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Las Vegas, Las Vegas

Was Retailer von Las Vegas lernen können – und sollten. Wenn man von der Spielsucht geplagt ist, nimmt man offenbar alles in Kauf, um seine Sucht auszuleben. Anders ist der Erfolg von Las Vegas wohl nicht erklärbar. Sehr viel unwirtlicher kann eine Gegend nämlich nicht mehr sein. Die Wüste heizt entweder die Luft unerträglich auf oder der Wüstenwind (und manchmal, aber eher selten auch Sturm) bläst den feinen rötlichen Sand in die Stadt – oder beides gleichzeitig. Dazu tierische Wüstenbewohner, die der Gesundheit der Menschen nicht unbedingt zuträglich sind und sich auch heute noch gerne in die billigen (und für die großteils schlecht verdienenden Angestellten hier gerade noch leistbaren) Wohnhäuser aus Holz – eigentlich bessere Holzhütten mit Klimaanlage – am Stadtrand einschleichen – ab und an mit letalem Endergebnis für die menschlichen Bewohner. Davon freilich bekommen die jährlich 30 Millionen Besucher von Las Vegas nichts mit. 87 Prozent davon sind Spieler und sie tun dies im Schnitt mindestens vier Stunden am Tag an über 4.000 Spieltischen oder 130.000 Automaten. Zum Vergleich: derzeit gibt es 120.000 Hotelbetten in der Stadt, also knapp doppelt so viel wie in New York beispielsweise. So recht klingelt der Dollar freilich nicht mehr in den Kassen. 2010 wurde immerhin noch um rund sechs Milliarden Dollar gespielt, zuletzt waren es nur noch 4,5 Milliarden Dollar – bei in etwa gleichem Aufwand für die großen Hotels, die gleichzeitig auch die führenden Casinos hier sind. Das ist ein Problem, das die bisher erfolgsverwöhnten Casinohotelbetreiber so nicht kannten. Mit gutem Grund stehen 18 der 20 größten Hotels der Welt in Las Vegas, darunter die beiden größten: Venetian (6.000 Betten) und MGM Grand (5.005 Betten). Und das bei nahezu unverändert hohen Auslastungszahlen von ca. 90 Prozent. ##Aber was hilft das? Die nahezu einzige Gewinnquelle für alle hier sind die Spielereinsätze, die eben nur zu einem kleinen Teil wieder als Gewinne ausgeschüttet werden. 60 Prozent der Spielereinsätze werden üblicherweise als Gewinne bei Casinoautomaten ausgeschüttet (so schreibt es beispielsweise auch in Deutschland das Bundesgesetz vor). In Las Vegas gibt es jedoch die goldene Regel: Wer das Gold hat, macht die Regeln. Und das Gold haben nun einmal – fast ausschließlich – die Casinohotels. Der Bau eines weiteren Megacasinos am Strip wurde von heute auf morgen gestoppt. Ein fast schon gespenstischer Anblick, der sich da schräg gegenüber des luxuriösen Wynns und unweit des Treasure-Islands-Hotels abzeichnet: Die Stahlträger auf dem weitflächigen Gelände sind schon weitgehend hochgezogen, nur Baumaschinen und Arbeiter sind abgezogen – und bleiben es auch. Hunderte drei bis fünf Meter hohe Bäume in riesigen Pflanztrögen verdorren bereits und werden zwischenzeitig zusammengeschnitten. Eine klassische Firmenpleite, wie sie in den USA üblich ist, aber bisher nicht in Las Vegas. Da passt übrigens auch ein anderes geplantes Monsterhotel am Strip ins Bild: Das großteils im Rohbau fertiggestellte Gebäude versinkt aufgrund falscher Bodenstatik im Wüstensand am Strip. ##Ein symbolträchtiges Bild Der goldene Glanz verblasste in den letzten Jahren. Bedingt durch die Wirtschaftskrise in den USA zeigten sich die Spieler geiziger, die Gewinne der Casino aus dem Spielbetrieb sackten ein. Und zwar dermaßen, dass Quersubventionen für Hotelbetrieb, Shows und Gastronomie in dieser Art nicht mehr zu tragen waren. Das hatte in den letzten Jahren mehrere Konsequenzen. Die mehrere hundert Millionen teuren neuen Hotelprojekte blieben in der Schublade, aber – und hier schließt sich jetzt der Kreis zu den europäischen Shoppingcenterbetreibern – das Geschäftsmodell änderte sich grundlegend. Begonnen hat dieser Trend im in die Jahre gekommenen Circus-Circus-Hotel. Hier wurde eines der teuersten (und angeblich besten) Steakhäuser des Westens der USA etabliert, zwischenzeitig werden die Tische fünfmal am Tag gedreht, manchmal sogar sechsmal und der Durchschnittsumsatz pro Gast erreicht knapp unter 200 Dollar. Für diesen Betrag hätte früher eine ganze Autobusladung an Menschen in Las Vegas satt werden können. Seither sind in Las Vegas mehrere Dutzend teurer Luxusrestaurants entstanden, die nach anfänglicher Skepsis (kein Wunder, muss man doch an weniger hochklassiger Las-Vegas-Casinoatmosphäre vorbei, um ins Top-Lokal zu kommen) zwischenzeitig absolute Renner geworden sind. Anstelle hundert Prozent der Gewinne aus den Spielereinsätzen zu generieren, wird die „Last des Gewinnerzielens“ zwischenzeitig auf viele Profit-Centers aufgeteilt: Teure Restaurants, die Gewinne abliefern, statt ein Kostenfaktor zu sein, andere Entertainmentangebote wie Shows mit weit teureren Karten als früher, Sky-diver-Anlagen (wo man mittels Druckluft quasi schwerelos im Raum schweben kann) und andere Entertainment-Angebote verdienen zwischenzeitig zusammengerechnet fast 50 Prozent der früheren Gewinne aus den Spielereinsätzen. Ein immer bedeutender werdender Gewinnfaktor ist für die großen Casinohotels die Vermietung von Geschäftsflächen. Es gibt de facto keine Luxusmarke der Welt von Bedeutung, die in Las Vegas nicht mindestens einen, in der Regel aber viele Flagship-Stores betreibt. Und die Mieten sind horrend, höher als in teuerster New Yorker Lage – aber auf keiner Statistik zu finden, da innerhalb von Hotelanlagen und ohnedies nie am Markt. Zusammen mit der Umsatzbeteiligung (die Quadratmeterumsätze liegen großteils deutlich über den vergleichbaren in New York) liefern die Umsätze aus Vermietung und Verpachtung zwischenzeitig einen messbaren Beitrag zum Hotelcasino-Ergebnis: In der Regel zehn bis 25 Prozent, je nach Hotelpositionierung. In der Tat hat sich in Las Vegas in den zurückliegenden vieles, aus geschäftlicher Sicht fast alles geändert. Auch wenn man das auf den ersten Anschein von Las Vegas mit seinen nach wie vor Milliarden an LED-Leuchten, Wasserfontänen und Soundsystemen so nicht erahne würde. Das Spielerparadies ist auf schnellem Weg zu einem Freizeitparadies mit Shoppen, Entertainment für Erwachsene und zunehmend auch Kinder (war früher ein No-Go in Las Vegas), ja sogar mit Zweitwohnungen und vielem mehr geworden. „Wir sind schon lange keine Spielerhölle mehr, sondern haben gelernt, alle Konsumenten anzusprechen. Wenn jemand nicht spielen will, ist das auch okay. Wir holen alle unsere Kunden – und jeder Amerikaner ist unser Kunde – da ab, wo sie stehen, und haben für alle ein einzigartiges Angebot. Und für Europäer gilt das natürlich auch“, sagt Roy Federsin, einer der Business Development CEOs in Las Vegas. Alles für alle – das ist in Zeiten der kleiner werdenden Kuchen, die zu verteilen sind, die neue Devise. Die Grenzen zwischen Retail, Gastronomie, Museum (auch die gibt es neuerdings in Las Vegas in nicht zu unterschätzender Qualität), Familiy- und Erwachsenen-Entertainment sind verschwunden. Und es gibt auch keine Berührungsängste zwischen Luxusgastronomie und dem Hotdog für einen Dollar am Spielautomaten. Für Europäer, die eher in „traditionellen“ Grenzen und Erwartungshaltungen verankert sind, mag das, was derzeit in Las Vegas abgeht, definitiv ein oder zwei Schritte zu weit sein. Aber es ist eine Richtung, in die zu gehen es sich auch hierzulande lohnt zu gehen. So wie das momentan ein Early Bird in Belgien bereits vormacht. Der Developer und Investor Uplace hat sich die Fusion von Entertainmentpark und ernsthaftem Shoppingcenter auf die Fahnen geschrieben. Auch wenn der Start etwas länger gedauert hat, als ursächlich geplant, und der europaweit Roll-out dieses Konzeptes vorerst nicht auf Schiene ist, die Richtung stimmt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das neue Las-Vegas-Geschäftsmodell auch bei uns angekommen ist. «
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 03. November 2014 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorGerhard Rodler aus Las Vegas
Tags
International
Retail
Markt
USA
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Casino

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