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Nachhaltigkeit versus Raumplanung

Recht: Gastbeitrag von Anela Blöch und Thomas Stadler

Nachwievor werden in Österreich täglich rund 12 Hektar Fläche neu versiegelt, wobei allein die Versiegelung mit Beton oder Asphalt rund 6 Hektar pro Tag ausmacht. Das von der Bundesregierung für 2030 definierte Nachhaltigkeitsziel von 2,5 Hektar pro Tag wirkt dabei sehr ambitioniert und wird wohl aus heutiger Sicht nur schwer zu erreichen sein. Denn die definierten Ziele eines nachhaltigen Bauens stoßen in Österreich oft auf die starren Vorgaben der örtlichen Raumplanung. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern verfügt Österreich weder über ein Bundesbaugesetz noch über ein Bundesraumordnungsgesetz. Diese föderale Vielfalt führt zu unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern, selbst bei der Farbwahl bei Bauplänen. Zudem müssen Baupläne immer noch meist in Papierform eingereicht werden, obwohl sie längst digital erstellt werden. Diese unvereinheitlichten Regelungen und die damit verbundenen ineffizienten Prozesse erschweren und verzögern bundesweite Maßnahmen erheblich. Um der täglichen Neuversiegelung von Flächen entgegenzuwirken, setzen Immobilienentwickler verstärkt auf sogenannte "Nachverdichtungsprojekte". Diese stoßen jedoch häufig an die Grenzen der städtebaulichen Überlegungen und politischen Vorgaben. Die Gemeinderäte entscheiden über Flächenwidmungs- und Bebauungspläne und bestimmen somit die Bebauungshöhe, die Quadratmeterzahl und die Anzahl der Wohneinheiten. Da es im Bereich der Raumplanung und über den Inhalt von Bebauungsplänen weder ein zugehöriges Rechtsmittel noch einen Rechtsanspruch der Bauwerber gibt, sind Immobilienentwicklern hier oftmals die Hände gebunden. In einigen Landeshauptstädten wurden bereits Nachverdichtungsprojekte, besonders in Kombination mit gefördertem Wohnbau, verhindert oder wirtschaftlich unattraktiv gemacht. Die lokalen Überlegungen stehen oft im Widerspruch mit den Ideen und Projekten, die notwendig sind, um die von der Bundesregierung definierten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Der Österreichische Gemeindebund hat den diesbezüglichen Handlungsbedarf erkannt und im April einen Entwurf für einen „Kommunalen Bodenschutzplan“ vorgestellt, welcher als "Werkzeugkoffer" für die österreichischen Gemeinden dienen soll. Der Entwurf enthält grundsätzlich viele gute Ansätze, um mit Boden sorgsam und verantwortungsvoll umzugehen, ist letztendlich aber zu wenig innovativ. Insbesondere bleibt unklar, wie die geplanten Punkte tatsächlich auf den Weg gebracht bzw umgesetzt werden können. Der Ruf nach einer einheitlichen Bau- und Raumplanungsordnung und weg von den Befindlichkeiten lokaler Baubehörden wird deshalb in der Baubranche immer lauter. Ziel muss es sein, einen einheitlichen gesetzlichen Rahmen für Nachverdichtung, Umbau oder schlicht dichteres Bauen zu schaffen. Um mutige und innovative Projekte umzusetzen zu können, die Österreich auch tatsächlich klimafit machen, wird man von jahrelang praktizierten Vorgaben ein Stück weit abgehen müssen. Es ist notwendig, dass Bauwerber und Eigentümer bei Ablehnungen von Bebauungsplanänderungen auch rechtliche Mittel zur Verfügung haben. Auch eine Transparenz bei Entscheidungen zu einzelnen Projektvorschlägen sowie Umwidmungsvorgängen wird unabkömmlich sein. Es muss klar sein, warum ein neu zu bauendes Gebäude eher verbreitert (und dadurch wiederum mehr Bodenfläche in Anspruch genommen wird) anstatt höher gebaut werden soll. Ohne einen offenen Diskurs bei neuen Projekten werden die Ziele der Bundesregierung nicht erreicht werden können.

© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 12. August 2024 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


AB
AutorAnela Blöch, Rechtsanwältin bei ATB.LAW und Thomas Stadler, Sachverständiger
Tags
Österreich

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