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Ehrenwertes Understatement
Die Wiener Wirtschaftsagentur ist ein hervorragend vernetztes Instrument der Stadt Wien, das die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes unterstützen soll. Seit 1982 hat das Unternehmen ein Investitionsvolumen von 700 Mio. Euro ausgelöst. In der breiten Öffentlichkeit hört man allerdings kaum etwas über sie. Grund genug für das Immobilien Magazin, diese Organisation einmal aus der Nähe zu betrachten..
Drei Millionen Quadratmeter an Immobilien und Liegenschaften, politische Verflechtungen mit der Stadt Wien, beste Kontakte zur Privatwirtschaft und 40 Millionen Euro pro Jahr zur Vergabe an Unternehmen – direkt neben dem Wiener Rathaus, in der Ebendorferstraße 2, hat eine öffentlich unauffällige, aber einflussreiche Institution ihre Zentrale: die Wirtschaftsagentur Wien. Rund 150 Personen arbeiten an fünf Standorten in Wien für die Agentur, die seit über 30 Jahren im Hintergrund der heimischen Wirtschaft operiert. Die Wirtschaftsagentur wurde 1982 von der Stadt Wien, der Unicredit Bank Austria (damals noch die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien), der Ersten Bank der österreichischen Sparkassen AG (damals noch die Erste oesterreichische Spar-Casse) und der Wirtschaftskammer Wien als „Wiener Wirtschaftsförderungsfonds“ gegründet. Erst im Zuge eines Re-Brandings 2010 entstand der Name Wirtschaftsagentur Wien. Ein so vielschichtiges Konglomerat ist auf den ersten Blick nicht leicht zu durchschauen. Deshalb lohnt es sich, den Fonds genau unter die Lupe zu nehmen. Laut Homepage widmet sich die Wirtschaftsagentur drei zentralen Bereichen: Förderungen, Beratungen und Immobilien. Was hat es zunächst mit den Förderungen genau auf sich?
##Fordern und Fördern
Die Wirtschaftsagentur bietet zwanzig verschiedene Förderprogramme an, die laufend weiterentwickelt werden. 40 Millionen Euro an Förderungen vergibt sie jährlich an Unternehmen. Allerdings ist es nicht gerade einfach, an so eine Förderung heranzukommen. „Wir sind uns sehr bewusst: Wir arbeiten mit öffentlichem Geld. Diese Fördermittel werden zu hundert Prozent von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt“, sagt Rainer Holzer, Leiter der Immobilienabteilung der Wirtschaftsagentur Wien. Dementsprechend werden die Förderungen nicht leichtfertig vergeben. Die jeweiligen Förderkriterien sind online auf der Homepage der Wirtschaftsagentur zu finden. Zusätzlich gibt es den Förderungsguide, eine Gratis-App, mit der man sich schnell einen Überblick über die aktuellen Förderangebote verschaffen kann. In den Förderwettbewerben, den sogenannten Calls, entscheidet dann eine unabhängige Jury über die Vergabe. Die Antragsteller müssen unbedingt in Wien investieren. Erst wenn ein Unternehmen die Abrechnung über die Investition vorlegt und diese nachweislich stimmt, wird die Förderung ausbezahlt.
Das ist für die Unternehmen auch ein nicht ganz unanstrengendes Unterfangen, weil es einen gewissen Zeitaufwand mit sich bringt. „Die Erstellung der Förderanträge erfordert viel Arbeit, die sind oft dreißig, vierzig Seiten lang. Ich hab‘ am Anfang gedacht, wir können zur Argumentation einfach unseren Businessplan heranziehen, aber es war dann doch ein deutlich größerer Aufwand“, sagt Thomas Koller, einer der beiden Gründer der Greenvest Hydro GmbH, die Lösungen für Kleinwasserkraftwerke anbietet. Er und sein Kollege Walter Eckhart wurden bei der Gründung von der Wirtschaftsagentur begleitet und haben dabei auch einen Antrag für die Dienstleistungsförderung eingereicht – und diese auch Anfang Juli zugesagt bekommen. „Bereits beim ersten Termin in der Wirtschaftsagentur hat mich das Beratungsteam auch auf die Möglichkeit einer Förderung hingewiesen. Wir haben dann einen zweiten Termin vereinbart, bei dem ich darüber informiert wurde, welche Förderungen in unseren Bereich passen würden. Diese Erstberatung war sehr nützlich und hat uns viel Zeit und Arbeit erspart“, so Koller. Daniel Chladek ist Regionalleiter im Bereich International Services der Wirtschaftsagentur Wien. Er hat die Greenvest Hydro durch den gesamten Gründungsprozess geleitet. Das ist die zweite Säule des Fonds: Beratung.
##Gut beraten
Vom HTL-Schüler, der eine Firma gründen will, über das Technologieunternehmen, das einen Partner sucht, bis hin zur Vernetzung von Unternehmen, die kooperieren wollen, bietet die Wirtschaftsagentur eine breite Palette von Beratungen an. Ein besonders wichtiger Punkt ist hier die Hilfe für Unternehmen aus dem Ausland, die sich in Wien ansiedeln wollen. „Der Schritt übers Expat-Center (Servicestelle der Wirtschaftsagentur für internationale Fach- und Führungskräfte, Anm.) war für uns als Firma aus dem Ausland eine große Hilfe. Gerade am Anfang gibt es viele Kleinigkeiten, die man auf Zuruf oder auf kurzem Weg erledigen muss. Und da ist wichtig, dass man Ansprechpartner hat, die schnell reagieren und unbürokratisch Lösungen umsetzen können. Wir brauchten zum Beispiel einen Firmenbuchauszug für den Mietvertrag, den wir nicht sofort parat hatten. Da kam der Vorschlag von der Wirtschaftsagentur, dass wir auch ohne selbigen einen kurzfristigen Mietvertrag abschließen und dann erst den langfristigen dranhängen können“, erzählt Koller. Diese Fähigkeit, Firmen von großen Aufgaben bis ins Micro-Management zu unterstützen, ermöglicht der Wirtschaftsagentur oft eine erstaunlich schnelle Umsetzung von Projekten. Die Kleider-Kette Forever 21 beispielsweise hat im Februar 2011 erstmals Kontakt zum Fonds aufgenommen und konnte bereits im Mai ihr erstes Geschäft in Wien aufsperren. In diesen wenigen Monaten hat die Agentur der Kette einen Standort vermittelt, sie bei administrativen Themen – zum Beispiel dem Ansuchen um Bewilligungen – beraten und auch noch geholfen, 300 Mitarbeiter für Forever21 zu rekrutieren.
All diese Beratungsleistungen sind kostenlos. Ähnlich schnell ging es bei der Greenvest Hydro: Ende Jänner 2014 hatten Koller und Eckhart erstmals die Möglichkeit einer gemeinsamen Firma diskutiert, am 10. April wurde gegründet und im Mai begann die Firma in Ihre Büros in der Seestadt Aspern, die wiederum von der Wirtschaftsagentur zur Verfügung gestellt worden sind, einzuziehen. Der Immobilienbereich ist die dritte große Kernkompetenz der Wirtschaftsagentur.
##Stadt, Land, Büro
„Uns gibt es auch deswegen, weil es im Rahmen von Betriebsansiedlungen sehr oft das Thema kommt: ,Ich brauche ein Grundstück, ich brauche ein Büro, ich brauche eine Lagerhalle, ich brauche eine Infrastruktur‘“, erklärt Holzer. Die Abteilung organisiert nicht nur neue Liegenschaften für Unternehmen, sie hilft auch dabei, solche weiter zu verwerten. Eine Firma, die in diesem Bereich von der Wirtschaftsagentur unterstützt worden ist, ist die HOERBIGER Ventilwerke GmbH und Co. KG. „Die Hauptarbeit, die für uns geleistet worden ist, war, dass man den richtigen Bauträger findet, der unser Grundstück in der Braunhubergasse übernimmt. Wir haben den Auftrag bekommen, die Nachnutzung für den sozialen Wohnbau zu organisieren. Jetzt ist der soziale Wohnbau ein höchst politisches Tier. Da müssen sich die richtigen Wohnbaugesellschaften zusammenfinden, die müssen zu einem Konsens bewegt werden. Diese politische Hintergrundarbeit ist uns abgenommen worden. Und das war vielleicht auch nicht unwichtig bei der Entscheidung, dass wir hier in Wien bleiben“, erzählt Peter Steinrück, Leiter im Bereich Forschung und Entwicklung der Hoerbiger Holding AG. Die Firma hat derzeit drei Standorte in Wien.
Die Vermittlungstätigkeit ist aber nur einer von drei Teilbereichen der Immobilienabteilung. Holzer: „Neben dem Liegenschaftsmanagement ist der zweite Bereich die mobile Projektentwicklung, wo wir als erster Investor in neue Stadtentwicklungsgebiete gehen und durch gezielte Developments, wie zum Beispiel in der Seestadt Aspern mit dem aspern IQ oder dem Media Quarter Marx im dritten Bezirk, erste Impulse auslösen. Dort haben wir auch für junge Unternehmer Büroangebote und Coworking-Spaces entwickelt.“ Dafür ist reichlich Raum vorhanden. 300 Hektar Immobilien und Liegenschaften stehen der Wirtschaftsagentur derzeit zur Verfügung. Dies ist auch die einzige Stelle, an der die Agentur Einnahmen lukrieren kann. Als gemeinnütziger Fonds darf sie allerdings keinen Gewinn machen, die Einnahmen fließen zu hundert Prozent wieder in die Beratungsangebote. Die Immobilien werden der Wirtschaftsagentur von der Stadt Wien überantwortet, daher kann die Wirtschaftsagentur auch Pionierprojekte in Angriff nehmen, die einen längeren Atem erfordern. Das Aspern IQ beispielsweise war schon fertig, bevor es überhaupt eine U-Bahnverbindung dorthin gab. Mittlerweile ist das Gebäude jedoch zu 80 Prozent ausvermietet. Und ein Ende des Wachstums ist hier nicht in Sicht.
##Wien entwickelt.
Die Seestadt Aspern ist das größte Stadtentwicklungsgebiet Europas. Bis 2030 sollen hier nicht nur 200.000 Menschen leben, sondern auch 20.000 einen Arbeitsplatz haben. Das Schlagwort heißt „Smart City“.
„Wir sind bei diesem Thema in den Rankings immer ganz weit vorne, da hat Wien auf dem europäischen Parkett eine Führungsrolle eingenommen“, erklärt Holzer und setzt fort: „Smart City heißt: Wie kann ich die Stadt so intelligent weiterentwickeln, dass sie für alle lebenswert ist? Und dann gilt es, möglichst innovative Zugänge zu finden und diese wechselseitigen Prozesse mit der Stadt gut aufzusetzen.“
Der positive Einfluss der Wirtschaftsagentur auf diese Entwicklung ist nicht zu leugnen. Als Beratungs- und Vermittlungsstelle für Unternehmen trägt sie maßgeblich zur Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Wien bei und bleibt trotz ihrer komplexen Struktur in ihrer Arbeit nachvollziehbar. Holzer bringt es auf den Punkt: Holzer bringt es auf den Punkt: „Uns leitet unser Auftrag, den wir von der Stadt mitbekommen haben: Tut was für den Wirtschaftsstandort Wien! Schaut, dass der strukturelle Wandel gut durchbegleitet wird! Sorgt dafür, dass wir Betriebe ansiedeln! Das ist unser Antrieb.“ Und das spiegelt sich auch in der Wahrnehmung der Leute wider, die mit der Wirtschaftsagentur Wien zusammenarbeiten. Koller sagt über den Fonds: „Es war gut einen direkten Ansprechpartner zu haben, der ständig auch den Überblick über das Gesamtbild hat. Ich habe die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsagentur als sehr gut erlebt.“
Steinrück stößt ins gleiche Horn: „Die Zusammenarbeit konnte bei uns ausschließlich positive Kritiken bekommen. Wir hatten auch nie das Gefühl, dass hier irgendetwas unrechte Wege gegangen wäre. Es ist alles extrem transparent, extrem gut abgesichert gelaufen. Man hat auch nie den Eindruck, man ist jetzt Bittsteller und kriegt da großzügig etwas zugewiesen, man begegnet sich hier stets auf Augenhöhe. Die Stadt hat etwas davon, dass wir hierbleiben, und wir haben auch etwas davon. Das gibt ein gutes Gefühl.“ Schön, wenn es über einen Big Player mal ausschließlich positives zu berichten gibt.
Es ist alles extrem transparent, extrem gut abgesichert gelaufen.
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AutorPeter Stenitzer
Tags
Investment
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