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Kraftwerk Straße

Derzeit sorgt „Solar Roadways“, eine Crowdfunding-Kampagne für einen Photovoltaik-Straßenbelag, für Auf­merksamkeit. Doch die Solarstraße ist nicht das einzige Konzept, das Verkehrsflächen zur Energiegewinnung nutzt. Es ist womöglich die erfolgreichste Kampagne, die jemals auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo gestartet wurde: Mehr als 2,2 Millionen US-Dollar hat das Projekt „Solar Roadways“ bisher eingenommen. Und tatsächlich klingt die Idee des Ehepaars aus Idaho, Julie und Scott Brusaw, geradezu utopisch. Die beiden möchten Straßen mit speziellen Solarpanelen pflastern, die nicht nur Strom erzeugen, sondern im Winter auch selbstheizend sind und so eisfrei bleiben. Abgedeckt sind die hexagonalen Panele mit Temperglas, einem speziell behandelten Glas, das laut den Brusaws mehr als 113 Tonnen Gewicht aushalten soll. Für Fahrbahnmarkierungen sorgen LEDs, mit denen die Panele ausgestattet sind. Außerdem sollen am Rand Kabelkanäle verlaufen, die Panele sollen miteinander kommunizieren und auf diese Weise etwa Gefahren und querendes Wild anzeigen können. Klingt doch gut. Zu gut? ##Was ist dran an der Solarstraße? „Ich beobachte das Projekt schon seit Jahren, die beiden Erfinder sind ja recht hartnäckig“, erzählt Ronald Blab, Institutsvorstand am Institut für Straßenbau und Straßenerhaltung der TU Wien, „und die Idee klingt auf den ersten Blick auch wirklich bestechend.“ Und doch gibt es einige Bedenken, die Blab dem Projekt gegenüber hat. Verkehrsflächen seien generell die am meisten beanspruchten Konstruktionen im Immobilien- und infrastrukturellen Bereich – nicht nur durch den Verkehr selbst, sondern auch durch Witterung. Dementsprechend seien extrem beständige Materialien notwendig und diese seien – zumindest derzeit noch – sehr teuer und nicht massentauglich. „Es ist die Frage, ob man solche hochfesten Gläser, mit denen Solar Roadways arbeitet, in der Masse herstellen kann“, so Blab. Auch sei der Unterbau einer solchen Straße sehr aufwendig und teuer, damit das relativ spröde Material Glas nicht bricht. „Verkehrsflächen dienen außerdem dazu, den Verkehr aufzunehmen, Autos müssen Kräfte übertragen können, das bedeutet Reibung. Dazu ist eine hohe Griffigkeit notwendig, etwa um den Bremsweg zu gewährleisten. Man braucht Unebenheit, das heißt, eine Glasoberfläche muss mit Textur versehen werden“, erklärt Blab weiter. Durch Unebenheit und damit verbundene Reflexionsstrahlung büßten die Panele aber notwendigerweise Effizienz ein – die gerade im Photovoltaikbereich ohnehin schon nicht besonders hoch sei. Insgesamt ist Blab skeptisch, ob die Solar Roadways wirklich umsetzbar sind – ganz zu schweigen von wirtschaftlich. ##Erntezeit Straßen zur Energiegewinnung zu nutzen ist allerdings ein großes Thema. „Energy Havesting“ – Energie-Ernten – bezeichnet die Gewinnung von elektrischer Energie aus Quellen wie Umgebungstemperatur, Vibrationen oder Luftströmungen. Eines der alltäglichsten Beispiele sind wohl mechanische Armbanduhren, die durch die Bewegung des Handgelenkes angetrieben werden. Ein Ansatz, der beispielsweise von der niederländischen Universität von Twente gemeinsam mit dem Unternehmen Tauw untersucht wird, ist Piezoelektrizität. Der Piezo-Effekt bezeichnet die Entstehung von elektrischer Spannung durch die Verformung von Festkörpern. Auf einer niederländischen Autobahn wurde 2011 auf etwa 100 Metern eine Konstruktion installiert, die die Vibration von Fahrzeugen in Energie umwandeln sollte. Im Rahmen dieser Studie reichte die gewonnene Energie nicht für den Betrieb von Ampelanlagen oder Straßenbeleuchtung, aber beispielweise für den Betrieb von Bewegungssensoren, die Signale an Ampelanlagen senden. Auch ist die Menge der gewonnenen Energie vom Verkehrsaufkommen abhängig. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das EU-geförderte Projekt Poweramp, bei dem im wesentlichen Temposchwellen die kinetische Energie von bremsenden oder bergab fahrenden Autos in elektrische Energie umwandeln. Wenn ein Fahrzeug die Schwelle passiert, wird ein Generator aktiviert, der Strom produziert. Die Höhe der Schwelle ist dabei variabel und wird an die Geschwindigkeit der Fahrzeuge angepasst, um das Fahren nicht zu beeinträchtigen. Eine weitere Möglichkeit, mit der sich auch Ronald Blab beschäftigt, ist oberflächennahe Geothermie. Durch eine Wärmepumpe kann dem Asphalt im Sommer Hitze entzogen werden. „Dadurch würde es in der Stadt nicht so heiß und der Asphalt würde sich weniger verformen, wodurch seine Lebensdauer verlängert wird“, erklärt Blab. „Im Winter wäre das Umgekehrte möglich und gespeicherte Wärme kann dem Asphalt aus dem Untergrund zugeführt werden. So wären die Straßen eisfrei, was wiederum deutlich weniger Winterdienst bedeutet.“ Blab ist überzeugt, dass eine solche geothermische Herangehensweise auch für die Immobilienbranche zu den attraktivsten Umsetzungsmöglichkeiten zählt – etwa für Parkplätze von großen Einkaufszentren. All diese Konzepte sind derzeit Gegenstand der Forschung, auch wenn die Umsetzung in einigen Fällen bestimmt noch Zukunftsmusik ist. Blab: „Forschung bedeutet auch, Ideen zu verfolgen, die derzeit noch nicht wirtschaftlich sind – denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können sich ändern.“ «
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. Oktober 2014 - zuletzt bearbeitet am 14. August 2025


BW
AutorBarbara Wallner
Tags
Innovation
Markt
Forum Zukunft Immobilie
Wissenschaft
Infrastruktur
Photovoltaik
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Energy Harvesting

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