertet - weit unter dem Wien-Schnitt von 70 Prozent. Sehr beliebt ist auch der fünfte Wiener Gemeindebezirk - allerdings sind dort wenig neue Projekte in Entwicklung, sieht man vom UBM-Projekt Siebenbrunnengasse einmal ab. Auch am Alsergrund, in Favoriten und in Liesing ist derzeit viel in der Pipeline. Als Hidden Champion erweist sich dann auch Simmering. Was man auch sagen kann: Es gibt keinen Bezirk, der ein eigenes Spezifikum hat, auf das Investoren verstärkt schauen. Vielmehr zählen Mikrolagen und öffentliche Verkehrsanbindung. Der Begriff Bezirk ist eigentlich viel zu groß gegriffen - vielmehr ist das Grätzel entscheidend. Einen Durchschnittspreis etwa von Favoriten auszubilden, ist wenig aussagekräftig - am Hauptbahnhof wird er dann zu knapp bemessen sein, in anderen Lagen zu hoch. Ebenfalls interessant ist auch die Tatsache, dass sich viele klassische Bauträger mittlerweile auch ins Wiener Umland bzw. in die Bundesländer orientieren, wie etwa nach Oberösterreich, Niederösterreich oder in die Steiermark. Der Trend scheint hier auch klar in Richtung Regionalisierung zu gehen. ##Nicht wenige Globalinvestoren scheinen diesen Bauträgern in die Bundesländer auch zu folgen... Bosak: Genau so ist es. Es gibt immer mehr große deutsche Fonds, die jetzt auch in Graz stark aktiv geworden sind. Die suchen sehr stark nach anderen Regionen außerhalb Wiens und wollen gute Opportunitäten ausloten. ##Gibt es auch Regionen, wo es zu Korrekturen nach unten kommen könnte? Bosak: Wenn, dann dort, wo es bereits ein Überangebot an Wohnungen gibt oder bei Lagen, die verkehrstechnisch nicht so gut angebunden sind. Im Großen und Ganzen sind Preiskorrekturen aber eher nicht zu erwarten. ##Welche Pläne verfolgt Exploreal in Zukunft? Will man sich neben Wien und Niederösterreich auch auf andere Bundesländer ausdehnen oder sich gar anderer Assetklassen annehmen? Bosak: Bis zum Jahresende haben wir einen Auftrag von der Wirtschaftskammer, ganz Österreich zu erheben und wie viele Wohnungen österreichweit errichtet werden. Darin soll auch unterschieden werden, wieviele freifinanzierte und wieviele geförderte Wohnungen entstehen. Die Bundesländer werden auch von unseren bestehenden Kunden nachgefragt. Je mehr Bundesländer von uns bearbeitet werden, desto dichter wird auch unser Netz und damit umso genauer die Plattform. Das hilft sowohl Bauträgern als auch Investoren. Bauträger können damit Potenziale einer Lage besser ausschöpfen, für Investoren wird mitunter die Due Diligence vereinfacht. Ein USP gegenüber Deutschland ist hier unter anderem: Eine solche Transparenz gibt es in unserem Nachbarland nicht - schon allein deswegen, weil das Grundbuch nicht öffentlich zugänglich ist. ##Vielen Dank für das Gespräch.
Immomedien

Registrieren. Weiterlesen. Vorteile genießen.

Egal ob Sie exklusive Artikel, ein Unternehmensprofil anlegen oder Applikationen wie unser interaktives Firmenbuch nutzen wollen. Wir haben garantiert das richtige Abo-Paket für Ihre Zwecke parat.

Ihre Vorteile

  • Erstellen eines ausführlichen Personenprofils
  • Testweise 3 Immobilien Magazin Printausgaben
  • Lesezeichen für Artikel, Jobs und Events
  • Erstellen von Pressemitteilungen, Events und Jobs
  • Erstellen eines ausführlichen Firmenprofils
  • Schalten Sie über unsere Abonnements weitere Funktionen frei und erhalten Sie den vollen Zugang zu allen Artikeln!

PRO Abo monatlich

20,- € / Monat exkl. MwSt.

Vorteile entdecken

Pro Abo jährlich

120,- € / Jahr exkl. MwSt.

Unlimitierter Zugang zu allen Leistungen inkl. 5 Personen Abos

Vorteile entdecken

Networking Pro AddOn

584,- € / Jahr exkl. MwSt.

Vorteile entdecken

Premium Abo

1.200,- € / Jahr exkl. MwSt.

Erstellen Sie Ihr ausführliches Personenprofil, Zugang zum digitalen Immobilien Magazin

Vorteile entdecken

© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. September 2020 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


CS
AutorCharles Steiner
Tags

Weitere Artikel

Immomedien
Informiert bleiben.

Treffen Sie eine Selektion unserer Newsletter zu buildingTIMES, immoflash, Immobilien Magazin, immo7news, immojobs, immotermin oder dem Morgenjournal

Jetzt anmelden

© Cachalot Media House GmbH - Alle Rechte vorbehalten