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Marke, Marke, Marke
Wird „Marke, Marke, Marke“ bald „Lage, Lage, Lage“ als Credo der Immobilienwirtschaft ablösen? ein Gespräch voller Emotion.
Unter der Überschrift „Faktoren einer erfolgreichen Standortentwicklung“ fanden sich am 22. Mai fünf Diskutanten zum Round Table in der epmedia Werbeagentur im Millennium Tower zusammen. Geleitet wurde die Gesprächsrunde von Immobilien-Magazin-Chefredakteur Gerhard Rodler. Bald kam man allerdings überein, dass es im Wesentlichen ein Faktor ist, der in seinen verschiedenen Facetten unverzichtbar für den Erfolg eines Immobilienprojektes ist: Marketing. Ein Faktor allerdings, der gerade in der Immobilienbranchenochsehrstiefmütterlich behandelt wird, weiß Johannes Eisert, der gemeinsam mit Ewald Stückler die Gesprächsrunde initiierte.
Eines der wesentlichen Probleme sei das fehlende Verständnis dafür, dass Marketing sehr viel mehr ist als schö- ne Folder und Prospekte: „Das Thema Marke und Markenschaffung – und damit verbunden auch das Schaffen von Emotionen durch eine Marke – hat sich bisher leider überhaupt nicht durchgesetzt. Wir sprechen ja hier nicht nur von Bildern und Logos, sondern auch und vor allem von Menschen. Man muss sich einfach die Frage stellen: Wer soll das kaufen? Wer ist meine Zielgruppe?“ Was die Marke aus einer Immobilie machen kann, bringt Andreas Köttl mit einer einfachen Gleichung auf den Punkt: „Gebäude plus Marke ist Produkt – Produkt ist zielgruppenorientiertes Denken.“ Der Name – die Marke, so sie richtig gewählt und kommuniziert wird – stehe dabei für sich selbst, unabhängig vom Gebäude, und beinhalte auch Dinge wie Lage, Ausstattung, Blick – und eben Emotion.
## Hard Facts sind Pflicht – Emotion ist Kür
Dass das Verständnis einer Zielgruppe – und damit verbunden die Wichtigkeit von Emotion – in der nach wie vor technisch orientierten Immobilienbranche zumeist fehlt, weiß Eisert aus eigener leidvoller Erfahrung. So stünden bei Briefings oftmals die reinen technischen Fakten im Vordergrund und nicht das notwendige Rundherum: „Wer bewegt sich dort? Wer wohnt dort? Man sollte vor Ort die Emotion spüren und diese dann im Briefing weitergeben.“ Allerdings müsse man auch Ehrlichkeit sich selbst gegenüber beweisen, meint Eisert – so entspreche die tatsächliche Zielgruppe nicht immer der Wunschvorstellung.
Auch Ewald Stückler leidet ein wenig unter der Gewaltherrschaft der Hard Facts: „Bei Präsentationen wird oft viel zu früh von den reinen Hard Facts gesprochen: Ich habe dieses und jenes Zertifikat. Ich habe einen dreifach durchlüfteten Doppelboden. Das ist gut und schön zu haben – aber die erste Entscheidung ist immer eine emotionale.“ In der Präsentation des Objektes habe der Entwickler eine einzige Chance, seine Immobilie optimal zu präsentieren – und ausschlaggebend seien dabei keineswegs technische Details. Diese würden ohnehin vorausgesetzt. Scheitern würde ein solches Unterfangen dann oftmals am falschen Team hinter dem Projekt. „Oft sind die falschen Player im Team – und spielen das falsche Spiel. Dann ist man am Fußballplatz und spielt Handball – das funktioniert nicht.“ Als durchaus emotionsaffiner Teamspieler präsentiert sich hier auch Andreas Köttl: „Unser Vorteil ist, dass wir als Team voll emotional hinter dem Projekt stehen.“
## Nachhaltige Markenplanung
Dass Marken nicht nur schnellen Verkauf ermöglichen, sondern weit darüber hinaus wirksam sein können, ist Ingo Bischofs Erfahrung: „Die Aufrechterhaltung der Marke wird dann interessant, wenn der erste Zyklus der Vollvermietung seinem Ende zugeht.“ Meist würde dann eine Restrukturierung durchgeführt, neue Mieter müssten gefunden werden. Dann sei es gut, wenn die Marke noch Bestand hat. Leider sei aber auch diese Erkenntnis noch nicht durchgedrungen: „Erhaltung der Marke ist etwas, was vielen Verwaltern – und viele verwalten ja tatsächlich nur – nicht naheliegt, weil es nicht ihr ureigenstes Geschäft ist, echtes Marketing für Immobilien zu betreiben.“ Eine gefährlich kurzsichtige Herangehensweise, schließlich erleichtere Marketing auch die Verwaltung: Diese würde nämlich dann leicht, wenn Gebäude Ertrag abwerfe, also wenn es voll ist. Gutes Marketing helfe, die Zyklen der Vermietung im Griff zu haben.
Dass dieses Prinzip auch und gerade auf den Wohnbereich zutrifft, weiß Martin Müller. Geringere Werbebudgets machen hier eine nachhaltigere Markenplanung notwendig. „Wenn ein Mieter auszieht, muss es die Marke noch geben. Das wird bei klassischen Wohnprojekten oft vergessen.“ JP Immobilien wählt dabei sehr genau aus, welche Projekte unter der Marke JP laufen werden und für welche eine eigene Marke kreiert wird: „Die Standardprodukte – wie etwa Vorsorgewohnungen – laufen unter der Marke JP. Für Luxus- und Premiumprodukte wird meist eine eigene Marke gefunden und diese dann von A bis Z durchgespielt.“ Schließlich gehe die Marke beim Verkauf mitsamt dem Objekt an den neuen Eigentümer über. Gerade deshalb sei es bei bestimmten Projekten sinnvoll und notwendig, eigene Marken dafür zu kreieren, bei denen nicht das Unternehmen selbst im Vordergrund steht, „weil es das Produkt ist, womit sich der Kunde jahrzehntelang beschäftigt.“
## Henne oder Ei? Marke oder Produkt?
Es ist die ewige Frage: Was kommt zuerst? Wie bringt man Marke und Projekt ideal in Einklang? In der Immobilienwirtschaft war die bisherige Strategie sehr eindeutig: Entwickeln – Bauen – Marke draufkleben. Einen ganz anderen Weg gehen Andreas Köttl, also die IC Projektentwicklung, mit dem Viertel Zwei und Martin Müller und JP Immobilien.
„Wir sind mittlerweile aber so weit, dass wir zuerst eine Marke definieren und dann erst das Architektenbriefing abhalten“, erzählt Müller. Diese neue Herangehensweise ist eine Premiere für JP Immobilien. Geplant sei das für ein Projekt in Cottagelage, man sei schon sehr gespannt auf den Erfolg. Gerade im Wohnbereich, wo die Werbebudgets auch um vieles kleiner seien als bei Gewerbeprojekten. Für eine Verschränkung der Entwicklung von Marke und Produkt plä- diert Andreas Köttl: „Man muss die Marke parallel zum Inhalt schaffen, nicht das eine hinter dem anderen.“ Werde das allerdings richtig umgesetzt, verschwimmt auch die Grenze zwischen Hard und Soft Facts – so werden Marketing-Vorteile auch von den Kunden in die eigene Kalkulation miteinbezogen, wie etwa der See des Viertel Zwei. Denn eines ist klar – bei Verhandlungen mit Investoren tritt die Emotion hinter das Kalkül zurück.
## Auch die Politik in der Verantwortung
Nicht nur objektbezogenes Marketing ist essentiell, ist man sich einig – auch Standortmarketing spielt eine wesentliche Rolle für die Immobilienbranche. In Österreich – und hier natürlich in erster Linie in Wien – gilt das vor allem für den Gewerbebereich. „Es gibt hier einfach eine riesige Schere zwischen Mozartkugel und Wirtschaftsstandort“, bringt Johannes Eisert die Problematik auf den Punkt. Denn obwohl die „Mozartkugel“ nicht nur tatsächlich in aller Munde sei, fehlt dem Wirtschaftsstandort Wien das richtige Marketing, um Investoren auf den Geschmack zu bringen. Denn an der Qualität der Immobilien selbst liege es nicht, ebenso wenig wie an der Wiener Lebensqualität. All das sei da – nun liege es an der Politik, diese Fakten durch richtiges Marketing zu verkaufen und so einen Mehrwert für Immobilien zu schaffen, denn „Google macht derzeit kein neues Headquarter bei uns auf“, meint Ewald Stückler ebenso trocken wie treffend. Veranstaltungen wie die Mipim würden von der Wiener Politik schmählich vernachlässigt, ein Faktum, unter dem vor allem der Bereich der Gewerbeimmobilien zu leiden hat. Was sich schließlich auch wieder auf den Wohnungsmarkt auswirken wird, denn: wo keine Arbeitsplätze, da kein Wohnbedarf.
In jedem Fall aber kam man überein, dass vom Entwickler über den Makler bis hin zur Politik jeder der Protagonisten einen Bestandteil für den Gesamterfolg darstellt. Nun bleibt es abzuwarten, ob sich diese Erkenntnisse durchsetzen werden und – wer weiß – Wien vielleicht doch einmal Google beherbergen wird. «
„Nicht nur die Standortplanung, sondern auch das Standortbranding ist wichtig.“ - Ewald Stückler
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AutorBarbara Wallner
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