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Reine Definitionssache

Wenn es darum geht, ein Zinshaus zu definieren, bemerkt man schnell: Es gibt jede Menge Interpretationsmöglichkeiten. Wir haben bei der Immobilienwirtschaft nachgefragt. Und wir wollten wissen: Wie steht es um den Markt? [b]Wie schätzen Sie derzeit den Markt für Zinshäuser ein?[/b] Thomas Gruber: Ich sehe eine deutliche Überhitzung bei den Preisvorstellungen. Vor allem durch im Internet angebotene Objekte dreht sich die Preisspirale immer höher. Jeder Zinshausverkäufer sieht dort einen Preis oder eine Rendite und schlägt noch etwas auf. [b]Inwiefern hat die Deckelung des Richtwertmietzinses Auswirkungen auf den Zinshausmarkt bzw. auf die möglichen Renditen?[/b] Gruber: Eine Deckelung wird sich negativ auf die Bewirtschaftung und Instandhaltung von Zinshäusern auswirken. Langfristig werden auch diese wunderschönen Bauwerke immer mehr verfallen, wenn die Substanz durch die Einnahmen nicht mehr zu erhalten ist. Damit wird leistbarer Wohnraum vernichtet. Renditen sinken und Investoren werden noch mehr zu Vorsorgewohnungen im Neubau tendieren. [b]Was ist laut Ihrer Definition ein Zinshaus?[/b] Eugen Otto: Ein Zinshaus ist ein überwiegend zu Wohnzwecken vom Eigentümer langfristig zur Vermietung vorgesehenes Gebäude. Damit grenzt es sich vom Wohnungseigentum respektive freifinanzierten Wohnungen ab. Die pure Definition ist: Ein Zinshaus ist ein Gebäude, mit dem Mieterträge erzielt werden. [b]Wo liegen die Vorteile bzw. die Unterschiede zu freifinanzierten Wohnungen?[/b] Otto: Dort kann man unterscheiden: Was unterliegt dem Mietrichtwert, was nicht. Das Zinshaus sollte in der Regel dem Mietrechtsgesetz folgen, bei neueren Zinshäusern gibt es zwei Stichtage beim Baujahr (1968 und 1975), wo das relevant ist. Freifinanziert - also nicht unter das MRG fallend - können demnach nur neue, moderne Gebäude sein, sonst wären sie gefördert. [b]Zinshäuser oder freifinanzierte Wohnungen - wo sind Unterschiede, wo Gemeinsamkeiten?[/b] Martin Müller: Der Unterschied ist das Mietrechtsgesetz. Neue freifinanzierte Wohnungen unterliegen dem Markt, Zinshäuser dem Richtwert. Für Einzelpersonen sind Neubauwohnungen vielleicht risikoärmer, da es dort in der Regel eine Gewährleistung und ein professionelles Management gibt. Bei Zinshäusern gibt es noch viele Altmietverträge, was das Zinshaus zu einer langfristigen Anlage macht. [b]Sind Zinshäuser für Investoren interessanter oder für Privatanleger?[/b] Müller: Mit einem Zinshaus muss sich der Besitzer mehr auseinandersetzen. Damit ist es vielleicht eher für institutionelle Investoren interessant, die auf Langfristigkeit bauen. Für Private bietet sich nach der Langfristigkeit auch der Vorteil, dass sie das Gebäude auch selbst bewohnen könnten. [b]Sie sind besonders im Zinshausmarkt in Deutschland tätig. Welche Unterschiede ergeben sich zu jenem in Österreich?[/b] Alexander Neuhuber: Die Magan Gruppe ist seit 12 Jahren in Deutschland tätig. Wir haben in diesem Zeitraum ca. 180 An- und Verkaufstransaktionen begleitet, das betreute Volumen liegt bei fast 400 Millionen Euro. Der größte Unterschied in Österreich ist, es gibt verfügbare Ware. [b]Die Politik in Österreich fordert laut nach einer Deckelung von Mietpreisen. Welche Auswirkungen hat das auf Zinshäuser?[/b] Neuhuber: Seit ich politischer Beobachter bin werden weitere Verschärfungen im Mietrecht, z.B. eine Mietpreisdeckelung, gefordert. Mit dem Richtwertgesetz haben wir so etwas Ähnliches bereits in Österreich. Die Auswirkungen: es kommt zu einer ungerechten Verteilung von privilegierten Altmietern versus nicht privilegierten Jungmietern. Anders in Deutschland, da Mietverträge, die unter der Marktmiete liegen, in geregelten Grenzen an die Marktmiete herangeführt werden können. [b]Weil Definitionen oft auseinandergehen in dem Bereich: Was ist für Sie ein Zinshaus?[/b] Neuhuber: In Österreich sagen wir "Zinshaus", in Deutschland sagt man oft "Mehrfamilien- oder Mietshaus". [b]Zinshaus oder freifinanzierte Wohnungen: Wo sind die Trennungslinien, wo gibt es Gemeinsamkeiten?[/b] Reinhard Prüfert: Vergleicht man Gebäude, an denen kein Wohnungseigentum begründet ist, liegen die Hauptunterschiede im Alter der Bausubstanz und im Mietrecht mit den jeweiligen Folgewirkungen: nach dem Mietrechtsgesetz (MRG) ist grundsätzlich der Zeitpunkt der (Neu-)Errichtung entscheidend: Gebäude, die auf Grundlage einer vor dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, unterliegen dem "Vollanwendungsbereich", danach errichtete Gebäude dem "Teilanwendungsbereich". Die Hauptkonsequenz dieser Unterscheidung liegt in der Mietzinsbildung. [b]Der Mietzinsrichtwert trifft besonders Zinshäuser. Sind diese als Anlagen noch lukrativ?[/b] Prüfert: Im "Vollanwendungsbereich" ist der zulässige Mietzins bei Objekten kleiner als 130m² durch den Richtwert zu bilden. Der Zins ohne Zu- und Abschläge liegt in Wien bei € 5,39/m². [b]Weil Definitionen ja gerne auseinandergehen: Was ist aus Ihrer Sicht ein Zinshaus?[/b] Prüfert: Grob vereinfacht ein Altbau mit einer Anzahl von Mietwohnungen; prototypisch aus der Gründerzeit zwischen 1860 und 1918. [b]Zinshaus oder freifinanzierte Wohnungen: Was ist lukrativer?[/b] Markus Arnold: Die Ankaufskosten sind häufig die gleichen, Altbau muss nicht zwangsläufig billiger als Neubau sein, das hängt von Lage, Infrastruktur ab. Der Unterschied ist der Richtwert im Mietrechtsgesetz. Im Neubau sind andere Miethöhen als in Zinshäusern möglich, dafür ist die Bausubstanz bei letzteren meist besser. [b]Sie sind auch in Tschechien, der Slowakei und in Ungarn tätig. Wo liegen Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede?[/b] Arnold: Gemeinsamkeiten gibt es zwischen Tschechien und Österreich, da die Zinshäuser oft der gleichen Epoche stammen. In der Slowakei gibt es wenig Mietshäuser, die meisten Wohnungen sind im Eigentum der Bewohner. Ähnlich in Ungarn, weil während des Kommunismus die Wohnungen parifiziert wurden. Die größten Unterschiede machen aber die Mietgesetze aus. [b]Was ist für Sie ein Zinshaus?[/b] Arnold: Ein Zinshaus ist ein Mietshaus, dessen Baugenehmigung vor 1945 erteilt wurde. Zwar kann man bei Neubauten grob auch von Zinshäusern sprechen, wenn sie zur Wohnungsvermietung gebaut wurden, aber es gibt es gesetzliche Abgrenzungen. Daher bezeichnen wir ein Gebäude nach diesem Jahr als Mietshaus. [b]Zinshaus oder freifinanzierte Wohnungen: Wo überwiegen die Vorteile?[/b] Michael Schmidt: Naturgemäß ist der Kapitalaufwand bei Zinshäusern höher. Beim Zinshaus liegt das Zukunftspotenzial bei Altmietern und beim eventuellen Dachbodenausbau. Gleichzeitig erfordert ein Zinshaus einen viel höheren Zeitaufwand. Demgegenüber bietet die freifinanzierte Wohnung für den Anleger eine sicherere Rendite, jedoch mit weniger Potenzial einer Wertsteigerung! [b]Investoren sehen sich zunehmend im Segment Wohnen um. Betrifft das auch Zinshäuser?[/b] Schmidt: Ja, das Interesse von Investoren betrifft auch Zinshäuser. Bester Beweis ist das Rekordjahr 2015. Mit österreichischen Zinshäusern wurden im Vorjahr 1,7 Milliarden Euro - davon 1,3 Milliarden in Wien - umgesetzt. Das Thema Wohnen ist aktuell und deshalb sicherer als Gewerbeimmobilien. Ein Büro lässt sich letztlich auch in einer Wohnung einrichten. [b]Kurz und einfach: Wie würden Sie ein Zinshaus definieren?[/b] Schmidt: Ein Zinshaus ist als eine sichere Kapitalanlage mit Potenzial nach oben zu sehen, aber es ist eher für Profis geeignet.
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 04. April 2016 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


CS
AutorCharles Steiner
Tags
Wohnen
Markt
Zinshaus
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