Peepshow ist überall

Einmal geht\'s noch, weil es in der zurückliegenden Ausgabe so schön war: Quergedanken über die schöne, neue Online-Welt. Und warum wir alle dafür vielleicht noch nicht reif sind. Wer glaubt, dass es reicht, das Mobiltelefon im Auto vor dem Haus zu lassen und alle Computer abzustecken und dann hat man in den eigenen vier Wänden das letzte Stückchen echte Privatheit, der irrt gewaltig. Zwischenzeitig kommen die teureren modernen Fernseher in überwiegender Zahl mit eingebauter Webcam und Mikrofon auf den Markt. Gelegentlich sieht man die kleinen Spionagetools gar nicht mehr, weil sie so schön unauffällig ins Gerätedesign integriert sind. Die Idee dahinter, die wir dazu geliefert bekommen: Damit kann man mit dem Fernseher problemlos Videokonferenzen machen und weil zwischenzeitig ohnedies schon jeder Computer auch ein vollwertiges TV-Gerät ist und (fast) jeder Fernseher eben auch schon ein Computer, war das eh nur der vorerst letzte logische Schluss. Was jeder, der sich mit dem Thema Daten beschäftigt, weiß, ist das: Wie schon das schicke iPhone auch kann auch der letzte Freund vereinsamter Hausmänner, der Fernseher, relativ einfach von außen bedient werden. Dazu braucht man keinen Kurs \"Online-Spionage für Anfänger\" beim NSA zu absolvieren. Kinderleicht bedienbare Spyprogramme, die die Kamera und das Mikrofon im Fernseher aktivieren. Und zwar so, dass das echt keiner merkt. Wohlgemerkt: Wer ein Smartphone (und dessen Apps) bedienen kann, der kann auch mit diesen Spyprogrammen umgehen. So einfach ist das. Und das Herunterladen der einschlägigen Software auch. Um es gleich vorwegzunehmen: Ich gehöre leider doch noch der Retro-Generation an, die das nicht kann (oder sich dafür zumindest nicht die dafür nötige Zeit nimmt), aber ich bin daneben gesessen, wie es einer gemacht hat, der alles andere als ein Software-Guru oder Internet-Junkie ist (aber einen gewissen Leidensdruck in Richtung privater Recherche hatte). Und siehe da: Ein, vielleicht drei Stunden später ist man zum Besuch im fremden (respektive in diesem Fall im eigenen) Wohnzimmer, wo man der untreuen Ehefrau beim Flirten zusehen darf. Um das jetzt noch ein wenig zu dramatisieren: Bei manchen Geräten soll es nicht mal etwas helfen, wenn man das Netzgerät zieht. So wie beim Smartphone sorgt eine eingebaute Pufferbatterie dafür, dass noch länger munter weiter zugesehen und zugehört werden darf. Oder andere machen mit ähnlichen Schadprogrammen Autotüren auf, schauen zu, wo der Herr XY gerade hinfährt, und hören via Freisprechanlage unauffällig beim Small Talk mit. Und wenn man so jemanden ärgern will, dreht man ihm vom Computer im Internet-Café den Motor einfach ab. (Der Herr XY darf dann auf einen Servicetechniker dieser Autofirma hoffen, der den Bug auf gleichem Weg wieder entfernt.) George Orwells \"Big Brother\" war dagegen ein Lercherlschaß ... Ist das alles wirklich so schlimm? Unser Freunde und Helfer von Diensten wie NSA sagen ja, dass ist alles zu unserem Schutz (so wie die Hersteller sagen, es dient nur unserer Convenience). Und überhaupt: Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten ...