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DAS QUARTIER ALS NEUES GRÄTZEL
Der Trend zur Quartiersentwicklung ist längst aus Wien in die Bundesländer übergeschwappt. Denn es gibt mehrere Vorteile: Man kann damit einerseits Leben und Arbeiten kombinieren, andererseits entstehen so bei der aktuellen Wohnungsknappheit neue Stadtteile. Doch es gibt etwas zu beachten.
Wer Grätzel sagt, muss auch Quartier sagen. Denn ein Trend, der in den vergangenen Jahren immer mehr an Zuspruch erfahren hat, ist die Quartiersentwicklung, also kompakte Stadtteile, in denen sowohl Wohnen als auch Arbeiten und Infrastruktur zusammengefasst werden. Das passiert nicht nur in Wien, in ganz Österreich steht die Quartiersentwicklung ganz oben auf der Agenda, und zwar sowohl bei Entwicklern als auch bei Stadtplanern.
##Stadt aus dem Reißbrett
Doch woher kommt der Trend, anstatt einzelner Projekte ganze Stadtquartiere entstehen zu lassen? Zum einen sind solche Stadtquartiere durchaus praktisch, wenn Grundstücke knapp sind und dennoch viel Infrastruktur benötigt wird. Aber dafür gibt es noch ganz andere Sachen zu managen, damit eine Quartiersentwicklung nicht nur einen Erfolg für die Entwickler und Stadtplaner darstellt, sondern sich die Bewohner darin auch wohlfühlen. Die Seestadt Aspern, die heuer den nunmehr zehnten Geburtstag feiert, hat dies mit entsprechendem Stadtteilmanagement bewerkstelligt, weswegen das Projekt auch für internationale Stadtplaner als Musterbeispiel gilt. Das auch, weil schon bei der Konzeption vor zehn Jahren auf den richtigen Nutzungsmix geachtet wurde und auch das Mobilitätsangebot aufgerüstet wurde. Ein wesentlicher Schritt war dabei etwa der Ausbau der U2 bis direkt nach Seestadt. Nun gibt es auch Probebetriebe mit elektrisch betriebenen Kleinbussen.
Ebenso die Nahversorgung: Da der Mensch in Städten kurze Wege sehr schätzt, sind solche Angebote unerlässlich. Die Seestadt etwa verfügt über eine eigene Einkaufsstraße, die zudem jede Menge Gastronomieangebote bereithält. Damit lässt sich die Kommunikation und der Austausch zwischen den Bewohnern sicherstellen. Das Stadtteilmanagement selbst sieht sich dabei als Ansprechpartner für die Bewohner und jene Menschen, die dort arbeiten. Das ist auch notwendig: Ein Stadtteil, in dem 20.000 Menschen leben sollen, also so viele, wie Amstetten Einwohner hat, muss viele verschiedene Interessen von vielen verschiedenen Nutzern in vielen verschiedenen Altersgruppen managen. Mit dem positiven UVP-Bescheid rollt jetzt die finale Phase für die Seestadt an - und gerade, wenn gebaut wird, muss das Stadtteilmanagement ein entsprechender Ansprechpartner sein, damit sich die bereits dort angesiedelten Menschen so wenig beeinträchtigt fühlen wie möglich. Ebenso viele Menschen sollen bis 2025 am ehemaligen Nordbahnhof in Wien arbeiten, 10.000 dort wohnen. Ein Teil ist bereits entwickelt worden, darunter befindet sich auch der Austria Campus der Signa. In diesem Monat ist die Baufreimachung für einen weiteren Teilabschnitt entsprechend absolviert worden. Rund 4.000 Wohneinheiten werden dort in den kommenden sieben Jahren entwickelt werden.
Generell entstehen in Wien viele Quartiere, auch, um den enormen Zuzug entsprechend stemmen zu können. In der Planungsphase ist etwa das Althan Quartier am Alsergrund. Zwar hat es da durchaus auch Reibereien mit dem Bezirk gegeben, worauf der Developer, die 6B47, einen Architektenwettbewerb ausgelobt hatte. Anhand diesem soll dann die Flächenwidmung orientiert werden. Nachdem während des Sommers die Siegerpläne öffentlich ausgestellt wurden, ist das Projekt mittlerweile von der Stadtentwicklungskommission zur Kenntnis genommen worden. Dieses Gesamtprojekt stellt die Grundlage für die weiteren Planungsschritte dar. Ein neues Widmungsverfahren mit Bebauungsbestimmungen für das gesamte Althan Quartier soll aber erst gestartet werden, wenn alle dafür erforderlichen vertiefenden Studien beziehungsweise Untersuchungen vorliegen, heißt es von der Stadt Wien. Wann demnach die ersten Schritte gesetzt werden können, ist bis dato noch unklar.
##Auch für Investoren interessant
Ein weiteres Entwicklungsprojekt in Wien, das mittlerweile auch Investoren anspringen hat lassen, ist das Ensemble von ARE und Premium Immobilien. Die zehn Bauteile sind bereits von vier Investoren verkauft worden, einer davon ist die deutsche Art-Invest. Auf dem rund 31.000 m² großen Areal direkt am Donaukanal werden mehr als 800 Wohneinheiten, ein Kindergarten und ein Lebensmittelmarkt sowie ein rund 7.000 Quadratmeter großer öffentlich zugänglicher Park errichtet. Es ist beileibe nicht das einzige Quartier, an dem Investoren Gefallen gefunden haben. Im QBC, das von UBM Development bis 2020 fertiggestellt wird, sind bereits einige Bauteile noch während der Entwicklungsphase verkauft worden, ein Bauteil von der Union Investment, ein anderer von BDO. Gerne werden gemischte Quartiere gekauft - besonders, wenn sie aufgrund der Lage und der Attraktivität Menschen anziehen.
##Auch in Bundesländern beliebt
Der Trend zu Stadtquartieren setzt sich mittlerweile in den Bundesländern fort, in nahezu jeder Landeshauptstadt ist ein entsprechendes Projekt oder Pläne dafür zu finden. Längst gibt es das aber nicht nur auf der Ebene der Landeshauptstädte, sondern auch in Bezirksstädten. Amstetten ist so ein Fall. Heuer wurde veröffentlicht, dass in der Gegend um den Bahnhof das Quartier A auf rund 90.000 m² entwickelt wird. Neben Lebensräumen und Infrastruktur im Gesundheitsbereich sollen - und das ist interessant für Amstetten - auch Working Places sowie Büros für Startups entstehen. Möglich ist das nur durch den Ausbau der Westbahn, womit Amstetten näher nach Wien gelangt. Das könnte man durchaus als Ansatz betrachten, anhand mittlerweile vorhandener Infrastruktur auch Randlagen zu beleben. Das lässt sich auch aus der Positionierung erkennen: Das Quartier sieht sich als Raum für Startups, Technologieunternehmen, Kreativindustrie und Bildungseinrichtungen und wird sowohl von Wien als auch aus dem Linzer Zentralraum rasch erreichbar sein. Und auch hier setzen die Projektverantwortlichen auf eine frühe Bürgerbeteiligung. Als erklärtes Ziel ist gesetzt worden, gemeinsam mit Amstettner Einwohnern, künftigen Pojektpartnern, Bauträgern, Mieterinnen und Mietern und der interessierten Öffentlichkeit die Angebote zu formen.
##Boom in Graz
Einen starken Zuzug erlebt auch die steirische Landeshauptstadt Graz - weswegen gleich mehrere Stadtteilentwicklungen hier vollzogen werden. Eine davon ist etwa das Brauquartier Puntigam von C&P Immobilien, deren derzeit größtes Projekt und eines der größten Projekte in der Steiermark. Die Einbeziehung der Bürger wird hier über das Stadtlabor bewerkstelligt, es unterhält ein eigenes Büro dort. Aktuell entstehen die Bauabschnitte 01 bis 05 sowie die Hochgarage mit Park & Ride im südlichen Teil des Quartiers. Am Areal ist bereits die C&P Unternehmenszentrale eingezogen. Insgesamt entstehen hier 800 Wohnungen. Die wiederum Geschmack an Quartiersentwicklungen gefunden hat. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass sich C&P Immobilien erneut ein Großprojekt gesichert hat, nur einen Kilometer vom Brauquartier Puntigam entfernt: C&P Immobilien will nämlich auf dem ehemaligen Areal der Baufirma Pongratz fast 70 Millionen Euro investieren und über 500 neue Wohnungen bauen. Der Baustart soll im Herbst des kommenden Jahres erfolgen. Bis Ende 2021 könnte das Großprojekt mit 530 Wohnungen und einem Investitionsvolumen von 68 Millionen Euro fertiggestellt werden.
Ein weiteres größeres Projekt ist die Smart City Graz: Im Quartier Smart City Graz Waagner Biro sollen bis zum Jahr 2025 etwa 3.800 zusätzliche Menschen wohnen. Insgesamt werden 1.500 Arbeitsplätze geschaffen. An die 330 Millionen Euro werden in den neuen Stadtteil von privaten Projektpartnern und der Stadt Graz investiert, wobei die Bauarbeiten an der Waagner Biro-Straße schon am weitesten fortgeschritten sind. Mit diesem Projekt will man durch den Einsatz innovativer Technologien einen Großteil des Energiebedarfs lokal generieren, hinzu kommen noch multimodale Mobilitätslösungen.
##Linz rüstet auf
Stadtquartiere lassen sich aber auch aus ehemaligen Infrastrukturgebäuden bilden, wie etwa am Areal der ehemaligen Hillerkaserne in Linz. Dort entsteht bis 2025 ein Stadtteil für 5000-7000 Menschen, die dort künftig leben und arbeiten sollen. Es handelt sich hierbei um das größte Stadtentwicklungsgebiet in der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Auch hier ist klar erkennbar, dass man noch in der Planungsphase entsprechend Kontakt zu den Einwohnern aus Linz sucht, um sie frühzeitig in den Planungsprozess einzubinden.
Ein weiteres ambitioniertes Projekt startet die Prisma in Salzburg mit dem Quartier Rauchmühle. Am Standort entstehen insgesamt ca. 220 Wohnungen, davon 78 freifinanzierte Eigentumswohnungen, die von der Prisma Unternehmensgruppe realisiert werden, und 145 geförderte Mietwohnungen, die die Salzburg Wohnbau errichten wird. Auf ca. 2.700 m² Nutzfläche errichtet die Stadt Salzburg ein offenes Kreativzentrum in historischem Ambiente. Bis 2020 soll das Quartier fertiggestellt werden.
##Stadtteile wachsen zusammen
Stadtentwicklungsgebiete liefern aber noch ein anderes Phänomen, nämlich, dass Stadtteile zusammenwachsen. Ein markantes Beispiel hierfür ist das Sonnwendviertel, das nach dem Abbruch des Wiener Südbahnhofs und dem Neubau des Hauptbahnhofs entstanden ist. War es früher eher so, dass durch den Südbahnhof die Wieden und Favoriten getrennt waren, sind diese Bezirke nun näher aneinander gerückt - zum Vorteil von Favoriten, das zuvor eher als Arbeiterbezirk gebrandmarkt war. Jetzt erlebt der 10. einen Aufschwung, auch bedingt durch die Verlängerung der U1 nach Oberlaa - was das Sonnwendviertel noch näher an die Stadt wachsen ließ.
Mittlerweile ist auch Bewegung auf den Wienerberg gekommen. Seit Jahrzehnten befindet sich dort der Business Park Vienna mit dem bekannten Twin Tower der Immofinanz. Nicht nur, dass am Business Center die Immofinanz aus einem nicht mehr benötigten Büroteil ein Hotel baut, entsteht gegenüber an der Triester Straße das Biotope City. In den kommenden Jahren entstehen hier 900 Wohnungen, hinzu kommen Officeund Infrastrukturflächen. Die ersten Gleichenfeiern sind bereits begangen worden, etwa für das Projekt Amelie der Buwog.
Ein Quartier in Wien Simmering ist dafür mittlerweile abgeschlossen worden: Die WBV-GPA, EGW-Heimstätte und die Sozialbau AG haben auf dem rund 3,7 Hektar großen Areal der ehemaligen Höbinger-Werke rund 500 Wohnungen entwickelt. Neben 164 geförderten Mietwohnungen sind 110 Smart-Wohnungen mit "Superförderung" (ergänzend zur Hauptförderung) sowie 232 Wohnungen aus der Wiener Wohnbauinitiative errichtet worden. Rund 1.000 Menschen finden in diesem Quartier Platz. Das Wohnungsangebot im neuen Wohnquartier reicht von Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen in den Größen von 40 bis 126 m² Wohnfläche. Alle Wohnungen verfügen über eine private Freifläche wie Loggia, Balkon, Terrasse oder Mietergarten. Die Gesamtbaukosten für die drei Gemeinschaftsprojekte betragen 46,5 Millionen Euro. Die Fördermittel der Stadt Wien (exklusive WBI-Projekt) liegen bei 9,1 Millionen Euro.
##Nicht ohne Bürger
Was man an den Quartiersentwicklungen in Österreich aber auf alle Fälle herauslesen kann: Ohne Bürgerbeteiligung und ohne intelligente Planung, was Infrastruktur und Mobilität betrifft, wird es schwer sein, ein Stadtquartier erfolgreich zu realisieren. Man könnte es so betrachten: Sind früher Städte eher organisch gewachsen, muss heute zumindest das organische Element bei der Stadtplanung berücksichtigt werden. Und das sind nun einmal Menschen, die dort leben und arbeiten sollen.
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AutorCharles Steiner
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