Leben in der relativen Dimension

Wie sieht das Wohnen der Zukunft aus? Glauben wir Science-Fiction-Filmen wie "Das fünfte Element", werden wir in ferner Zukunft in multifunktionalen Hightech-Klappsärgen unser (Privat-)Leben verbringen - so mikro, wie es nur geht. Ich persönlich ziehe eine positivere, wenn auch unrealistischere Zukunfts-Wohnperspektive vor: die des einen, des kultigen, des Doctors. Doctor Who? Sie sagen es. Sie wirkt etwas fremdartig im modernen London, die kleine, dunkelblaue Telefonzelle mit der Aufschrift "Police Box". Eigentlich sollte sie sich tarnen, erklärt der nicht weniger eigentümliche Gentleman, dem sie gehört, aber irgendwann in den Sechzigern sei der "Chamäleon Schlatkreis", der dafür zuständig ist, kaputtgegangen. Es handelt sich um die TARDIS, mit Sicherheit eines der berühmtesten Raumschiffe der Science-Fiction-Geschichte und wichtigstes Requisit einer der berühmtesten Science-Fiction-Serien: Doctor Who. Als Rose, die erste Gefährtin des Doctors in der Neuauflage, das unscheinbare Notrufhäuschen betritt, werden ihre Augen groß: Sie sieht einen riesigen futuristischen Kontrollraum voller Schaltpaneele, gegen den die Brücke der Enterprise fast ein wenig bescheiden wirkt. Und das ist noch nicht alles: Die Tardis verfügt über einen weiteren dieser Kontrollräume, Wohnräume, eine Kunstgalerie, ein Bad mit Pool, eine Krankenstation, Lagerflächen und natürlich eine Unzahl von Gängen und Korridoren. Wie ist das möglich? TARDIS, das steht für "Time And Relative Dimension(s) In Space" (Zeit und relative Dimension(en) im Raum). Ein Schiff, das eine Seele besitzt und sich in Zeit und Raum frei bewegen kann, ist eben nicht an dieselben Einschränkungen gebunden wie wir armen Erdlinge, die wir in der Zeit nur in eine Richtung reisen können und da auch nicht schneller als 60 Minuten pro Stunde. Doch geben wir uns eine Minute dieser Vorstellung hin, die so manchem Protagonisten der Immobilienbranche wohl die Schweißperlen auf die Stirn treiben wird: nie wieder Quadratmeterpreise! Keine Planung und Entwicklung, keine Grundrisse, aber auch keine Einschränkung für die Fantasie der Innenarchitekten und Möbeldesigner! Wir alle hätten gleich viel Wohnraum: Unmengen. Denn wenn die Größe der TARDIS nicht unendlich sein dürfte, so verfügt sie doch über mehr als genug Platz. Das Platzproblem im urbanen Raum wäre gelöst, denn jeder von uns könnte sich guten Gewissens mit einer Telefonzelle begnügen. Leitbares Wohnen? Kein Problem, die Politik darf aufatmen, und sich auf die Suche nach einem neuen Wahlkampfthema machen. Wie sieht es denn aber mit den Errichtungskosten aus? TARDIS werden nicht errichtet - sie werden gezüchtet. Ihre Energie beziehen sie aus dem künstlichen schwarzen Loch in ihrem Inneren sowie - kein Witz - "aus dem Universum". Und Freiflächen? Wer braucht schon Balkon und Terrasse, wenn er das Eigenheim einfach schnell in den Wald versetzen kann? Vielleicht gleich in den Urwald. Wohnhausanlagen müssten eigentlich nur noch als Park-and-Ride-Anlagen für TARDISse (sic!) fungieren. Eine Vorstellung, die in erster Linie Fiction ist und die Science wohl eher außer Acht lässt. Aber man wird ja noch träumen dürfen.