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Mit Mut zur Veränderung
"Breaking the Frame" ist der Leitsatz von Thomas G. Winkler und im Laufe seiner Karriere hat der UBM-CEO schon bei einigen Unternehmen versucht, die Rahmen zu sprengen.
Schwarze Schwäne kann man nicht vorhersagen. Diesen Satz sagte Thomas G. Winkler in einem Interview, kurz bevor die ersten Corona-Fälle in Österreich bekannt wurden. Ende April 2020 trat er dann, bereits virtuell, vor die Presse und verkündete, dass sich die UBM ein Stück neu erfinden müsse und, dass der größte Hotelentwickler Europas aus der Assetklasse Hotel aussteigen wird. Viele waren damals von der schnellen und konsequenten Reaktion überrascht. Analytisches Denken, klare Vorgaben sowie viel Mut zur Veränderung. Das sind die Eigenschaften, die sich der Kapitalmarktprofi im Laufe seiner Karriere angeeignet hat.
"Drei Erlebnisse haben mein Leben stark geprägt", erzählt Winkler. Das erste war das frühe Ableben seines Vaters. Eigentlich wollte der gebürtige Salzburger Architektur studieren, aufgrund des tragischen Ereignisses kam es aber anders. "Ich war das Älteste von drei Kindern und nach dem Tod meines Vaters wollte ich deswegen schon während meiner Militärzeit etwas Sinnvolles machen." Etwas Sinnvolles, das war für den Anwaltssohn ein Jus-Studium. Entgegen kam ihm, dass der Oberleutnant, bei dem Winkler den Präsenzdienst ableistete, mit dem Studium der Rechtswissenschaften begonnen hatte. "Ich bin für ihn auf die Universität gegangen und habe die Unterlagen mitgenommen. So konnte ich bereits während meines Präsenzdienstes mit dem Studium beginnen und ich hatte meinen ersten Studienabschnitt schneller als meine Schulkollegen, die nicht beim Bundesheer waren", erzählt Winkler, der als Gegenleistung für seine Freiheiten der militärischen Fünfkampf-Mannschaft beigetreten ist.
##Ein Jahr Südafrika
Bereits in Studienzeiten zog es Winkler ins Ausland. Die Wahl fiel auf die University of Capetown, obwohl er auch ein Fullbright Stipendium, eines der prestigeträchtigsten Stipendienprogramme der Welt, in den USA angeboten bekommen hatte. "Der Grund, warum ich nach Südafrika gegangen bin, war, dass sie sich sehr um mich bemüht haben. Das zieht sich ein wenig wie ein roter Faden durch mein Leben", so Winkler.
Der einjährige Aufenthalt in dem damals 1986 krisengebeutelten Land war das zweite prägende Ereignis im Leben von Thomas G. Winkler. "Damals wurde von dem Apartheids-Regime für ein halbes Jahr der Ausnahmezustand ausgerufen, weil sich der blutig niedergeschlagene Aufstand in Soweto zum zehnten Mal gejährt hatte", erzählt er. Winkler sah, wie Demonstranten am Universitätscampus, der durch eine Autobahn zweigeteilt war, festgenommen wurden. "Wenn die Demonstranten vom oberen zum unteren Campusteil marschiert sind, mussten sie unter der Autobahn durch. Dieser Teil gehörte aber nicht zum Universitätsgelände und so wurden sie genau dort festgenommen. Für mich war das eine sehr interessante und prägende Zeit", erinnert sich Winkler.
Nach den Eindrücken in Südafrika schien es dem nun fertigen Juristen nicht mehr erstrebenswert als Anwalt in der Stadt Salzburg zu beginnen. Winkler suchte deswegen Alternativen und wurde auf eine Coverstory eines Magazins aufmerksam. "Die Zeitschrift Gewinn titelte damals mit den 100 besten Jobs Österreichs und veröffentlichte auch die Adressen, an die man den Lebenslauf schicken konnte. Ich habe mich so bei der Girozentrale, die später in der Erste Bank aufgegangen ist, beworben, weil deren Traineeprogramm einen ausgezeichneten Ruf hatte", erzählt Winkler.
Nach der erfolgreichen Bewerbung begann Winkler in der internationalen Finanzierungsabteilung. "Aufgrund meiner Englischkenntnisse und meines juristischen Hintergrundes konnte ich schon bald bei den ersten Transaktionen mitmachen", so der UBM-CEO. Seine erste war ein Hong Kong-leveraged-leasing-Produkt für die Lauda Air. "Damit konnte man ein Flugzeug legal zwei Mal abschreiben, einmal in Österreich und ein weiteres Mal in Hong Kong", erklärt der Finanzprofi das Modell.
##Prägende Jahre bei Maculan
Später bekam Winkler das Angebot, als Assistent des Vorstandvorsitzenden zu arbeiten. Doch der damals junge Jurist lehnte ab und wechselte lieber zum Bauunternehmer Maculan, zur Verwunderung seines damaligen Freundeskreises. "Die konnten gar nicht verstehen, warum ich meinen Job bei einer feinen Bank gegen eine Anstellung bei einer Baufirma wechseln wollte. Aber ich war nicht mehr glücklich dort und ein Freund meines Vaters empfahl mir mich mit Alexander Maculan zu treffen, der damals an die Börse gehen wollte." Für Winkler war Maculan von Anfang an eine faszinierende Persönlichkeit. "Er war ein Visionär und ist früh nach Osteuropa gegangen. Zudem hatte er auch immer die Idee des Teilens zugunsten von Wachstum gehabt. Damals gab es nur wenige Unternehmerpersönlichkeiten in Österreich. Maculan war einer von ihnen", streut Winkler seinem ehemaligen Chef Blumen. Mitentscheidend für den Wechsel war eine Aussage von Maculan. "Er sagte zu mir, dass eine Bank gewinnt, wenn sie zuwartet, aber ein Unternehmer gewinnt immer nur dann, wenn er unternimmt", erinnert sich Winkler.
Über sechs Jahre arbeitete er für Maculan als Sprecher und Head of Investor Relations. Er erlebte das große Wachstum des Unternehmens und schlussendlich auch den tiefen Fall, den Winkler heute als sein drittes prägendes Ereignis in seinem Leben nennt: "Für mich war das ein fast schon traumatisches Erlebnis. Ein so charismatischer Unternehmer voller Ideen, der mit seinem eigenen Geld hinter dem Unternehmen stand. Ich konnte gar nicht glauben, dass das daneben gehen kann." Eine schwierige Zeit, die auch ausschlaggebend dafür war, dass Winkler das Risikomanagement als eine seiner Kernkompetenzen einschätzt. Seine Tätigkeit bei Maculan bereut Winkler aber nicht, im Gegenteil. "Eigentlich muss man zynisch sagen, dass man jedem so eine Erfahrung empfehlen kann. Das Gute bei mir war auch, dass ich mit Anfang 30 noch jung war und so die Erfahrung für mein weiteres berufliches Leben nutzen konnte."
Nach der Pleite von Maculan dockte Winkler 1996 bei Magna an, die einen Börsengang für die Europaaktivitäten geplant hatte. "Das hat sich lange hingezogen und schließlich hat man entschieden die Technologiesparten einzeln an die Börse zu bringen", erzählt Winkler. Winkler kam in ein kleines Team, das von Sigi Wolf geführt und die Übernahme von Steyr-Daimler-Puch umsetzen sollte. Winkler hat auch Frank Stronach als eine faszinierende Persönlichkeit kennengelernt. "Noch heute habe ich in meinen Akten einen Zettel, auf dem er mir mit einem roten Filzstift seine Arbeitsphilosophie und seinen partizipativen Führungsstil nähergebracht hat. Er sagte zu mir, dass er das Michail Gorbatschow genau so erklärt habe", erzählt Winkler.
1998 zog es Thomas G. Winkler wieder ins Ausland zur Deutschen Telekom in Bonn, bei der er als Head of Investor Relations begann. "Die France Telekom hat an der Börse geboomt, aber die Deutsche Telekom-Aktie hat sich nicht und nicht bewegt. Sie hatte damals mehrere Investor Relations-Leiter innerhalb von zweieinhalb Jahren verbraucht. Ich glaube, dass sie bereits alle deutschen Kapitalmarktspezialisten abgeklappert hatten. Deswegen mussten sie nach Österreich und in die Schweiz ausweichen", vermutet Winkler, der damals auch bei der Übernahme der amerikanischen Voicestream beteiligt war, der heutigen T-Mobile USA. Später wurde er CFO der T-Mobile weltweit und arbeitete auch in Seattle. "Der Vorteil war, dass ich als Aufsichtsrat der T-Mobile Österreich auch weiterhin in meiner Heimat sein konnte", erzählt Winkler. Nach sechs Jahren in der Position wäre Winkler gerne auch Finanzvorstand der Deutschen Telekom geworden. Doch das hat dann nicht funktioniert.
##Sanierung in Russland
Der ehemalige CEO der Deutschen Telekom Ron Sommer überredete ihn dann 2009 ihn zum größten Mobilfunkanbieter Russlands, der Sistema, zu begleiten. Der damalige Starmanager Sommer brauchte noch jemand für das Zahlenwerk. "Mich freut es immer sehr, wenn ehemalige Arbeitgeber mir später wieder einen Job anbieten. Das ist ein Zeichen, dass man nicht unbedingt alles falsch gemacht haben kann", meint Winkler. Die Aufgabe bei der Sistema war keine einfache. "Die Mobilfunktochter MTS hatte nach der Lehmann-Pleite aufgrund einer Expansion nach Indien eine Burn Rate von 45 Millionen Dollar im Monat. Das war sogar für ein Unternehmen wie die Sistema, ein Milliardenkonzern, der in London an der Börse notierte, zu viel", erklärt Winkler, dem Russland als ein faszinierendes Land in Erinnerung geblieben ist. "Die russische Seele ist einem Österreicher sehr vertraut", meint er.
2010 zog es Winkler wieder zurück nach Österreich und da kam es sehr gelegen, dass ein Headhunter ihm den Posten des CFOs bei der Lenzing AG anbot. "Lenzing hat einen international ausgerichteten, strategisch denkenden Finanzvorstand gesucht und ich wollte damals mit Ende vierzig unbedingt für meine zweite berufliche Lebensphase zurück nach Österreich", erzählt Winkler. Lenzing war schon lange an der Börse, hatte aber damals nur einen minimalen Streubesitz.
"2011 haben wir dann den Re-IPO gemacht und einen Streubesitz von über 30 Prozent hergestellt", erzählt Winkler, der die Lenzing AG als Hidden Champion tituliert. Lenzing war schon damals Weltmarktführer für Viskosefasern und das einzige Unternehmen weltweit, dass die Textilfaser Tencel industriell herstellen konnte. Lenzing konnte unter CFO Winkler die Produktion fast verdoppeln und in Lenzing wurde der Grundstein für ein riesiges Tencel-Werk gelegt. Zudem expandierte das Unternehmen damals weiter nach Indonesien.
##One Goal, One Team and One Company
Nach Aufischtstätigkeiten für die ÖIAG (heut ÖBAG) und einem kurzen Intermezzo beim russischen Ölkonzern Bashneft, der verstaatlicht wurde, kam dann der Wechsel zur UBM, die einen Generationswechsel beim Vorstand vollzogen hatte. "Die UBM stand damals etwas im Schatten der Porr und Herr Strauss hat damals entschieden, dass Bauen und Development nicht unter einem Dach sein sollten. Er wollte die UBM zu einem wirklich eigenständigen Unternehmen machen, das sich auch allein an der Börse behaupten kann", erinnert sich Winkler. "Die UBM war damals nicht die eine UBM. Sie war ein Zusammenschluss der Developmentaktivitäten der Porr und von Strauss & Partner in Österreich, der Münchner Grund in Deutschland, der UBM Polska und so weiter. Das waren sehr selbstständige Unternehmen, die zwar in ihrem jeweiligen Markt bekannt waren, aber nicht als Gruppe wahrgenommen wurden. Das kam von der historischen Entwicklung des Unternehmens", erzählt Winkler, dessen damaligen Plan man mit "One Goal, One Team and One Company", zusammenfassen kann. Das nächste Ziel von Winkler war die Fokussierung der Geschäftstätigkeit. "Die UBM hatte sich damals schon als Pure Play Developer bezeichnet. Aber es waren nur 46 Prozent der Geschäftstätigkeit im Development- Bereich und 54 Prozent waren Bestandsimmobilien. Der Anspruch hat eben noch nicht ganz gepasst. Heute sind wir bei 76 Prozent Developementtätigkeit", erklärt Winkler, der überzeugt ist, dass der Kapitalmarkt eine Fokussierung schätzt. "Aber nicht nur der Kapitalmarkt. Ich glaube, alle Stakeholder wollen ein klares Profil eines Unternehmens", ergänzt er.
Die nächste Aufgabe war es, sich von anderen Immobilienentwicklern zu differenzieren. "Wir haben uns überlegt, was unterscheidet die UBM von anderen Immobilienunternehmen? Es mag schon sein, dass die UBM bereits 2016 der größte Hotelentwickler Europas war, aber gewusst haben wir es nicht. Wir haben es jetzt uns auf unsere Fahnen geschrieben. Das hat dazu geführt, dass die UBM noch stärker auf Hotels ausgerichtet wurde, oder zumindest, dass wir weniger über die anderen Assetklassen sprachen."
##Neuerfindung
Mit der Corona-Krise kam dann die Neuerfindung der UBM. "Die Position, die wir eingenommen hatten, war angesichts der voraussichtlichen Entwicklung von Corona nicht mehr haltbar. Das Gute ist, dass wir als Unternehmen bereits Veränderungen gewohnt waren und in der Vergangenheit auch auf Cash und Nettoverschuldung geschaut haben", sieht Winkler die UBM gut gerüstet. Die UBM hat beschlossen, stark auf Wohnen zu setzen, denn das sei, so Winkler, eine risikoaverse Assetklasse. "Im vergangenen Jahr haben wir bereits 1.000 Wohnungen verkauft und wir haben immer noch 3.000 Wohnungen in der Pipeline für die kommenden vier Jahre", sieht Winkler positiv in die Zukunft. "Das Upside zu managen ist nicht nur angenehm, sondern auch einfach. Man muss aber immer das Downside managen können. Das ist es, was wir gebraucht haben", so der UBM-CEO.
Ein großes Zukunftsthema für Winkler ist die Nachhaltigkeit. "Wir wollen jetzt eine ganz rigorose Ausrichtung in diese Richtung und setzen dabei stark auf die Holzbauweise", erklärt er. Die UBM prüft nun bei jedem Projekt, ob eine Holzbauweise möglich ist. Der Druck der Immobilieninvestoren grün zu investieren, ist laut Winkler schon vor Corona gestiegen, aber die Pandemie habe so etwas wie einen Zeitraffer ausgelöst. Da passt es gut, wenn man in diesen Zeiten einen handlungsschnellen Vorstand und Aufsichtsrat hat, sodass die UBM - trotz eines schwarzen Schwanes - wieder schnell in ruhigeres Fahrwasser kommt.
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AutorStefan Posch
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