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DIE PASSIONIERTE
Isabella Jandl wollte ursprünglich Richterin werden. Oder Biochemikerin. Und hat sich dann doch ihr gesamtes Berufsleben der Immobilienwelt in all ihren Ausprägungen verpflichtet und dabei keine Station ausgelassen.
Nach ihrer Matura in Klagenfurt kam die junge Kärntnerin 1986 nach Wien um Rechtswissenschaften zu studieren. Nach Abschluss folgte ein Gerichtsjahr, das den Weg in dieses Amt ebnen sollte. Ganz im Sinne ihres Credos "man muss trotz Zielstrebigkeit flexibel bleiben" hat ihr dann aber ein Inserat der ÖBB für eine Position in der Immobilien- und Rechtsabteilung keine Ruhe gelassen. Die Bewerbung verlief erfolgreich und Jandl begann mit ihrem "Training on the Job", denn die immobilienrechtlichen Aufgaben waren bei den ÖBB speziell. Neben der juristischen Begleitung des Ausbaus der Hochleistungsstrecken AG kam sehr viel Projektmanagement auf Jandl zu, insbesondere im Bereich der Enteignungen.
Hinter dem harten Wort steht aber kaum ein Gewaltakt, zumindest ist es in Jandls neun Jahren Engagement für die ÖBB nie zu einem gekommen - was nicht zuletzt ihrem Geschick zu verdanken war. "Wenn der Ausbau von Bahnstrecken geplant wurde, mussten immer Grundstücke erworben werden. Es war meine Aufgabe, mit den Grundstückseigentümern in Kontakt zu treten und das Projekt abzuwickeln", erzählt Jandl.
Ziel war natürlich immer das Einvernehmen - manchmal durch Tausch von landwirtschaftlichen Flächen, manchmal durch gutachterlich gestützten Ankauf der Flächen.
"Die Verhandlungen waren meine wichtigste Aufgabe, wir konnten uns immer einigen." Nicht nur Geschick im Umgang mit den Grundstückseignern, sondern auch mit den Teams aus den technischen Abteilungen machten Jandl schnell zu einer unentbehrlichen Projektleiterin und sie konnte sich profilieren. "Während sich andere frischgebackene Juristen mit dem Aufsetzen von Verträgen beschäftigen, ging es für mich gleich ins Verhandeln. Ich hatte keine Scheu, auf Menschen zuzugehen", erzählt Jandl.
##Pragmatisierung versus Verwirklichung
Bei ihrer letzten ÖBB-Station, dem Projekt Bahnhof Wien Mitte, arbeitete sie mit der heutigen Bank Austria zusammen.
Und obwohl sie bei den ÖBB definitiv gestellt, also pragmatisiert war, entschied sie sich für einen Karriereschritt ins Ungewisse. Die BA-CA bot ihr an, in geschäftsführender Rolle die BA-CA Immoagentur zu gründen, um Konzernimmobilien zu verwerten. Jandl nahm an und verließ das sichere Gewässer "um etwas Neues zu schaffen".
Ein Jahr später folgte die Fusionierung mit der PlanetHome in die BA-CA Immobilienservice. Jandl war dafür zuständig, die Betriebsliegenschaften u.a. aus Konkursen zu verwerten. "Die Liegenschaften des Konzerns waren von sehr unterschiedlicher Qualität. Es ging darum möglichst gut veräußerbare Immobilienportfolios zu schnüren und erfolgreich zu verkaufen", so Jandl. Sie hat damals parallel zum Job eine Ausbildung zur Maklerin und Hausverwalterin absolviert und eine Prüfung zur gerichtlich beeideten Sachverständigen für Immobilienbewertungen abgelegt.
"Sowohl Sachwert als auch Marktwert beurteilen zu können, war sehr hilfreich. Meine Zeit bei den ÖBB ist mir dabei sehr zugute gekommen. Man braucht dazu in erster Linie Erfahrung." Die Portfolios der Bank Austria haben mittels Bieterverfahren den Besitzer gewechselt. Das Erste, das Jandl abgewickelt hatte, war ein mündliches Tenderverfahren - Jandl hat sich dazu an einem Modell aus Deutschland orientiert. "Das war sehr spannend. Wen lässt man zu? Wie macht man das Verfahren transparent und erzielt den besten Preis?" erinnert sich Jandl. Schlussendlich kannte sie den Bietermarkt und das Verfahren war ein voller Erfolg.
Als die strategische Ausrichtung der BA-CA in den Osten wies, stand für Jandl der nächste berufliche Wechsel an. "Ich wollte Auslandserfahrungen sammeln, aber eben nicht im Osten", erklärt die Sachverständige diese Weggabelung.
Sie wechselte zur DTZ Gruppe, wo sie als Head of Investment Austria ein Jahr lang für die Betreuung deutscher Fonds zuständig war. "Das hat sehr viel Reisetätigkeit mit sich gebracht, es war eine extrem intensive Zeit in der ich meinen Mann, der auch viel unterwegs ist, praktisch nur mehr am Flughafen gesehen habe."
##Der Sprung in die Selbstständigkeit
Damit war Jandl wieder offen für "lokale" Herausforderungen und fand auch sofort eine: Im Dorotheum wollte man freiwillige Immobilienauktionen durchführen. Das hatte zum damaligen Zeitpunkt aber noch keine rechtliche Grundlage in Österreich. Jandl betrieb dafür das Lobbying, wieder ihren geübten Blick auf das deutsche Beispiel einbringend - beim Nachbarn waren bereits 20 Jahre davor solche Auktionen möglich. Die Einführung des Gesetzes ist ihr gelungen, in der Umsetzung der Auktionen war der Markt aber abwartend und das Unternehmen hat strategisch den Bereich der Bewertung evaluiert.
Für Jandl Grund zur eignen strategischen Neuausrichtung: "Für mich war klar - wenn ich mich beruflich wieder auf die Immobilienbewertung konzentriere, dann nicht mehr als Angestellte." Als Sachverständige hat sie dann ein Jahr lang selbstständig u.a. Privatstiftungen und Versicherungen betreut und neben der Bewertung von Betriebsliegenschaften auch Schlösser mit den richtigen Zahlen versehen. "Das waren tolle zwölf Monate mit ausgesprochen guter Auftragslage - aber mit der Zeit ist mir die Arbeit im Team abgegangen.
Es stellte sich die Frage, ob ich selbst eines gründen möchte. Aber es kam anders, denn der Wunsch nach einer sinnstiftenden Tätigkeit nahm gleichzeitig Formen an und überwog schließlich", erklärt die Immobilienfachfrau.
##Wunsch nach sozialer Verantwortung
Der Weg führte Isabella Jandl dann zur ARWAG, in die Verrechnungs- und Rechtabteilung, wo sie erneut begann, sich Basiswissen aufzubauen und den "geförderten Wohnbau" zu erlernen. Ein Jahr später wurde sie von Wohnservice Wien abgeworben. Seit Juni 2013 ist sie dort als Bereichsleiterin tätig, drei Monate nach Ihrem Eintritt wurde sie Prokuristin des Unternehmens mit über 300 Mitarbeitern.
"Das Beste an meinem Job ist, einen positiven gesellschaftlichen Fußabdruck zu hinterlassen. Werte sind mir im Laufe meiner beruflichen Entwicklung immer wichtiger geworden", sagt Jandl über ihren aktuellen Beruf und, wie sie betont, ihre Berufung. Für Jandl hält der soziale Gedanke gleichzeitig aber auch höchst interessanten Tätigkeit parat.
Das Wiener Modell ist international beachtet, ausländische Delegationen beschäftigen sich intensiv damit. "Wohnen geht uns alle an - jeder möchte qualitätsvoll und leistbar wohnen. Starken Zuzug kann man langfristig nur mit einem guten kommunalen Wohnbau abdecken. Wichtig ist auch für Rechtsicherheit zu sorgen. Wir haben mit der Lagezuschlagskarte einen wichtigen Schritt in Richtung Mietzinsregulierung gemacht", erklärt Jandl. Ihre Abteilung, die MieterHilfe, hat aktiv an diesem Projekt mitgearbeitet.
"Wien ist ein stabiler Mietermarkt. Neubauleistung ist ganz wichtig für die Stadt, es schafft Arbeitsplätze und ist eine wichtige Triebfeder für die Wirtschaft. Soziale Nachhaltigkeit ist dabei ein wichtiger Faktor. Qualitätsvolles Wohnen ist - trotz fallender Durchschnittsgehälter und unsicherer Jobs - ein persönliches Grundbedürfnis. Dem werden wir gerecht."
Jandl hat Anfang 2015 mit der Wohnberatung Wien eine Standortkonzentration der Servicestellen für Wohnungssuchende - für den geförderten Wohnbau und für Gemeindewohnungen - umgesetzt. Wohnservice Wien wirkt auch bei der Gestaltung von Programmen mit, wie etwa den SMART Wohnungen - Appartements mit besonders kompakten, durchdachen Grundrissen. "Dieses Angebot ist besonders gefragt, wir sind sehr rasch in der Vergabe", so Jandl über das Programm. Beim Salon Real steht Jandl den Mitgliedern mit ihrer breiten Expertise für Informationsaustausch zur Verfügung.
Es ist ihr immer schon ein großes Anliegen gewesen, Frauen zu fördern und in ihren Teams für Diversität zu sorgen.
"Vor lauter Tagesgeschäft beschäftigen sich Frauen oft nicht mit strategischen Fragen - und das behindert sie dann in ihrem Fortkommen", weiß Jandl. Diversität ist gleichzeitig eines ihrer großen Führungsthemen: "Wenn Teams gut durchmischt sind, kommt es zu den besten Ergebnissen. Dabei ist die Königsdisziplin, die Gruppen richtig zusammenzustellen. Ich will Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern, zum Blühen bringen. Das bedeutet, dass sie schrittweise Kenntnisse und Qualitäten hervorbringen, die zuvor in ihnen geschlummert haben."
Dass dies eine überaus nachahmenswerte Strategie ist, zeigt sich selbst auf Isabella Jandls Heimweg, nach der Arbeit: "Meine Tätigkeit gibt mir jeden Tag Energie, ich gehe immer zufrieden nachhause - das möchte ich nicht mehr missen."
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AutorBarbara Bartosek
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