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Jubiläum. Durchwachsen
Die zurückliegenden zehn Jahre waren die wahrscheinlich aufregendsten, aber auch abwechslungsreichsten für die Immobilienbranche seit vielen Jahrzehnten.
Damals, 2003, hatte die Branche gerade die erste Immobilienkonjunkturdelle recht rasch und gut überstanden. Und was die kommenden Jahre folgte, das war eine Schönwetterkonjunktur vom Feinsten. Denn, die fettesten Jahre für die gesamte österreichische Immobilienbranche hatten erst begonnen.
Der goldene Osten begann zu strahlen und gut die Hälfte des Profits aller österreichischen Immobilienunternehmen wurde im CEE- und SEE-Raum erzielt. Bei den Top-30 war der Ost- und Südostanteil um einiges größer.
Aber: Mit der Zeit wurde aus dem bunten Branchen-Luftballon der Hoffnung ein ausgewachsener Fesselballon, der schließlich in den Jahren 2008 und 2009 implodierte. Für die allermeisten heimischen Immobilienunternehmen – sieht man von der Immofinanz einmal ab – ohne lauten Knall. Aber: Die (heiße) Luft war draußen. Für fast alle. Die Brötchen, die ab jetzt von den Branchenteilnehmern gebacken wurden beziehungsweise nur noch gebacken werden konnten oder durften, waren ab dann um sehr vieles kleiner. Was das alles mit Raiffeisen evolution zu tun hat? Sehr viel. Denn genau dies ist das Branchenumfeld, in dem Raiffeisen evolution die ersten zehn Jahre verbracht hatte. Ein erster Blick zurück in Liebe und doch sehr selbstreflektiert im Gespräch mit den beiden Geschäftsführern von Raiffeisen evolution, Markus Neurauter und Gerald Beck.
[b]Die ersten zehn Jahre hätten zumindest vom Umfeld her wohl kaum turbulenter sein können. Hätten die damaligen Gründungsgesellschafter so etwas erwartet?[/b]
Neurauter: Bei Raiffeisen evolution ist in diesen zehn Jahren sicher einiges anders gekommen, als das bei der Gründung absehbar oder geplant war. So war Raiffeisen evolution von Anfang an als Dienstleistungsunternehmen geplant gewesen. Dass wir in so hohem Ausmaß, wie das letztlich der Fall war, als Bauträger auf eigenes Risiko agieren, war so bei Beginn wohl eher nicht geplant.
Beck: Was sich aber vom ersten Tag bis heute nicht verändert hat, das ist unsere Gesellschafterstruktur. Unsere Eigentümer sind also unverändert zu 40 Prozent die Raiffeisen Zentralbank (RZB) und zu je weiteren 20 Prozent Uniqa, die Raiffeisen Holding sowie die Strabag. Letztere hat ja ihre damalige Projektentwicklungsabteilung in Raiffeisen evolution eingebracht, die ansonsten vor allem auf der damaligen Concorde Projekt aufgesetzt hatte.
[b]Dafür, dass Raiffeisen evolution mit eigenen Finanzmitteln und auf eigenes Bauträgerrisiko nicht wirklich agieren wollte, ist aber einiges in diesem Bereich entstanden.[/b]
Beck: Ja, weil letztlich die Idee, mit wenigen Eigeninvestitionen auszukommen, nicht aufgegangen ist. Der reine Dienstleistungsbereich war am Markt schlussendlich nicht oder nur sehr untergeordnet platzierbar.
Neurauter: Jedenfalls kann sich unser Produktionsvolumen der ersten zehn Jahre durchaus sehen lassen. Wir haben rund 4.700 Wohnungen, über 1.300 Hotelzimmer beziehungsweise über 660.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche gebaut, entwickelt oder befinden uns gerade in Umsetzung.
[b]Buchstäblich „sehen“ kann man davon in Österreich aber vergleichsweise wenig, wo sind ihre Hauptmärkte eigentlich?[/b]
Neurauter: Da gebe ich Ihnen recht. Von diesem Volumen haben – je nach Assetklassen – gerade einmal 20 bis 30 Prozent in Österreich stattgefunden.
Beck: Unsere Hauptaktivitäten haben sich ganz klar in Osteuropa und Südosteuropa abgespielt. Das Verhältnis dreht sich aber gerade wieder in die andere Richtung zugunsten Österreichs.
[b]Gibt es hier denn so viele neue große Projekte?[/b]
Neurauter: Offen gestanden ist derzeit leider eher die andere Betrachtungsweise nötig. Oder anders formuliert: Einem weiterhin relativ stabilen Inlandsgeschäft in Österreich steht ein deutlich schrumpfendes Ost- und Südosteuropageschäft gegenüber.
[b]Wo in Osteuropa läuft es derzeit weniger gut für Sie?[/b]
Neurauter: Um es auf den Punkt zu bringen: Wir machen aktuell kein weiteres Neugeschäft in Ost- und Südosteuropa, würden das aber gerne wieder.
Beck: Das heißt aber nicht, dass wir auf diesen Märkten derzeit nicht aktiv sind. Aktuell haben wir laufende Baustellen in Moskau und Bukarest, unsere Projekte in Polen und Ungarn konnten wir kürzlich erfolgreich abschließen.
Neurauter: Außerdem haben wir gerade den Betrieb unserer Shoppingmall in Bukarest gestartet und sind jetzt meines Erachtens recht erfolgreich dabei, dieses derzeit modernste Shopping- und Entertainment-Center in Bukarest zum Laufen zu bringen.
[b]Das Floreasca City Center in Bukarest ist aber nicht immer nach Plan gelaufen ...[/b]
Neurauter: Sicherlich hat uns die Südosteuropakrise bei diesem Großprojekt in Bukarest durchaus einen Strich durch unseren Zeitplan gemacht. Zwischenzeitig konnten wir das Projekt aber erfolgreich vermieten und teilweise verkaufen. Aber ich gebe Ihnen recht, es gab für uns auch schon mal einfachere Projekte.
[b]Ist dieses Projekt der Grund, warum Sie derzeit in der SEE- und CEE-Region kein weiteres Neugeschäft mehr machen wollen?[/b]
Neurauter: So habe ich das nicht gemeint. Ich habe gesagt, dass wir derzeit kein Neugeschäft in Umsetzung haben, aber es ist einiges in der Pipeline.
Beck: Konkret haben wir für Polen noch zwei weitere Shoppingcenter in der Pipeline. In Polen wird sich überhaupt noch einiges tun. Der Punkt ist aber, dass in der CEE-Region die aktuellen Grundstückspreise zu hoch sind, um einen sicheren Projekterfolg einzufahren. Dazu kommen die hohen Eigenkapitalanforderungen der finanzierenden Banken für diese Region. Diese liegen je nach Land und Vorverwertungsgrad zwischen 40 und 50 Prozent. Schon allein diese aktuelle Finanzierungssituation limitiert die Zahl und Größe der Projekte. Und ich sehe aktuell keine Veränderung dieses Trends.
[cite1]
Neurauter: Man muss auch sehen, dass aktuell die Vermietung in diesen Ländern enorm schwierig ist. Erst wenn die derzeitig auf diesen Märkten bestehenden Leerstände absorbiert sind, wird sich hier wieder etwas ändern. Das wird aber noch zwei bis drei Jahre dauern. Fakt ist auch, wir machen keine Projekte, nur um Mitarbeiter auszulasten, jedes Projekt muss für sich selbst ein Erfolg sein.
Beck: Dazu kommt, dass derzeit auch die Endinvestoren für Projekte fehlen. Nach Russland geht bei den aktuellen politischen Rahmenbedingungen kein westlicher Investor mehr.
[b]Dann werden Sie wohl Mitarbeiter abbauen müssen?[/b]
Neurauter: Das ist schon passiert. Unser aktueller Mitarbeiterstand wurde bereits auf die aktuell kleineren Brötchen angepasst. Wir mussten von 250 Mitarbeitern auf jetzt 120 Mitarbeiter herunterfahren und stehen damit wieder dort, wo wir bei Gründung von Raiffeisen evolution gestartet hatten. Die goldenen Zeiten in der Immobilienbranche sind jedenfalls vorerst einmal vorbei.
[b]Wo sehen Sie Raiffeisen evolution in unmittelbarer Zukunft?[/b]
Neurauter: Eine klare Sache ist der Wohnbau in Österreich, der uns unverändert viel Freude bereitet. Eine weiterführende Überlegung wäre es auch, mit Wohnbau in Deutschland zu beginnen. Das prüfen wir aber erst. Genauso denke ich, dass der gewerbliche Immobilienbereich im CEE-Raum wieder kommt, und irgendwann auch wieder im SEE-Raum. Für Bukarest erwarte ich in absehbarer Zeit wieder eine Korrektur nach oben, Sofia dürfte noch längerfristig auf dem derzeit niedrigen Niveau bleiben.
Beck: Klar ist aber auch, dass es in Bukarest einen Bedarf für kostengünstige Büroflächen in der Größenordnung von zwölf Euro pro Monat und Quadratmeter geben wird. Nur ist das mit den heutigen Grundpreisen dort nicht machbar, dazu müsste sich der Grundkostenanteil auf 250 bis 300 Euro pro Quadratmeter normalisieren.
[b]Und in Österreich?[/b]
Neurauter: Wir überlegen derzeit, ob wir neben dem Eigentumssegment auch in den Mietwohnungsbau gehen. Auf jeden Fall werden wir neben dem erfolgreich realisierten Büroprojekt „2nd Central – Office am Park“ ein weiteres Bürohaus entwickeln.
[b]Danke für das Gespräch.[/b] «
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AutorGerhard Rodler
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