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Komfortable Reiseflughöhe

Die ersten 10 Jahre wären geschafft – und die offenen Immobilienfonds haben es sich bequem gemacht. Eine Analyse. De facto seit der Nachkriegszeit, also bereits in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts, wur- de über die Einführung von offenen Fonds in Österreich diskutiert. Immerhin knapp fünf Jahrzehnte später war es dann tatsächlich so weit. Gut Ding braucht eben Weile. Überhaupt in Österreich. Die österreichischen Anleger hätten sich freilich schon viel früher so etwas gewünscht. Peter Czapek, CEO Bank Austria Real Invest: „Erst ab der Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen war es möglich, den Kundenwünschen zu folgen, um ein solches Produkt in Österreich zu schaffen. Danach konnte der Real Invest Austria erfolgreich an den Start gehen.“ Folgerichtig war die Bank Austria mit ihrer Real Invest auch der erste derartige Anbieter am Markt, nämlich bereits kurze Zeit nach Inkraftreten des dafür nötigen ImmoInvFG ist am 1.9.2003, konkret binnen acht Wochen danach am 1. Dezember dieses Jahres. Schon drei Monate später, mit Jahresbeginn 2004 kam dann auch die Volksbankgruppe, namentlich die ihr zurechenbare IMMO KAG mit ihrem immofonds 1. Die Deutschen waren da jedenfalls schon um einiges schneller. Als die offenen Immobilienfonds in Österreich eingeführt worden waren, war das gleiche Produkt immerhin schon gut drei Jahrzehnte am (deutschen) Finanzmarkt. Und das mit einer Marktbedeutung, welche die heimischen Fonds bis heute nicht haben. „Gleich“ übrigens im wahrsten beziehungsweise engsten Sinn des Wortes. Denn die offenen Immobilienfonds in Österreich sind weitgehend nach dem Muster der deutschen Immobilienfonds „gestrickt“. Mit – bis jetzt – zwei wesentlichen Unterschieden. In Österreich haben die offenen Fonds mit Abstand nicht die Bedeutung der Immobilien-Aktiengesellschaften (die dafür wieder in Deutschland eher ein Schattendasein führen). Umgekehrt haben sie aber auch nicht die Probleme, mit welchen die deutschen offenen Immobilienfonds in den letzten Jahren zu kämpfen hatten. Das hat freilich seine guten Gründe, wie auch Lars Fuhrmann, Vertriebsvorstand der IMMO KAG schon anderweitig betont hat: „Der Start der Immofonds lag in der Zeit der aufstrebenden Immoaktien und waren daher anfangs sehr im Schatten dieser Aktienveranlagung, wobei es sehr schwierig war den Anlegern die doch beträchtlichen Unterschiede und Risikoszenarien dieser beiden Produkte näherzubringen. Auch im Zuge des Absturzes der Immobilienaktienkurse waren die Immofonds betroffen(wenngleich auch wesentlich weniger). So richtig emanzipieren konnten sich die Immofonds erst mit Fortdauer der Krise, als durch den Trackrecord sichtbar wurde, dass es sich bei Immobileinfonds eben nicht um Aktien handelt die den Schwankungen der Börse unterliegen, sondern sich der tägliche Rechenwert des Immofonds sich aus dem Wert und Erträgen der Immobilien bzw Veranlagung des Barvermögens errechnet.“ Das hatte sich einige Jahre später als tatsächlich goldrichtig erwiesen, wie die schon wenige Jahre später eingetretene Finanzkrise klar bewiesen hatte. Der ERSTE IMMOBILIEN- FONDS ist so ein Beispiel. Er ist am 2.5.2008 gestartet. Es war der Vorabend der Finanzkrise. In dieser ersten Phase hat der Fonds aufgrund der großen Verunsicherung der Anleger nur geringe Zuflüsse verzeichnet. Eine Tatsache, die so auch für alle anderen offenen Immobilienfonds im Grunde zutreffend ist. Sieht man von Spezialfällen ab (so wurde ein im banchbarten, östlichen Ausland investierender offener Immobilienfonds aufgrund der negativen Performance im Zuge der Finanzkrise geschlossen) haben eben nahezu alle offenen Immobilienfonds ihre Feuertaufe mit Bravour bestanden. Denn die Finanzkrise mit allen ihren zum Teil recht extremen Verwerfungen konnte den offenen Immobilienfonds erstaunlich wenig bis gar nichts anhaben. Und schon einige Jahre davor erwiesen sich die Immobilienfonds als ein Fels in der Brandung: Als mit der Immofinanz der Lokomotive der österreichischen Immobilienszene praktisch von einem Tag auf den anderen der Dampf ausgegangen war und damit Zug um Zug auch nahezu alle anderen österreichischen Immobilien-Aktiengesellschaften – zumindest was die Börsenkurse betrifft – ordentlich nach unten gerissen worden sind, blieben die offenen Immobilienfonds davon weitestgehend unbeschadet. Ein Ereignis, dass selbst für das Management der meisten offenen Fonds durchaus überraschend verlaufen ist. So hatte sich beispielsweise Branchenprimus Bank Austria Real Invest rund um den „Immofinanz-Skandal“ durchaus auf ein Worst case-Szenario mit erheblichen Mittelabflüssen eingestellt und sich auch bestmöglich darauf vorbereitet. Dass die damals vorbereiteten Maßnahmen dann doch nicht nötig waren, hatten nur die wenigsten erwartet. Einen Grund dafür nennt Real Invest-CEO Czapek: „Die Kundinnen und Kunden fragten nach Produkten, die eine mittelfristige Veranlagungslaufzeit (mindestens 4-5 Jahre) aus- wiesen.“ Genau dieser mittelfristige Horizont ist es auch, der die Immobilienfonds vor Jahrhundertereignissen wie eben die Finanzkrise weitgehend sicher gemacht hat. Andererseits war es letztlich doch auch ein Vorteil, dass die offenen Immobilienfonds eben aufgrund ihrer vergleichsweise späten Markteinführung nie die Bedeutung erlangt hatten, welche die deutlich mehr krisengeschütteten österreichischen Immobilienaktiengesellschaften erreichten. In Deutschland war das eben ganz anders. Da reichten letztlich einige schief gegangene eigene Entwicklungsprojekte für eine Kettenreaktion aus, die bis heute anhält. Erst waren es kleinere Immobilienfonds, die ins Trudeln gekommen sind, dann aber wurde es mit Schwergewichten wie der SEB und schließlich auch der IVG richtig böse. Mittlerweile ist ein großer Teil dieser letztlich nicht erfolgreichen offenen Immobilienfonds in Abwicklung – was sich für die Anleger durchaus verlustreich entwickeln kann. Noch sind nicht alle Objekte dieser Fonds verkauft und eine Endabrechnung daher noch nicht möglich. Aber ein Teil des Anlegervermögens – 15 bis 25 Prozent können es schon sein – wird wohl verloren sein. Ob so ein Szenario auch einmal in Österreich zu erwarten ist? Hundertprozentig ausschließen kann man im Leben in Wahrheit nie etwas. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr, sehr gering. Eine Kokosnuss würde einem wohl eher auf den Kopf fliegen. Das hat auch damit zu tun, dass die offenen heimischen Immobilienfonds nie diesem riesigen Veranlagungsdruck ausgesetzt waren, wie ihre deutschen Kollegen. Auch wenn die hereinfließenden Nettozuflüsse auch in Österreich aus heimischer Sicht schon mal durchaus anspruchsvoll waren, um jeden Preis kaufen musste man nie wirklich. Andererseits kommt ein bekannt „fader“, weil stockkonservativer und ruhiger Immobilienmarkt, wie das in Österreich nun einmal der Fall ist, einem ebenso konservativ konstruierten Investmentprodukt, wie es offene Immobilienfonds darstellen ,durchaus entgegen. So investieren viele offene Immobilienfonds auch heute noch in niedrig rentierliche Wohnungen, allenfalls in Ärztezentren, die aber allesamt eine hohe Auslastung und daher maximale Wertstabilität aufweisen. Das macht die offenen Immobilienfonds in Österreich auch in turbulenten Zeiten krisensicher – wenn auch „fad“. Dass österreichische Anleger scharenweise ihre Immobilienfondsanteile gleichzeitig verkaufen wollen und so eine Kettenreaktion wie in Deutschland auslösen, ist indessen in der Tat aus mehreren Gründen höchst unwahrscheinlich. Er wichtigste ist wohl: Österreichs Anleger sind im internationalen Vergleich, ganz besonders auch im Vergleich zu Deutschland, besonders träge. Dass bis vor wenigen Jahren das klassische „Eckzinssparbuch“ die wichtigste Anlegerform der breiten Masse war, sagt da schon alles. Heute ist der offenen, Immobilienfonds einer der (wenigen) Nachfolger dieser konservativsten unter den konservativen Anlegerformen. Wie beim Sparbuch ist das Geld praktisch täglich verfügbar und bietet auch eine gewisse Sicherheit, im konkreten Fall eben in Form der hinterlegten Immobilien. Noch wichtiger ist das wohl die Tatsache, dass Herr und Frau Österreicher beim Immobilienfonds so gut wie keinen Befassungsaufwand haben, Börsekurse gibt es nicht (nur die errechneten Anteilswerte, die nur minimalen Schwankungen unterworfen sind) und Laufzeitenden wie bei den Anleihen gibt es auch nicht. Umgekehrt: Diese Bequemlichkeit hat auch ihren Preis in Form einer eher überschaubaren Rendite. Das ergibt zusammengefasst folgendes Szenario: Die offenen Immobilienfonds haben ihre Reiseflughöhe weitgehend erreicht und diese ist in einer durchaus absturzsicheren Zone. «
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. Juli 2014 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorGerhard Rodler
Tags
Investment
International
Finanzkrise
Tax & Law
Special
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