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Die Tankstellen der Zukunft

Alternative Energien für den Antrieb von Autos setzen sich langsam, aber stetig durch. Was bedeutet das künftig für die Tankstellen? Hier sind die wichtigsten Trends. Elektroautos gehören langsam, aber doch immer mehr zu unseren Straßenbild, und sie verändern die Mobilität. Die Reichweite ist bei vielen E-Auto-Modellen noch gering: Während einige Elektroautos zwar schon mehrere Hundert Kilometer am Stück schaffen, müssen andere bereits nach 40 Kilometern wieder an die Steckdose. Ladestationen für E-Autos prägen bereits das Bild in Parkgaragen, auf öffentlichen Parkplätzen, in Einkaufszentren und an Tankstellen. Die Ladezeiten sind unterschiedlich lange und reichen von Zeitspannen zwischen mehreren Stunden und drei Minuten für eine Reichweite von 100 Kilometern. In Wien gibt es immerhin bereits rund 1.000 Ladestationen für die batteriebetriebenen Autos, wobei die meisten von ihnen jedoch noch ziemlich langsam arbeiten. Die leere Zeit des Aufladens will nützlich überbrückt werden - und so öffnet sich ein neues Feld für Dienstleistungen, die man währenddessen in Anspruch nehmen kann. Welche können das sein? Die Ansätze dafür sind verschieden. ##Alles an einem Ort "Jedenfalls wird die Tankstelle noch mehr zu einem Platz werden, an dem man mehrere Dinge an einem Ort erledigen kann", sagt Wolfgang Schmitzer von Side Immobilien. "Neben Gastronomie, Einkaufen und Waschanlagen gab es schon Versuche mit Zusatzangeboten für Beauty, Fitness und sogar Zahnarztordinationen, diese haben sich bis jetzt in Österreich allerdings nicht dauerhaft etabliert." Schmitzer erkennt zwei große Trends: "Einerseits stellen immer mehr Standorte auf Automatentankstellen für das schnelle und preisgünstige Auftanken unterwegs um, andererseits orten wir immer mehr Großtankstellen mit einem Vollangebot an verschiedenen Leistungen. Neben Benzin und Diesel werden auch alternative Energien für die Mobilität bereitgestellt", sagt Schmitzer, "Die mittelgroßen Standorte werden laufend weniger werden. Großtankstellen erfordern allerdings ein Flächenangebot von etwa 4.000 Quadratmetern, Automatentankstellen kommen mit etwa 500 Quadratmetern aus." ##Alternative Energien kommen langsam auf Touren Die Trendwende in der Automobilindustrie und bei den Tankstellen läuft, wenn auch langsam, an: Aktuell fahren immer noch etwa 98,2 Prozent der Autos mit Benzin oder Diesel, und im Jahr 2019 entfielen auch bei den Neuanmeldungen immer noch 92 Prozent auf die gewohnten Treibstoffformen. Langfristig jedoch werden alternative Energien wie Elektro, Wasserstoff oder das Flüssigerdgas LNG vor allem für LKW immer mehr den Markt erobern, zumal in diesem Segment die Technologien laufend verbessert werden. Das bedeutet, dass sich Tankstellen jetzt entsprechend der Marktlage diesem Trend anpassen. Dabei bedingt die eine Entwicklung die andere: "Die zukünftige Verbreitung von E-Autos hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der zur Verfügung gestellten flächendeckenden Infrastruktur", sagt Gritta Grabner vom Fachverband der Garagen-, Tankstellen- und Serviceunternehmungen. "Als Nachteil werden in diesem Zusammenhang bisher die noch mangelnde Reichweite und die lückenhafte Versorgung vor allem mit Schnelladestationen an den Fernstrecken gesehen." ##Ein gutes Geschäft? Benzin und Diesel wirft nicht mehr viel ab Neben dem Aufwind der alternativen Energien stehen die Tankstellen derzeit vor einem weiteren Problem: Aus dem Treibstoffgeschäft sind nur sehr kleine Margen zu erzielen - derzeit sind es netto bis zu einem Cent pro Liter. "Ohne Zusatzservices, die immer wichtiger werden, wie Waschstraßen, Bistros sowie Lebensmittel- und Tabakverkauf könnten Tankstellen wirtschaftlich nicht mehr überleben", resümiert die WKO in ihrem gemeinsam mit Studenten der WU erstellten Zukunftsbericht: "Die Tankstelle 2030". Einige Tankstellen verbuchen in bestimmten Lagen sogar durch den Verkauf von Lebensmitteln bereits mehr Gewinne als durch Treibstoff und im derzeitigen Geschäftsmodell wirkt der Treibstoffverkauf als Frequenzbringer, der die Zusatzservices und Verkäufe etwa von Lebensmitteln antreibt. Für die Zukunft stehen weitere Veränderungen an, und der Bericht der WKO geht dabei in einer Analyse von drei möglichen Modellen aus: • Im ersten Modell wird die Tankstelle zusätzlich zum Logistik-Hub und tritt als Logistikumschlagsplatz für Pakete von und an Privathaushalte auf. Sie kooperiert dabei mit Zulieferdiensten, Lebensmittelhändlern und regionalen Landwirten, sodass diese bei Online-Bestellungen nicht mehr direkt an den Endkonsumenten liefern, sondern ihre Bestellung an der Tankstelle abholen. Die kostenintensive Last-Mile-Zustellung entfällt somit. Auch Kooperationen mit Car-Sharing-Anbietern sollen hier eine wichtige Ressource sein. • Im zweiten Modell wird die Tankstelle zur Wohlfühloase: Ladezeiten für E-Fahrzeuge von etwa 10 bis 20 Minuten werden hier mit Angeboten für die körperliche und psychische Gesundheit genützt, wie zum Beispiel Workouts, die unter zusätzlicher Muskelstimulation durchgeführt werden können oder auch Stationen für das kurze Ausrasten mittels Power-Napping. • Das dritte mögliche Modell beschreibt die vollautomatisierte Tankstelle, bei der die meisten Autofahrer unter dem Motto "Geiz ist geil" weiterhin preisgünstig mit fossilen Brennstoffen fahren, die sie vollautomatisiert tanken. ##Lebensmittel kaufen an der Tankstelle Während es früher üblich war, an den Tankstellen auch kleinere Reparaturwerkstätten zu errichten, hat sich bei diesen Zusatzangeboten während der letzten Jahre einiges verändert. Werkstätten machen aufgrund der Markenvielfalt unter den Autos kaum mehr Sinn, da Autos zunehmend elektronische Komponenten haben, für die es unterschiedliche Spezialisten braucht. Das Angebot an zusätzlichen Waren setzt sich hingegen mehr und mehr durch. Während der letzten Jahre haben sich Kooperationen mit Supermärkten an den Tankstellen rasant etabliert, was einerseits mehr Frequenz an den Standorten bringt, andererseits eine praktische Ergänzung zu herkömmlichen Supermärkten ist, da die Tankstellenshops nicht an die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten des Lebensmittelhandels gebunden sind. Von den derzeit 2.699 Tankstellen in Österreich betreibt mit 1.485 Standorten deutlich mehr als die Hälfte einen Shop. Platzhirsch in diesem Segment ist der REWE-Konzern mit Merkur für BP und Billa für Shell und Jet. SPAR hatte seine Shops an Shell Tankstellen vor zwei Jahren an REWE verloren, weil man sich hinsichtlich der strategischen Ausrichtung der Convenience Stores nicht einigen konnte, und beliefert aktuell nur noch Stationen von Turmöl und BP. "Kunden schätzen heute die Bequemlichkeit, mehrere Dinge an der Tankstelle gleichzeitig erledigen zu können", sagt Astrid Adamek, Leiterin des Tankstellengeschäfts bei Shell Austria, "Wir begleiten sie auf ihrer Customer Journey, wo sie zuerst das Auto tanken, es bei Bedarf waschen und anschließend in den Convenience Store gehen, um zusätzliche Lebensmittel zu kaufen, die ihnen spontan noch fehlen." Auch der Take Away-Kaffee sowie diverse Snacks für unterwegs wie Sandwiches oder frische Croissants sind bei den Autofahrern sehr beliebt. Praktisch ist auch, nach dem Bezahlen im Shop vor Ort Bargeld abheben zu können. Adamek sieht weitere Zusatzangebote im Kommen: "Wir haben zum Beispiel mit Amazon Locker-Abholstationen eine Kooperation, und bestimmt wird das Thema Paketabholung an den Tankstellen bedeutsamer werden." Gefragt ist auch die Kombination aus Gastronomie mit einem kostenfreien WLAN-Netz, wodurch man unterwegs - zum Beispiel auf der Autobahnstation - als Geschäftsreisender an der Tankstelle zwischendurch etwa Mittagessen und EMails beantworten kann. ##E-Autos in nur vier Minuten laden Mineralölkonzerne wie etwa Shell rüsten sich bereits für die Zukunft der Alternativen Energien. Derzeit ist an neun Shell Tankstellen das Stromladen in Österreich möglich und auch bei weiteren zukünftigen Neubauten sollen E-Ladesäulen vorgesehen werden. Ende 2019 hat man bei Shell in der Seestadt in Wien die "Tankstelle der Zukunft" als Vorzeigemodell der Tankstelle von morgen errichtet. "Diese Tankstelle versorgt sich dank Photovoltaikanlage weitgehend selbst mit Energie", sagt Astrid Adamek. "Zudem wird es zukünftig zwei Shell Recharge Ultraschnellladesäulen mit einer Ladeleistung von 300 kW geben, an denen bis zu vier batterie-elektrische Fahrzeuge gleichzeitig laden können." Damit ist Laden von Elektro-Autos in wenigen Minuten möglich, und das zu 100 Prozent mit Ökostrom. Sofern E-Fahrzeuge für die volle Ladeleistung verfügbar sind, können diese mit den High Power Chargern (HPC) mit CCS- und CHAdeMO-Anschlüssen Strom für 100 Kilometer in nur drei bis vier Minuten laden. Heute schon können dort auch zwei E-Autos je nach Fahrzeugkonfiguration gleichzeitig Strom für 100 Kilometer in weniger als zehn Minuten tanken. An ein Tankstellensterben glaubt Astrid Adamek jedenfalls nicht: "Die Tankstelle wird sich aber definitiv verändern und Platz für andere Treibstoffformen und Zusatzangebote machen. Doch sie wird immer eine Drehscheibe für die Mobilität in der Gesellschaft sein!"
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 01. April 2020 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorSusanne Prosser
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