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Keine Talfahrt in Tirol
Die Tiroler Wirtschaft ist durch die Corona-Krise stark getroffen worden. Der Immobilienmarkt zeigt sich dennoch unbeeindruckt. Eine Ausnahme ist der Hotelsektor.
Am Tiroler Immobilienmarkt kennen die Preise seit Jahren nur eine Richtung: Steil nach oben. So ist etwa Innsbruck schon länger die teuerste Landeshauptstadt Österreichs, was die Wohnpreise betrifft. Aber auch in den ländlicheren Gebieten geht die Preisrallye weiter. So sind die Mietangebotspreise im Bezirk Landeck laut einer Erhebung von Willhaben und Immounited im Tiroler Bezirk Landeck um 14 Prozent gestiegen, so stark wie in keinem anderen Bezirk Österreichs.
##Viel Nachfrage, wenig Angebot
Gerhard Hauer, neuer Standortleiterder Tiroler Niederlassung von Rustler in Innsbruck, sieht die weiter stark steigenden Wohnimmobilienpreise als Folge des geringen Angebots. "Es ist nichts am Markt, kaum jemand will verkaufen und die Nachfrage ist groß", erklärt Hauer, der überzeugt ist, dass in Innsbruck zu wenig gebaut wurde. "Jetzt steht einiges in den Startlöchern, aber der Bedarf ist noch einmal viel größer", so der Immobilienexperte. In Innsbruck werden laut Hauer schon immer öfter die 10.000 Euro pro Quadratmeter geknackt aber auch im Umland stiegen die Kaufpreise im Wohnbereich stark an. "Das betrifft die gesamte Inntalfurche von Kufstein bis rauf nach Telfs. Da gehen die Preise ungebremst immer weiter rauf", erklärt er. Laut Hauer breitet sich der Wohnraummangel immer weiter um Innsbruck herum aus. "Die Bauträger erschließen neue Bauflächen immer weiter weg von Innsbruck. In Innsbruck selber und in der unmittelbaren Umgebung gibt es kaum mehr Bauland am Markt. Und das, was am Markt ist, ist preislich fern jeder Realität", meint Hauer.
Im Bürobereich sieht Hauer einen klassischen Verdrängungsmarkt. "Es kommen neue Flächen auf dem Markt, aber auch aufgrund von Home-Office ist der Bedarf aktuell nicht so groß und so wird es eine Verschiebung auf Kosten älterer Büroflächen geben", erklärt Hauer.
Beim Einzelhandel sieht Hauer noch keine schwerwiegenden Auswirkungen der Corona-Krise. Zumindest nicht in den guten Lagen. "Die 1A-Lagen, wie etwa auf der Maria-Theresien-Straße, sind noch immer gut belegt", so Hauer.
##Einbruch am Hotelmarkt
Anders ergeht es dem für das Tourismusland Tirol so wichtigen Hotelmarkt. Laut Martin Schaffer, Geschäftsführer und Partner von MRP hotels, hatte der Innsbrucker Hotelmarkt im Gesamtjahr 2020 einen Einbruch von rund 60 Prozent.
Schaffer meint, dass die Stadthotellerie sich aufgrund fehlender Nachfragegeneratoren, wie etwa Tagungen, Geschäftsreisen und Messen, deutlich schwerer tun wird, wieder auf die Beine zu kommen. "Ein weiterer Faktor in Innsbruck ist die starke Pipeline, die bereits nahezu vollständig in Bau ist. Dies wird den Druck auf den Markt in der Recovery Phase zusätzlich erhöhen", erklärt der Hotelexperte. In Innsbruck kommen bis 2024 rund 560 Zimmer auf dem Markt. Das ist ein Angebotszuwachs von rund 13 Prozent.
Etwas besser schaut es bei den Hotels in den typischen Urlaubsorten aus. "Das Erste, was Menschen nach dem Lockdown machen wollen, ist raus in die Freiheit zu "fliehen". Dies wird insbesondere in Ferienhotels und in ländlichen Gebieten ausgelebt werden. Die Nachfrage und der Rückstau von Urlaub ist derzeit unglaublich groß", meint Schaffer. Eine Top-Feriendestination wie Kitzbühel konnte bereits nach dem ersten Lockdown eine schnelle Entwicklung in Richtung Vorjahresniveau hinlegen. "Ferienhotels waren bis zum "travel ban" und einhergehender Schließung der Grenzen häufig zwischen 90 und 100 Prozent ausgelastet - dies waren Vorausbuchungen, insbesondere an den Wochenenden", erklärt der Hotelexperte.
In der Wintersaison sah es dann wieder ganz anders aus, hier hat die Regierung laut Schaffer die Hoteliers zu lange warten lassen: "Obwohl es den Stadthoteliers im November bereits nahezu klar war, dass es keine Öffnung mehr diesen Winter geben wird, ließ man die Ferienhoteliers weiter ins Ungewisse planen und stellte eine Wintersaison in Aussicht". Ein Grund, warum der Tiroler Hotelmarkt besonders von Grenzschließungen betroffen ist, ist die Gästestruktur im Bundesland. Mit 51 Prozent macht der deutsche Markt mehr als die Hälfte der Tiroler Gäste aus. "Damit ist Tirol sicherlich das Bundesland, welches am stärksten von den nicht geöffneten Grenzen betroffen ist", erklärt Schaffer.
##Konsolidierung erwartet
Der Hotelexperte erwartet, dass es zu einer Konsolidierung am Hotelmarkt kommen wird: "Betriebe, welche auch vor Corona deutliche Schwächen in Themen wie Instandhaltung und Konzept hatten, werden endgültig aus dem Markt verschwinden. Etablierte Hotelprodukte mit gutem Konzept werden aus der Krise gestärkt herauskommen - insbesondere, weil jetzt die Zeit besteht, das Produkt voranzutreiben. Viele Hoteliers renovieren und sanieren, um nach Wiedereröffnung in neuem Glanz dazustehen."
Ein weiteres Problem sieht Schaffer in der Finanzierungsstruktur eines Hotels: "Eigenkapitalquoten waren selbst vor Corona kaum über 10%, so dass diese zumeist mit Jahresende 2020 und einhergehendem negativer GuV negativ sein sollten. Dies merken wir aktuell in der Aufstellung der Jahresbilanzen 2020, wo seitens externer Stakeholder oftmals Fortführungsprognosen verlangt werden."
Die weitere operative Entwicklung und damit das Überleben der Hotellerie in Tirol wird laut dem Hotelexperten endogen maßgeblich von Zuschüssen und der Weiterführung der Kurzarbeit beeinflusst sein. "Insbesondere die Rückführungsmodalitäten der gewährten - und noch zu gewährenden - Überbrückungskrediten mit Staatshaftung werden eine entscheidende Rolle in der weiteren Überlebensfähigkeit der Hotellerie innehaben. Exogen ist die Grenzöffnung die oberste Priorität, um wieder Tourismus möglich zu machen. Sollte es eine Hotelöffnung ohne Grenzöffnung geben, stehen die Hoteliers vor einem riesigen Problem", so Schaffer.
##Glaube an Erholung
Dennoch glaubt Schaffer an eine Erholung des Tiroler Hotelmarktes. "Tirol hat mit dem vielseitigen Angebot im Sommer sowie im Winter in der Ferienhotellerie die besten Voraussetzungen sich wieder schnell von der Krise zu erholen", ist Schaffer überzeugt. Voraussetzung dafür ist aber die Öffnung der Grenzen.
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AutorStefan Posch
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