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Der Kampf um Quadratmeter
Dass sich die meisten Hausverwalter in Österreich nicht gerne in die Karten schauen lassen, ist seit Jahren bekannt. Doch das hat Gründe. Es tobt ein Preiskrieg - und ein Kampf um die Etats.
Tu Gutes und sprich nicht darüber. Kaum eine Redewendung könnte besser zu den meisten österreichischen Hausverwaltern passen als dieses. Im Gegensatz zu Maklern ist das ganz offensichtlich eine Branche, die nur ungern Zahlen veröffentlicht, vor allem, wenn es um Quadratmeter und Honorar geht. Denn seit Beginn dieses Rankings vor fünf Jahren hagelt es in der Regel Absagen, nur ein geringer Teil ist bereit, die Performance offenzulegen. Zumindest handelt es sich bei jenen, die die Fragebögen abgeben, um die Marktplayer in dem Gewerbe. Es muss also einen Grund geben, warum auch heuer wieder - trotz persönlicher Anschreiben und Telefonate - der Rücklauf bescheiden war. Das Coronavirus war es nicht, soviel steht fest. Aber Nachfragen bei Teilnehmern (und auch bei jenen, die nicht eingeliefert haben), haben ein klares Bild gezeichnet. Es ist etwas im Busch.
##Preiskrieg
Der Grund sind nicht nur Umstrukturierungen und der Umstand, dass das Gros der österreichischen Hausverwaltungen aus kleinen und mittleren Unternehmen besteht, die in der Regel über Jahrzehnte dasselbe Portfolio betreuen. Sondern ein Preiskrieg, was die Honorare betrifft. Mehrere Verwaltungen erklärten nämlich auf Nachfrage des Immobilien Magazins, dass einige Verwaltungen sich diesbezüglich unterbieten, um entsprechende Verwaltungsetats zu erhalten. Das betrifft nicht nur Immobilien im Bestand, sondern vielmehr die Neubauprojekte, vor allem jene in den Entwicklungshotspots Wien. Da wird um jeden Quadratmeter gekämpft, als Argument dafür wird, wie im Übrigen auch bei den Facilityservices, das Honorar pro Quadratmeter ins Treffen geführt. Im Gegensatz zur Makelei, wo sich das Honorar prozentuell am Wert der Immobilie beim Kauf bzw. der Höhe der Miete orientiert, können die Nettohonorare frei vereinbart werden. Und: Oft wird gleich ein Gesamtpreis für ganze Portfolios vereinbart. Für den Eigentümer ein Segen, denn der kann nach dem Billigstanbieter selektieren. Für die Vielfältigkeit des österreichischen Verwaltungsmarkts kann das über kurz oder lang aber problematisch werden. Da sind Konsolidierungen wie auch weitere Übernahmen einzelner Verwaltungen (und damit deren Portfolios) quasi vorprogrammiert.
Dass sich einige Verwaltungen gegenseitig unterbieten, um an entsprechende Etats zu kommen, ist allerdings auch nur möglich, wenn man bei den Personalkosten einsparen kann. Die Digitalisierung hat das möglich gemacht, vieles kann bereits digital abgewickelt werden, selbst Schadens- und Versicherungsmeldungen sind vielerorts via App und ähnlichem möglich geworden. Damit lässt sich gut ein Sachbearbeiter einsparen - und diese Kostenersparnis kann entsprechend an die Auftraggeber weitergegeben werden. Es ist zu erwarten, dass dieser Kostenspielraum, der über digitale Tools möglich geworden ist, zu weiteren Preissenkungen führt, wenngleich die Kurve nach unten immer mehr abflachen wird, denn umsonst können die Leistungen auch nicht angeboten werden. Irgendwann ist eine weitere Preissenkung nicht mehr möglich, um die Qualität zu halten, offenbar ist diese rote Linie aber noch nicht überschritten worden. In diesem Zusammenhang dann Zahlen zu veröffentlichen, wird dann von den meisten Verwaltungen als kontraproduktiv angesehen, denn aus den Quadratmetern und dem Honorarvolumen könnte sich - rein theoretisch natürlich - das Honorarvolumen pro Quadratmeter berechnen lassen.
Allerdings ist diese Annahme für dieses Ranking nur bedingt anwendbar, denn einerseits würde es sich um einen Mittelwert handeln, andererseits wäre - wenn man nur die Gesamtzahlen angibt - ein solcher Mittelwert nicht mehr darstellbar, da die einzelnen Assetklassen nicht berücksichtigt werden. Es macht einen Unterschied, ob man 100.000 m² Logistikfläche verwaltet oder dieselbe Flächenleistung im Wohnbereich. Der Schluss, der für die Marktentwicklungen der kommenden Jahre auf jeden Fall zulässig ist: Der Markt befindet sich im Wandel und die Digitalisierung beschleunigt ihn. So wird zunehmend aus dem klassischen Verwalter ein Property Manager - und wenn es dann um die Hebung von Potenzialen einer Immobilie geht - was viele Hausverwaltungen auch tun - dann immer mehr Richtung Assetmanagement. Die Schnittmengen sind in diesen Bereichen enorm.
##Die Flächenkaiser
Wie die Jahre zuvor, wird bei vorliegendem Hausverwalterranking sowohl nach Quadratmetern gerankt als auch Honorarvolumina. Denn oft werden nur die Quadratmeter angegeben, ohne Honorar. Also lässt sich theoretisch schließen, dass man die Außenwahrnehmung lieber über die Flächenleistung generiert, ungefähr nach dem Modell, je mehr Flächen man betreut, auf desto mehr Mandate kann man verweisen und desto größer das Standing auch am Markt. Das Honorarvolumen ist dann in dem Zusammenhang von nachrangiger Bedeutung. Denn das lässt sich auch mit dem Kunden ausmachen. Daraus lässt sich wiederum der oben genannte Preiskrieg ableiten: Der Markt ist beinhart. Was im Übrigen auch von vielen Verwaltungen beklagt wird.
Jedenfalls: Rankt man nach der Flächenleistung gesamt, so landet die ÖRAG wieder auf dem ersten Platz - gegenüber dem Vorjahr konnte man sich sowohl bei der Flächenleistung als auch bei den Honorarvolumina steigern. Im Vorjahr betreute die ÖRAG rund 3,8 Millionen Quadratmeter bei 10,9 Millionen Euro Honorarvolumen. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von über einer Million Euro. Mit einer konstanten Quadratmeter- Performance von 2,55 Millionen m² landet die Frieda Rustler Gebäudeverwaltung auf dem zweiten Platz, für die Betreuung jener Flächen wies Rustler ein Volumen von 10,3 Millionen Euro aus.
Auf Platz drei, was die Flächenleistung betrifft, landet die Arealis mit über 2,3 Millionen Quadratmetern, mit über zwei Millionen Quadratmetern ist die EHL Immobilien Management auf Platz vier. Allerdings: Rankt man hier nach Honorarvolumen, so tauschen die beiden die Rangplätze: Hier liegt die EHL mit über 7,6 Millionen Euro vorne, die Arealis erwirtschaftete hier 5,3 Millionen Euro. Dass das Verhältnis zwischen Gesamtfläche und Gesamthonorar hier so auseinandergeht, lässt sich damit erklären, dass der betreute Flächenanteil im Gewerbesektor bei der Arealis höher ist, dafür betreut EHL mehr Wohneinheiten. Dass der Aufwand im Wohnbereich mitunter höher ist als im Gewerbesektor (vor allem Logistik, da kommen viele Quadratmeter zusammen), liegt auf der Hand.
##Die Assetklassen
Geht man nach der Assetklasse Wohnen nach der Flächenleistung, so hat auch hier die ÖRAG mit über 1,5 Millionen Quadratmetern, aufgeteilt auf über 28.000 Wohneinheiten die Nase vorne. Fast 1,2 Millionen Quadratmeter bei über 14.000 Wohneinheiten haben Sabo + Mandl & Tomaschek Immobilien auf den zweiten Platz gehoben, auf Platz drei liegt Brichard Immobilien mit 890.000 m².
Auch im Bürosektor liegt die ÖRAG mit über 2,1 Millionen m² vorne, honorartechnisch gesehen halten sich der Wohn- und der Officesektor mit jeweils über fünf Millionen Euro die Waage. Sehr knapp hinter der ÖRAG liegt die EHL Immobilien Management mit über 1,3 Millionen Quadratmetern und 4,7 Millionen Euro Honorarvolumen. Mit der Strauss Property Management konnten wir zudem einen Neuzugang verzeichnen, diese bewirtschaftete über 756.000 m² Bürofläche.
Im Bereich Sonstiges (darin sind Logistik, Retail, Hotel und Sonderimmobilien zusammengefasst) ist die Arealis auf Platz eins, fast ex aequo mit der Santner Immobilienberatung. Was die Flächenleistung betrifft, so trennen lediglich knapp 290 Quadratmeter die beiden Unternehmen. Über 560.000 m² sind in dem Bereich von der Strauss Property Management verwaltet worden.
##Die Herausforderungen
Komplettiert wird das Bild über das aktuelle Marktgeschehen allerdings über die offenen Fragen. Es ist in dem Zusammenhang wenig verwunderlich, dass besonders der Preisdruck als Herausforderung betrachtet wird. So ist auch im offenen Frageteil moniert worden, es gäbe Preisdumping und zu viele Billigstanbieter am Markt. Und das, obwohl sich das Berufsprofil des Verwalters in den vergangenen zehn bis 20 Jahren komplett verändert hat. Er muss wesentlich mehr leisten als reines Verwalten. Es mutet fast schon paradox an, dass man in dem Preiskrieg nur bestehen kann, wenn man in digitale Tools investiert. Gerade die stetig fortschreitende Digitalisierung wird hier besonders als Herausforderung hervorgehoben. Und das hat mehrere Gründe: Analoge Archive zu digitalisieren ist teuer und kostet Zeit, ist das aber abgeschlossen, lässt sich viel flexibler arbeiten (was gerade in Zeiten des Covid-19-Lockdown als außerordentlich praktisch erwiesen hat, mehr dazu auf den folgenden Seiten).
Wesentlicher Punkt hingegen ist der Fachkräftemangel. Die Anforderungen an den Hausverwalter sind immer größer geworden, sei es durch immer stärker durchdigitalisierte Immobilien oder durch die Komplexität des Mietrechts. Solche Fachkräfte zu finden ist schwierig, die Verwaltung respektive das Property Management hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker akademisiert. Junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern, ist derzeit noch schwierig, denn dass sich die Hausverwaltungsbranche massiv verändert und zunehmend digitalisiert hat, ist in der öffentlichen Meinung noch nicht angekommen. Der War of Talents hat dann natürlich zur Folge, dass man Mitarbeiter immer stärker fördern muss, um sie im Unternehmen zu halten.
Und: Es ist auch nicht einfach, sagen einige der Verwaltungen, den richtigen Partner zu finden, um Archive entsprechend zu digitalisieren. Jedoch, wenn man Anbieter von digitalen Tools befragt (siehe folgende Seiten), dann hat sich durch die Coronapandemie herausgestellt, dass die Nachfrage nach deren Produkten immer mehr gestiegen ist. Kein Wunder: Ohne digitale Tools war während des Lockdowns Homeoffice nur äußerst eingeschränkt möglich, da musste man trotzdem ins Büro und im Rotationsprinzip arbeiten.
Jene, die bereits digitalisiert waren, konnten wesentlich einfacher auf Homeoffice umstellen und ihre Arbeit auch von zu Hause aus erledigen. Es ist durchaus interessant, dass gerade Themen wie neues Arbeiten, das die Immobilienwirtschaft in besonderem Maße betrifft, bei manchen Verwaltern noch nicht wirklich angekommen ist. Damit wird aber auch der War of Talents schwieriger - gerade, wenn es einen Fachkräftemangel gibt. Die nachfolgende Generation erwartet flexible Arbeitsformen und dem haben sich über kurz oder lang auch die Verwaltungen zu stellen, wollen sie gut ausgebildetes Personal für sich begeistern - oder im Unternehmen halten.
##Tendenz oben
Der Kampf um große Mandate und der Preisdruck werden weitere Konsolidierungen zur Folge haben. Außenwahrnehmung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Asset, wenngleich diese mehr über Markenbildung und entsprechende Kommunikation bewerkstelligt wird als durch Veröffentlichung von nackten Zahlen. Interessant ist im Übrigen, wie die teilnehmenden Hausverwaltungen den künftigen Geschäftsverlauf einschätzen.
Denn die meisten gehen von weiter steigenden Umsätzen aus, nur wenige betrachten die Entwicklung als zumindest gleichbleibend. Von sinkenden Tendenzen hat niemand gesprochen. Hier scheint die Coronapandemie keine Auswirkungen zu haben. Das ist auch leicht erklärbar: Auch trotz Lockdown und allen Schikanen müssen Immobilien verwaltet werden. Und diese werden durch neue Projekte auch immer mehr. So wie auch immer gewohnt und gearbeitet werden muss, so muss auch verwaltet werden. Fazit Es ist evident, dass die Digitalisierung, die sich durch die Coronapandemie massiv beschleunigt hat, auch die Welt der Hausverwalter verändern wird, und zwar maßgeblich. Das kann für die Branche sehr wohl auch zum Vorteil gereichen, mit einem neuen, frischen Berufsbild lassen sich auch wieder mehr junge Menschen - die mit digitalen Tools aufgewachsen sind - wieder mehr begeistern. Das ist einer der Vorteile. Ein anderer ist, dass das Geschäft wesentlich dynamischer geworden ist, man befreit sich zunehmend vom Bild des reinen Verwalters und geht in Richtung Gestalter.
Was allerdings den harten Preisdruck und den Kampf um neue Mandate betrifft, so wird es irgendwann einmal keinen Weg mehr nach unten geben. Das Problem von Preiskämpfen ist - und das gilt im übrigen für alle Wirtschaftszweige -, wenn die Preise einmal unten sind, sie dann auch unten bleiben. Wirtschaftliches Arbeiten wird unter diesen Umständen immer schwieriger, wenn man einen preislichen Tiefpunkt erreicht hat und dann nur noch mit den angebotenen Leistungen punkten kann. Kann im schlimmsten Fall bedeuten: Mehr Leistung für gleich wenig Geld.
Ein weiterer Punkt ist auch die immer stärkere Internationalisierung des Immobilienmarkts. Globalinvestoren, die in Österreich Fuß fassen und große Objekte erwerben, wollen in diesem Zusammenhang natürlich die Kosten für die Verwaltung bzw. das Property Management wissen - vor allem dann, wenn sie die Marktgepflogenheiten hierzulande noch nicht kennen. Da mag zwar die Außenwahrnehmung und Mundpropaganda ein gutes Mittel sein, um diese Eigentümer für sich zu gewinnen, mit einer gewissen Preistransparenz lassen sich die Leistungen allerdings schneller und direkter kommunizieren. Eine echte Preistransparenz ist überdies auch das einzige Mittel, um den Preiskrieg zu stoppen, der nicht nur jene, die ihn ausfechten, erfasst, sondern alle anderen auch. Ein einfaches Beispiel: Ein Eigentümer wechselt mit seinem Portfolio zu einem billigeren Anbieter, ist mit der Leistung nicht zufrieden und kehrt dann wieder zu seiner alten Verwaltung zurück - und will das vorige Leistungspaket zum Preis vom günstigeren Anbieter. Je nachdem, wie hoch der Druck am Markt ist, wird dieser dann womöglich nachgeben oder andere Okkasionen anbieten. Oder aber, er kommuniziert klar die Leistungen und die damit verbundenen Kosten.
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AutorCharles Steiner
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