Politisch korrekt war gestern

Es ist sexistisch, rassistisch, brutal und ohne jede Hemmung politisch inkorrekt. Trotzdem - oder deswegen - gehört Grand Theft Auto 5 zu den meistverkauften Videospielen aller Zeiten. Vor dem Spieler erhebt sich dabei eine scheinbar perfekt konstruierte Welt - Stadtplanung und Immobilienmarkt inklusive. Ich fahre den Del Perro Freeway entlang, der die Route 1 mit der Innenstadt von Los Santos, kurz LS, verbindet. Mein Panzerwagen ist arg mitgenommen, die Motorhaube blutig. Ich selbst sehe kaum besser aus, habe Schusswunden in Rücken und Brust. Mit Freunden habe ich gerade eine Gang um einige Kilo Koks erleichtert. Nun habe ich genug Geld, um ein Apartment zu kaufen. Immobilien spielen eine wesentliche Rolle in der virtuellen Welt von GTA Online, der Ode an die Freuden des Autodiebstahls. Denn nur wer über eine Garage verfügt, kann mehr als ein Auto haben. Und wer sich nicht auf kleine Diebstähle und Gangschießereien beschränken möchte, braucht einen Unterschlupf im High End Bereich - denn nur diese verfügen über einen Heist-Planning-Room, der für die Königsdisziplin nötig ist: den großen Raubüberfall. Ich zücke also mein Handy und begebe mich auf die Website von Dynasty8, dem Immobilienmakler von LS. "Nobody has ever lost money in real estate", verspricht man mir gleich auf der ersten Seite. Ich klicke mich durch die Objekte - insgesamt 83 gibt es zu kaufen, von 25.000 bis hin zu 1,1 Millionen Dollar. Zum Vergleich: gestohlene Autos bringen zwischen 3.000 und 9.000 Dollar, Missionen bis zu 25.000. Mich interessieren Objekte ab rund 200.000, darunter gibt es keinen Planungsraum. Ich habe die Wahl zwischen Penthouse Apartments in der Innenstadt und Villen in North LS, etwas außerhalb. Ich entscheide mich für die Innenstadt, in der Nähe der Nahversorger - in diesem Fall eine Filiale von Los Santos Customs, wo gestohlene Autos aufgemotzt oder verkauft werden können. Die Wahl fällt auf Richards Majestic in Rockford Hills, gleich neben dem Weazel Tower, der Zentrale des gleichnamigen Nachrichtensenders (eine Anspielung?). Durch die Panoramafenster blicke ich zur einen Seite auf den Golfplatz, zur anderen kann ich den Sonnenuntergang Richtung Strand genießen, wo abends das Riesenrad am Del Perro Pier glitzert. Ich setze mich auf meine Couch, schenke mir ein Glas Wein ein und beglückwünsche mich zu einem guten Kauf - Verbrechen lohnt sich eben doch.