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Gesellschaft auf Schiene
Auf Netflix ist gerade die zweite Staffel der Serie "Snowpiercer" in voller Fahrt. 2013 adaptierte Oscar-Preisträger Bong Joon-ho den gleichnamigen Comic für die Leinwand. Und schuf eine eindrucksvoll-dystopische Metapher auf ein Wirtschaftssystem, das zum Scheitern verurteilt ist.
Es kommt nicht oft vor, dass die Handlung eines Films mit seinem Setting identisch ist. In Snowpiercer - Film und Serie - ist das der Fall. In einer Welt, die durch die menschengemachte Klimakatastrophe zugefroren ist, hat sich der letzte Rest der Menschheit in einen Zug gerettet, der in einer endlosen Schleife die Eiswüste durchpflügt, zu der der Planet geworden ist.
Zuggemäß ist die Welt in Klassen aufgeteilt. Während die Serie vier Klassen unterteilt - Oberschicht, Bildungsbürgertum, Arbeiter, Armut - erleben wir im Film in erster Linie zwei. Während sich die finanzielle Elite ihr Ticket für das Überleben nach der Apokalypse erkaufte, leben in den hinteren Waggons, im "Tail" (also Schwanzende), jene, die den Zug bei der Abreise gestürmt haben und nun vom vorderen Ende geduldet werden. Nach einer Revolte im Tail folgen wir dem Rebellen Curtis Everett durch den 1001 Waggons langen Zug bis zur Spitze. Angestachelt wird Curtis von anonymen Nachrichten, die ihn zum Widerstand aufrufen und Hinweise geben. In Begleitung eines Wissenschaftlers, der den Zugang zum Maschinenraum sichern soll, durchqueren eine Handvoll Rebellen dabei alle gesellschaftlichen Aspekte: die zusammengepferchten Armen in den Slums, landwirtschaftliche Flächen, wir durchqueren ein Klassenzimmer.
Und auf unserer Reise beginnen wir zu verstehen, wie die Gesellschaftspyramide auf einen Schlauch zusammenschrumpfte und wie ihr Weltbild aussieht. Der Zug werde - so erfahren wir - von einem Perpetuum mobile angetrieben, das in den Waggons als "Eternal Engine" verehrt wird, konstruiert vom Industriellen Wilford, der eine gottgleiche Stellung als Retter der Menschheit einnimmt. Der unsichtbaren Hand des Mister Wilford, den nie jemand zu Gesicht bekommt, wird bedingungslos vertraut. In dieser Welt gibt es nur vorwärts, schon Stillstand bedeutet Tod. die Bewegung dieser Gesellschaft ist buchstäblich auf Schiene, festgelegt in einem nicht enden wollenden Kreis rund um die Welt. In der Schule werden Kinder davor gewarnt, dass der sichere Tod warte, sollte man einen Ausbruchsversuch wagen. Diese Welt ist rasend schnell und völlig unbeweglich zugleich. Eine vorbeiziehende Großstadt führt uns das Ende des letzten gescheiterten Systems vor Augen und lässt uns ahnen, dass auch dieses nicht gut enden wird.
Und tatsächlich kommt das große Erwachen für den jungen Curtis, als er voll Hoffnung auf den Erfolg seiner Rebellion im Maschinenraum ankommt und erkennen muss - er war stets Teil des Systems. Die mysteriösen Nachrichten stammten von niemand anderem als Wilford selbst, der ihn zu seinem Nachfolger erkoren hat. Die Revolten waren organisiert, um die Bevölkerungszahl zu regulieren. Und noch etwas: Es gibt keine Eternal Engine, denn auch das Perpetuum mobile besteht aus Verschleißteilen. Wilford hält die Welt am Laufen, indem er diese Teile durch die kleinen Hände von Kindern ersetzt, die nun eingezwängt zwischen den Zahnrädern immer gleiche Handbewegungen vollführen, ohne die die Menschheit nicht überleben würde. Wilford meint es gut, wenn er Kinder abmessen und entführen lässt. Er rettet damit die Menschheit. Und Curtis muss sich nun entscheiden, ob er die Nachfolge antritt und das System weiterführt oder die Menschheit zum Aussterben verurteilt.
Es ist ein gruseliges Bild, das uns hier geboten wird und Bong Joon-ho bleibt am Ende eine Lösung schuldig. Oder doch nicht? Denn völlig übersehen wird Wissenschaftler Namgoong, der die Schneelandschaft beobachtet und Tauwetter erspäht. Während der Rest der Gesellschaft nur noch in Schienen und Vorwärtsbewegung denkt - die nur aufrechtzuerhalten ist, wenn die Schwächsten der Gesellschaft geopfert werden - versucht er, die Alternative aufzuzeigen. Vielleicht ist es doch die Seitwärtsbewegung, die die Menschheit retten kann. Einen Versuch wäre es wert.
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AutorBarbara Wallner
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