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Das neue Leben der Dinosaurier
Die Bedeutung der Shoppingcenter wird massiv zurückfallen - außer es wird kräftig investiert. Einkaufsstraßen dagegen erleben einen neuen Frühling - auch in CEE.
Nach so vielen Jahren in der Branche und nach dem Aufbau der drittgrößten Architekturschmiede Kontinentaleuropas kann Christoph M. Achammer kaum noch etwas überraschen. Die damals neuen Eigentümer der Shopping City Süd am Wiener Stadtrand, Unibail Rodamco, schafften das dann doch. Für den angesetzten Umbau des eben um rund 650 Millionen Euro erworbenen größten Shopping Centers in Österreich, kamen die „Einser“ des weltweit agierenden Shoppingcenter-Betreibers und der Investoren zum Architekten. Und das war dann auch kein Small Talk zum Kennenlernen, sondern da ging es um Details. „Das Top-Management hat mit mir über die exakte Lage und Dimensionierung einer Rolltreppe stundenlang diskutiert. Die spielen in einer eigenen Liga. Wenn man lernen will, wie man Shoppingcenters erfolgreich führt, dann dort.“ Der Einsatz hat sich übrigens gelohnt. Der schon in die Jahre gekommene Shoppingcenter-Dino hat sich - nach nochmals einem dreistelligen Millionenbetrag - zu einer Gelddruckmaschine verwandelt.
Und auch mit dieser Aktion hat Unibail Rodamco Gespür für Trends bewiesen. Denn: Die Dynamik bei der Entwicklung von Shopping Centern ist in Europa nach der Immobilienkrise nachhaltig verschwunden. Die derzeitigen Zuwächse an vermietbarer Fläche liegen lediglich auf dem Niveau von vor 20 Jahren - eine wesentliche Veränderung ist nicht in Sicht.
Ende der 1990-er Jahre war die europäische Shopping-Center-Industrie von satten jährlichen Zuwächsen der auf den Markt gebrachten Verkaufsflächen gekennzeichnet. Ab etwa 2005 setzte, vor allem bedingt durch heftige Aktivitäten in Russland, der Türkei und Polen, ein Hype ein, der, wie wir nur zu gut wissen, mit der Immobilienkrise 2008 abrupt endete: Die Pipelines versiegten blitzartig. Und seitdem ist es nicht besser geworden: Politische und wirtschaftliche Krisen in Russland und der Türkei, verhaltenes Wirtschaftswachstum und eine Verlagerung der Umsätze von der stationären Fläche in Richtung Internet lassen die Retailer stark auf die Expansionsbremse treten. Die Nachfrage der Handelsunternehmen nach neuen Flächen ist dementsprechend schwach geworden.
Die jährlichen Zuwächse an neuer vermietbarer Fläche scheinen sich derzeit in Europa (inkl. Ganze Türkei und Russland) auf einem Niveau von knapp unter vier Millionen m² einzupendeln, wobei sich der räumliche Fokus verlagert hat: Weniger Projekte in Russland, der Türkei, der Ukraine und Polen (das schon ziemlich dicht besetzt ist), hin zu Deutschland, (wieder) Rumänien und Bulgarien.
In den letzten fünf Jahren wurden in Russland mit 6,2 Mio m² vermietbarer Fläche (GLA) die mit Abstand meisten Flächen neu errichtet. Die Türkei mit 3,9 Mio m² folgt mit Respektabstand. Polen brachte es in diesem Zeitraum auf 2,4 Millionen m², Deutschland auf 2,2 Millionen m².
Generell werden die Neuprojekte knapp, sowohl bei den Shopping Malls als auch bei den Retail-Parks. Was da bleibt, das sind Refurbishments, ohne die - dank online und anderen Einflüssen - bald gar nichts mehr gehen würde. Und die gehen durchaus ins Geld. Bis zu 80 Prozent der Neubaukosten fallen beispielsweise an - so schätzen Branchenteilnehmer - würde man die riesigen Shoppingcenter-Kisten in Moskau in die Jetztzeit beamen wollen.
Ganz anders sieht es hingegen bei den High Streets aus, die boomen ohne Ende. Nach Westeuropa, wo dieser Trend schon länger zu beobachten ist, gewinnen jetzt auch die Haupteinkaufsstraßen in Mittel- und Osteuropa (CEE) zunehmend an Bedeutung. „Die Strukturen in den Haupteinkaufsstraßen im CEE-Raum sind nicht homogen. Sie unterscheiden sich sowohl beim Flächenangebot und der -qualität als auch beim Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot. Es gibt jedoch als gemeinsamen Nenner die repräsentative Funktion der Haupteinkaufsstraßen sowie ihren prägenden Charakter für die Stadt“, betont Anna Staniszewska, Head of Research & Consultancy, BNP Paribas Real Estate, CEE. Prag verfügt hierbei über das abwechslungsreichste Angebot und ist auch hinsichtlich der Anzahl der vertretenen Marken und der Vielfalt unterschiedlicher Luxuslabel führend. Die repräsentativen Gebäude in der historischen Altstadt bieten den Retailern ein adäquates Angebot für die Errichtung mehrgeschossiger Flagship-Stores. Dementsprechend bewegt sich die Leerstandsquote mit circa zwei Prozent auf einem niedrigen Niveau. Die Mietpreise sind im Bereich von 170 bis zu 200 Euro pro Quadratmeter im Monat anzusiedeln. Darüber hinaus liegt die tschechische Hauptstadt mit jährlich 6,3 Millionen Besuchern als Touristenziel auf dem ersten Platz. Da ein Ende dieser positiven Entwicklung nicht abzusehen ist, wird Prag seinen Vorsprung aller Voraussicht nach auch perspektivisch gegenüber den anderen CEE-Hauptstädten behaupten.
Auch die High-Street-Lagen in Budapest sind laut den Experten von BNP Paribas Real Estate sehr attraktiv. Dies wird insbesondere durch die hohe Zahl internationaler Filialisten und den boomenden Fremdenverkehr mit 4,5 Millionen Touristen pro Jahr unterstrichen. Im Vorjahresvergleich ist das Flächenangebot um 1,5 Prozent zurückgegangen, während die Durchschnittsmieten um fünf Prozent auf derzeit 90 bis 100 Euro pro Quadratmeter im Monat gestiegen sind. Im Allgemeinen sind die Einzelhandelsflächen in einem guten Zustand und verfügen über große Schaufensterfronten, was bei Mietern sehr gefragt ist.
Hinsichtlich der Kaufkraft (11.751 Euro pro Kopf) ist Warschau die wichtigste Hauptstadt in der CEE-Region. Der Anteil der einkommensstärkeren Bevölkerung in Polen mit einem Jahreseinkommen von über 19.000 Euro wächst kontinuierlich. Auch bei der Touristenzahl verzeichnet die polnische Hauptstadt einen Zuwachs: 2015 besuchten 4,2 Millionen Menschen die Stadt. In den Top-Lagen bewegen sich die Durchschnittsmieten zwischen 90 und 100 Euro pro Quadratmeter und Monat. Die positiven Entwicklungen der Haupteinkaufstraßen werden von den niedrigen Leerstandsraten in den Shoppingcentern begünstigt. „In Warschau gibt es vergleichsweise wenige Stores von Luxusmarken. Das liegt zum einen daran, dass eine einheitliche und transparente Strategie in Bezug auf die Planung, Vermarktung und Weiterentwicklung der Highstreet-Lagen fehlt. Zum anderen mangelt es an geeigneten Gebäuden in Privateigentum, die aufgrund ihrer repräsentativen Architektur für Luxusmarken attraktiv wären. Es ist jedoch eine Verbesserung der genannten Aspekte festzustellen. Deshalb gehen wir davon aus, dass Warschau das große Potenzial seines Einzelhandelsmarktes in naher Zukunft ausschöpfen wird“, so Fabrice Paumelle, Head of Retail, BNP Paribas Real Estate, CEE.
Die High-Street-Lagen in Bukarest wurden im aktuellen Report zum ersten Mal untersucht. Die Hauptstadt Rumäniens hat von allen untersuchten Städten die meisten Einzelhandelsflächen (437) sowie die niedrigsten Mieten (30 bis 45 Euro pro m²/Monat). Ein Großteil der Flächen in den High-Street-Lagen ist an Dienstleistungsunternehmen vermietet (53 Prozent), und die Vielfalt der hier vertretenen Einzelhandelsmarken ist sehr begrenzt. Luxusbrands sind lediglich in erstklassigen Hotels vertreten.
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AutorGerhard Rodler
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