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Hoch hinauf
Während man sich früher mit dem Paternoster von einem Stock zum anderen bewegte, sind Aufzüge heute moderne Verkehrssysteme in Gebäuden geworden. Vernetzung, Internet of Things, Digitalisierung und KI mischen die Aufzugsbranche auf.
Die Rekordhöhen der größten Gebäude der Welt werden durch immer gewagtere Projekte auf der ganzen Welt getoppt: Der Burj Khalifa in Dubai ist das derzeit höchste Gebäude der Welt und verzeichnet 828 Meter Höhe; in Saudi Arabien ist gar der Kingdom Tower als neuer Gigant geplant, der mit sagenhaften 1.300 Metern in den Himmel ragen soll. Unvorstellbar? Zum Vergleich: Der DC-Tower in Wien ist das höchste Gebäude Österreichs und im Vergleich dazu gerade einmal 220 Meter hoch und würde demnach in den Kingdom Tower rund sechsmal "hineinpassen".
Vorhaben wie diese stellen immer höhere Anforderungen an die Aufzugstechnologie: Neue High-Tech-Materialien müssen immer leichter und hitzebeständiger werden, Motoren leistungsstärker, Steuerungen smarter und der Energieverbrauch effizienter. Zudem müssen spezielle Luftdruckkontrollen in der Lage sein, den atmosphärischen Druck während der Fahrt auszugleichen und die Gäste schnell und zugleich angenehm durch das Gebäude reisen zu lassen.
##Von rechts nach links und umgekehrt: Magnet statt Seil
Für riesige Wolkenkratzer reicht die aktuelle Aufzugstechnologie nicht mehr aus, ohne dass man umsteigen muss: Das Eigengewicht des Stahlseils wird irgendwann zu groß, wodurch es von selbst reißen würde. Aus diesem Grund muss man beispielsweise im Burj Khalifa in Dubai zweimal den Fahrstuhl wechseln, wenn man ganz nach oben will. Das deutsche Unternehmen ThyssenKrupp hat deshalb nun ein System entwickelt, bei dem Aufzüge nicht mehr mittels Seil, sondern durch Magneten angetrieben werden.
Das revolutioniert den Markt: Die Magnettechnologie ermöglicht unter anderem, dass Aufzüge dann nicht mehr nur vertikal in immer höhere Höhen fahren, sondern auch seitlich bewegt werden können! Der neue Aufzug ist zudem Platz sparend und benötigt um etwa 60 Prozent weniger Energie. Eingesetzt werden soll das neue System erstmals in dem neuen East Side Tower in Berlin, der 142 Meter Höhe messen wird.
##Ein Aufzug, der mitwächst
Auch die Firma Otis hat mit dem Sky-Build-System eine technische Innovation entwickelt, die das Konzept eines Bauaufzugs neu definiert. "Der Aufzug wurde speziell für High-Rise Immobilien entworfen", erklärt Roman Teichert, Geschäftsführer Otis Österreich, "Er wächst mit dem Gebäude mit und kann somit den Bauprozess wesentlich beschleunigen." So ermöglicht er beispielsweise den Arbeitern einen leichten Zugang zum höchsten fertiggestellten Stockwerk. "Dadurch lassen sich täglich 30 bis 40 Minuten produktive Zeit gewinnen", sagt Teichert. Zum Einsatz kam diese Technik bereits beim Bau des 209 Meter hohen Allianz Tower in Mailand und bei der Errichtung des Wolkenkratzers Tour Granite im Geschäftsviertel La Défense nahe Paris.
##Smart Technologies für ein Verkehrsmanagement-System
Auch in "normalen" Wolkenkratzern und höheren Gebäuden, wie auch wir sie bei uns kennen, werden täglich sehr komplexe Anforderungen an das Aufzugssystem gestellt. Moderne Personenaufzüge sind Schnittstellen eines Gebäudes, die mittlerweile viel mehr können, als auf Knopfdruck Menschen von Etage A auf Etage B zu befördern. "Aufzüge sind heute ein essenzieller Bestandteil der Urbanisierung, da die Städte stark in die Höhe wachsen", sagt Michael Uher von Schindler Aufzüge, "Massen an Menschen in größeren Gebäuden wie etwa den Twin Towers am Wienerberg oder auch international der ICC Tower in Hong Kong mit 404 Metern Höhe und 108 Etagen als eines unserer Projekte können nur noch reibungslos und effizient bewegt werden, wenn intelligente Zielsteuerung eingesetzt wird." Würden in einem Gebäude wie dem DC-Tower oder dem Millennium Tower oder dem Four World Trade Center in New York in der Mittagspause 300 oder gar 3.000 Personen in den Lift einsteigen und jeder durcheinander einen Knopf betätigen, hätten wohl die meisten Fahrgäste ihre Auszeit unfreiwillig wartend verbracht.
##Kontrolliertes Zutrittssystem
Aufzüge brauchen demnach ab einer gewissen Gebäudegröße ein intelligentes Steuerungs- und Zutrittssystem. Bei Schindler hat man das Verkehrsmanagement Port entwickelt, das die jeweiligen Menschenströme erkennt und jedem Besucher oder Bewohner des Gebäudes entsprechend seinem Etagenziel durch intelligente Technologie die passende Kabine zuweist. "Das ermöglicht zugleich eine erhöhte Gebäudesicherheit, da jeder Besucher tatsächlich nur den Zutritt bekommt, der vorgesehen ist", sagt Uher, "Im Falle einer Evakuierung ist auch genau bekannt, wie viele Menschen sich noch im Haus befinden und in welchen Etagen."
##Effektiv genützte Wartezeit
Die Wartezeiten auf den Aufzug und in der Kabine werden durch das intelligente Verkehrsmanagement enorm verkürzt, wenngleich sie sich nicht vermeiden lassen. - Und da kommt das Schindler System Ahead ins Spiel: "Wir können damit sowohl auf die Aufzugstüre als auch auf den Spiegel in der Kabine etwa Werbung, Nachrichten oder andere Informationen wie tagesaktuelle Veranstaltungen oder Rabatt-Aktionen projizieren", sagt Uher, "Auch das Streaming von Social Media-Kanälen zum Beispiel in Hotels auf dem 'Smart Mirror' ist beliebt."
##Schlüssellos vom Auto in die Wohnung
Via Handyapp Schindler myPort erhalten Mieter bzw. Eigentümer eines Gebäudes schon von der Ferne schlüssellos freie Bahn bis zur Appartementtür - angefangen vom Garagentor, das sich bei der Annäherung des Autos von selbst rechtzeitig öffnet bis zum Aufzug, der bereitsteht, wenn man das Foyer betritt und automatisch in das richtige Stockwerk fährt.
So könne man etwa einen Urlaub auf den Seychellen verbringen und vom Strand aus den Postkasten sowie den Hauseingang öffnen und schließen, oder auch Besucher mittels Video-Call am Hauseingang empfangen: "Die andere Person muss dabei gar nicht erfahren, dass man selber nicht zuhause ist", sagt Uher, "Man kann auf diese Art aber auch Vertrauenspersonen in die Wohnung lassen, die sich während der Abwesenheit um Haustiere oder Pflanzen kümmern oder die Post entgegennehmen", sagt Uher, und wenn der Postmann zweimal klingelt und man nicht zuhause ist, muss das Amazon-Paket nicht gleich in der Abholstation landen: Via Handy-App und ihre gekoppelten Zutrittssysteme wird es künftig möglich sein, Pakete entgegen zu nehmen, auch wenn man nicht zuhause ist. Die Komponenten werden laufend weiterentwickelt: So ist es auch vorstellbar, dass die Sushi-Bestellung vom Lieferservice schon bald mittels Aufzug direkt an die Wohnungstür geliefert wird.
##"Aufzug, bitte kommen!": Alles digital
Auch der Hersteller Kone treibt die Vernetzung von Gebäuden und Nutzern durch den Ausbau seiner digitalen Plattform weiter an. Im Februar hat das Unternehmen die neue Aufzugklasse DX gelauncht, die serienmäßig an die cloudbasierte digitale Plattform von Kone angebunden ist und smarte Services für den breiten Markt verfügbar macht. Bereitgestellt werden die digitalen Services von Kone selbst, aber auch von seinen Partnern wie Amazon, Blindsquare, Robotise und Soundtrack Your Brand.
Die komplett digital ausstaffierte Serie ermöglicht, dass der Nutzer via Alexa Sprachsteuerung den Lift holen kann und im Aufzug selbst seine Lieblingsmusik hören kann. Cloudbasierte Infoscreens für Aufzug, Foyer und Flur können ebenso dazu kombiniert werden und der "Magic Mirror" verwandelt mit eindrucksvollen optischen Effekten die verspiegelte Kabinenwand zum virtuellen Fenster oder zum randlos integrierten digitalen Infobildschirm, den Betreiber mit Bildern und Videos bespielen können.
##Je höher, desto teurer: Aufzüge brachten Wertumkehr
Seit sich die ersten Aufzüge vor 250 Jahren als feste Bestandteile von Gebäuden um die ganze Welt verbreiteten, hat sich viel getan. Den ersten Personenaufzug in Mitteleuropa ließ Maria Theresia im Jahr 1766 in der Kapuzinergruft errichten. Hundert Jahre später - im Jahr 1853 - gelang dem US-amerikanischen Mechaniker Elisha Graves Otis eine ausschlaggebende Erfindung: Er entwickelte ein Sicherheitssystem, bei dem die Aufzugskabine ausgebremst wird, wenn ihr Tragseil reißt oder durchgeschnitten wird. Otis demonstrierte sein bedeutsames System waghalsig bei der Weltausstellung in New York, während er sich selbst im Lift befand. Mit Erfolg.
Bis zur flächendeckenden Verbreitung der Aufzüge waren die besten Wohnungen oder Hotelzimmer im Erdgeschoss oder im ersten Stock beherbergt: Schließlich wollte niemand die Mühen des Aufstiegs auf sich nehmen, und so befanden sich in den Luxushotels die Wohnungen des Personals im Dachgeschoss. Heute gilt: Je höher man hinaufkommt, desto höher steigt der Preis. Zu verdanken ist dies nur der Erfindung des Personenaufzuges und so ist es eine natürliche Entwicklung, dass Aufzüge heute nicht mehr lediglich Mittel zum Zweck, sondern eigenständige Komponenten von Gebäuden sind.
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AutorSusanne Prosser
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