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Die Rampe
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Charly Hafele hat mit seiner \"Weisseespitze\" maßgeblich dazu beigetragen, dass das Kaunertal heute als Maßstab für barrierefreien Winterurlaub gilt. Bevor es soweit war, musste der Hotelier sich aber mitunter ein wenig mit den Vorschriften anlegen.
Es gab da den Moment, in dem es Charly Hafele schwerfiel, sein Lächeln nicht fallen zu lassen. Und zwar, als der Gemeindemensch auf den Plan zeigte. \"Wo ist das Stiegenhaus? Da, wo es eingezeichnet ist, nicht. Und auch sonst nirgendwo. Und das sollen wir Ihnen absegnen?\"
Man konnte in diesem Augenblick am unteren Ende des Tiroler Kaunertals das Knirschen der Gletscher am oberen Talende hören. Alle Augen wandten sich dem Hotelier zu: War Hafele irre geworden?, stand in allen Mienen. Hatte der Betreiber des traditionsreichen Hotels \"Weisseespitze\" tatsächlich grundlegendste Regeln der Bauordnung frech ignoriert und das Brand- und Fluchtstiegenhaus schlicht nicht gebaut?
Im Plan war es. Man hatte - daran erinnerten sich die örtlichen Mitglieder der Kommission, die durch den soeben fertiggestellten Zubau des (nun) größten Hotels im Tal zog - Hafele beim Einreichen ausdrücklich auf die Wichtigkeit dieses Stiegenhauses hingewiesen. Hatte der Hotelier etwa geglaubt, dass das Nicht-Bauen nicht auffallen würde?
Die Sekunden, erzählt Hafele, dauerten eine Ewigkeit. Doch dann begann ein Mann zu applaudieren. Und zwar der oberste Brandschutzbeauftragte des Landes. Er applaudierte und erklärte, dass das, was er da sähe, großartig sei. Die anderen Kommissionmitglieder staunten: Hatte der Mann getrunken? Ein Brandschutzbeauftragter, der einen Bauherren lobte, weil der Brandschutzvorschriften ignorierte?
Im Gegenteil - aber der Landes-Feuerwehrmann war der Einzige, der über Plan und Vorschrift hinaus mitgedacht hatte: Das Hotel \"Weisssespitze\" trägt den Beinamen \"Erstes Rolli-Hotel der Alpen\". Das Kaunertal ist ein für Barrierefreiheit bekanntes Skigebiet. Charly Hafele ist daran alles andere als unbeteiligt: Weil er in den Neunzigerjahren erkannte, was ein Hotel - und eine Region - braucht, um es Rollstuhlfahrern zu ermöglichen, unbehindert (Mono-)Ski- und sonstigen Urlaub zu machen.
Das sprach sich herum. Hafeles Hotel war bald voll. Ein Drittel der Gäste waren \"Behinderte\" samt Angehörigen. Doch weil Barrierefreiheit hier einfach selbstverständlich gelebt wird, fällt Nicht-Behinderten Gästen das, worauf es da ankommt, oft gar nicht auf. Und als Hafele um 2000 sein Hotel vergrößern musste, dachte er logisch: Welchen Sinn hat ein Flucht-STIEGEN-Haus, wenn die Flüchtenden im Rollstuhl sitzen? Genau: keinen. Aber Vorschrift ist halt Vorschrift. Und die heißt: \"Stiegenhaus\".
Den Applaus des Landes-Oberbrandschutzmenschen bekam der Hotelier natürlich nicht für diese Erkenntnis, sondern für das, was er daraus gemacht hatte: Statt des Stiegen- hatte er ein Rampenhaus errichtet. Von außen unsichtbar, aber allen Brandschutznormen mehr als entsprechend, \"versteckt\" es sich seitlich am \"echten\" Hotel. Vier Stockwerke hoch, wie eine zu schmal geratene Parkhaus-Auffahrt, aber breit genug für Rollstühle oder Pflegebetten. Das Rampen-Haus war nicht billig. (\"Etwa ein Einfamilienhaus.\") Aber dem Hotelier wichtig: \"Stell dir vor, es brennt WIRKLICH einmal ...\" Dass so ein Ding in den Bauvorschriften nicht vorkam, steht auf einem anderen Blatt. Auf dem gleichen, auf dem die örtlichen Baugenehmigungserteiler das \"fehlende\" Notstiegenhaus eingemahnt hatten - und auf dem in den Jahren davor noch eine paar Details gestanden hatten. Details, mit denen im vorigen Jahrtausend natürlich niemand niemals und ganz bestimmt nicht halb-absichtlich versucht hatte, Charly Hafele von seiner Idee, Rollstuhlfahrer in die heile Welt der Berge zu holen, abzubringen.
Heute gilt die Region europaweit als Vorzeigeregion für Barrierefreiheit. Gewinnt dafür Preise. Und das Kaunertal ist auf dieses Image und Asset stolz. Und natürlich auf Charly Hafele. «
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AutorThomas Rottenberg
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