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Satt – aber auch träge?
Ist ein Markt erst gesättigt, wird es immer schwieriger, ihn mit Innovationen zu beleben. Ein Beispiel dafür ist der österreichische Immobilienmarkt. Dennoch gibt es immer wieder kreative Köpfe, die eine Nische finden, neue Produkte entwickeln oder bereits bestehende Sparten neu erfinden.
Die Flächen sind verteilt, der Immobilien-Markt ist gesättigt. Mit herkömmlichen Wohn- und Gewerbeimmobilien lässt sich für Neueinsteiger kein Blumentopf mehr gewinnen. Umso wichtiger wird die Frage nach dem USP von Firmen, Marken und Produkten. Das Motto lautet: „Bediene die Nische!“ Bei dem Versuch, dieses Ziel zu erreichen, entstehen kreative Ideen, um neue Zielgruppen zu bedienen.
##Luxus-Studis
„Wir bauen Studentenapartments. Dabei versuchen wir, uns in Design und Architektur von den geförderten Studentenwohnheimen abzuheben. Es ist uns wichtig, dass die Menschen, die bei uns einziehen, sich wohlfühlen und auch ein Wohlfühlerlebnis haben“, sagt Bernhard Wippaunig, Geschäftsführer der Milestone GmbH. Diese Firma hat sich zum Ziel gesetzt, neue Wohnbedürfnisse der Studis zu bedienen. „Studenten müssen sich heute flexibel verhalten, Auslandssemester sind mittlerweile beinahe Pflicht. Temporäre Wohnraumbeschaffung wird damit ein Thema. Das ist kein herkömmliches Wohnmodell. Es liegt zwischen Hotelbetrieb und langfristigem Wohnen“, so Wippaunig weiter. Besonders wichtig ist Milestone deshalb auch, die Gemeinschaftsbildung in den Studentenhäusern zu unterstützen. Wippaunig: „Wir versuchen, unsere Häuser so zu bauen, dass sich die jungen Leute auch treffen. Die Communityflächen wie Waschküche oder Fitnesscenter sind hochwertig ausgestattet und sehr lichtdurchflutet. Diese neuralgischen Punkte sollen Studenten anziehen, um gemeinsam Zeit zu verbringen.“ Das erste Studentenapartmenthaus von Milestone steht in der Nordportalstraße 2 im zweiten Bezirk in Wien. Das Konzept soll nicht nur in Österreich bleiben, Milestone hat sich auch schon in Deutschland, Italien, der Schweiz und den Niederlanden nach möglichen Standorten umgesehen. Natürlich ist ein so hochqualitatives Produkt nicht ganz billig. Bei der Buchung fallen einmalig inklusive Kaution, diverser Pauschalen und Gebühren 1.105 Euro an, die monatliche Miete für die 24-Quadratmeter-Desgnierwohnung beläuft sich auf 590 Euro, für weitere 30 Euro pro Monat kann man ein Kellerabteil dazumieten. Wippaunig dazu: „Die preisliche Tangente ist ein normaler betriebswirtschaftlicher Faktor. Wir arbeiten im Gegensatz zu herkömmlichen Studentenwohnheimen ohne Förderungen. Das heißt, wir müssen die Immobilienkosten voll tragen, wir müssen den Bau voll tragen, wir müssen die Einrichtung voll tragen, da ergibt sich der Preis automatisch. Und wir wollen den Studenten eben auch etwas für ihr Geld bieten, wo sie sich wohl fühlen können, nicht eine zehn Quadratmeterzelle mit einem Stockbett.“ Der Milestone-Homepage zufolge haben „Internationale Vergleiche, Trends und Studien über die Wohnbedürfnisse der Studenten“ zu der Produktidee geführt. Welche Vergleiche, Trends und Studien das genau seien, darüber durften jedoch „derzeit keine Informationen“ rausgegeben werden.
Mit der Sparte des temporären Wohnens hat Milestone aber vermutlich den richtigen Nerv getroffen. Kurzfristige Aufenthalte in verschiedenen Ländern und Städten werden aufgrund der zunehmend flexibleren Lebensverhältnisse der Gesellschaft mehr und mehr zum Alltag für viele Menschen. Die schnelllebigste Form des temporären Quartiers ist natürlich das Motel. Auch in dieser Sparte hat sich in Österreich in den letzten Jahren einiges getan.
##Heute hier, morgen dort
„Die Idee, ein Motel zu eröffnen, kam mir, weil ich an meiner Tankstelle 365 Tage im Jahr die Möglichkeit habe, eine Rezeption zu besetzen und Frühstück anzubieten“, erzählt Andreas Weber, einer drei Eigentümer der Motel-Marke „Fairsleep“. Ursprünglich scheiterte sein Motel-Plan, weil die Aufstockung seines Gebäudes zu teuer gewesen wäre. 2005 kam er mit einem seiner heutigen Partner, dem Großtischler Franz Schrenk, ins Gespräch, der damals den Plan verfolgte, mit der Firma ELK ein Fertigteil-Motel zu bauen. Weber bot an, die Führung des Motel-Betriebs zu übernehmen, und die beiden wurden sich rasch einig. Gemeinsam mit Gerald Wurz von der ELK Fertighaus AG gründeten sie Fairsleep als Low-Budget-Motel-Konzept. Mittlerweile gibt es 16 Standorte in Österreich und Deutschland. Motel-Betreiber in spe können bei Fairsleep ein ELK-Fertigteilmotel erwerben und sich dann nach eigenem Wunsch auch der Marke Fairsleep anschließen. Das einheitliche Design der Häuser vereinfacht auf jeden Fall die Planung. Weber: „Von der Fundamentoberkante bis zur Matratze haben wir einen Fixpreis. Das macht bei der Finanzierung einen Unterschied. Ich erinnere mich, bei einem unserer ersten Häuser haben wir den Betreiber mit der Planrechnung zur Bank begleitet und der Bankbedienstete meinte, auf die Baukosten müssten wir gleich mal zehn Prozent draufschlagen. Aber ich konnte sagen: Nein, ELK garantiert den Preis.“ Zudem bietet Fairsleep den Betreibern, die sich der Marke anschließen, weitere Vorteile. „Wir haben eine Einkaufskooperation, gemeinsames Marketing und ein Netzwerk zum permanenten Erfahrungsaustausch“, so Weber. Dadurch entwickelt sich Fairsleep auch auf allen Ebenen ständig weiter. So sind zum Beispiel sämtliche Kästen in den Zimmern aufgehängt und haben keine Türen. Erfahrungsgemäß bleiben die Gäste im Schnitt nur zwei Tage, nur wenige packen in der Zeit überhaupt ihre Koffer aus. Tun sie es doch, vergessen sie in türlosen Kästen seltener etwas, es müssen nie Scharniere an den Kästen gewartet oder ausgetauscht werden und da die Kästen nicht am Boden stehen, wird die Reinigung erleichtert. All diese Details sind Ergebnisse der kollektiven Erfahrung der Motel-Betreiber, die den Betrieb und auch die Zimmerpreise langfristig günstiger machen.
Ein ähnlich stromlinienförmiges Motel-Konzept bietet seit Kurzem die Miles-Group an. Das Produkt heißt „Adeo“ und wurde unter Leitung von Eckhard Horstmeier entwickelt. „Das Besondere an den Adeo-Motels sind vollkommen stabile Preise, ohne jegliche Schwankungen. Das Einzelzimmer kostet 44, das Doppelzimmer 62 Euro, diese Preise ändern sich saisonal nicht“, lobt Horstmeier das Produkt. Und ähnlich wie Fairsleep setzt auch Adeo auf wirtschaftlich durchdachtes Design. „Wir haben uns der Hotel-Idee von der Wirtschaftsingenieursseite genähert und durch wirtschaftliche Optimierungen diese günstigen Preise generieren können. Wir haben die Gebäude so optimiert, dass wir mit relativ wenig Personal auskommen, ohne auf Qualität zu verzichten“, beschreibt Horstmeier den Entwicklungsprozess. Zwei Adeo-Motels bestehen schon, vier weitere werden 2015 bis 2016 dazukommen. Und die Nachfrage nach Motels steigt. „Das Low-Budget-Motel ist heute auch im Businessbereich salonfähig. Eine Rezeptionistin in Wien hat mir zum Beispiel von einem Geschäftsmann erzählt, der zwar bei ihr im Low-Budget-Motel abgestiegen ist, aber sie am Abend noch nach einem Hauben-Lokal in der Nähe gefragt hat“, erzählt Weber.
Der nächste logische Schritt wäre also vermutlich, Hauben-Lokale für Low-Budget-Motels zu entwickeln. Diese Idee, Immobilien auf ungewöhnliche Weise miteinander zu kombinieren, ist nicht weit hergeholt.
##Hotel für Patienten
Josef Moser, einer der beiden Geschäftsführer der Moser Architekten Ziviltechniker GmbH, ortet im Bereich der Gesundheitsimmobilien zusätzlich zum herkömmlichen Krankenhaus besondere Entwicklungsmöglichkeiten. Er spricht in diesem Zusammenhang von „gesundheitsimmanenten Additionen zu Ambulatorien“, wie zum Beispiel einer Gruppenpraxis, eigenen Labors und „Gesundheitshotels“. Moser erklärt anhand eines Beispiels: „Die Kosten im Akutkrankenhaus sind hoch. Daher gibt es einerseits die Gruppenpraxis daneben, wo tagesklinisch und auch ambulant agiert wird, und andererseits gibt es ein spezielles Hotel. Wenn man schwerpunktmäßig an zwei, drei verschiedenen Tagen behandelt wird, muss man den Rest der Zeit nicht dauernd im Krankenhaus liegen. Das belastet lediglich den Krankenhausapparat und das eigene Geldbörsel. Das Gesundheitshotel daneben, als Rückzugsort für Patienten und ihre Angehörigen, entlastet beide Seiten. Natürlich sind die Anforderungen dort andere als in einem herkömmlichen Hotelbetrieb, schließlich müssen die Patienten hier auch für den Fall der Fälle versorgt werden können, und zwar schnell.“ So ein Hotel würde auch nicht bei jedem Krankenhausstandort Sinn machen, die Feasability-Study stünde bei solchen Projekten stark im Vordergrund. „Neben einem LKH lohnt sich ein Gesundheitshotel wahrscheinlich nicht, aber neben einem Schwerpunktkrankenhaus schon. Das wird die Entwicklung zeigen“, so Moser. Grundsätzlich machen Kombinationsangebote im Gesundheitsbereich Sinn. Standorte für Gesundheitsimmobilien müssen hohen Anforderungen gerecht werden, daher ist es günstig, einen gefundenen Standort auch voll auszuschöpfen.
„Bei der Standortfindung muss ich mich fragen: Sind die notwendigen Medien (zum Beispiel besondere Strom-, Wasser- und Gasversorgungen, Anm.) vorhanden? Muss ich eine eigene Trafoanlage oder besondere Kanalsysteme mit einbauen? Das schlägt sich natürlich im Preis nieder“, erklärt Moser. Der Preis hat bei Moser aber auch einen Wert. Das Unternehmen ist weltweit aktiv, 50 Prozent des Betriebs macht internationaler Krankenhausbau aus. Derzeit arbeitet die Firma an einem Mammut-Projekt in Teheran. Dort soll ein 600-Betten-Schwerpunktkrankenhaus entstehen. Und auch zwei weitere Großprojekte, die ursprünglich für Rumänien und Griechenland geplant waren, aber an der Finanzierung scheiterten, seien „fertig und warten nur noch auf die Umsetzung“. Und hier ist auch kein Ende der Entwicklung abzusehen. Moser fasst es wie folgt zusammen: „In der Medizin entstehen ununterbrochen Innovationen, die völlig neue Bilder aufzeigen. Das muss man einerseits sehr lebendig verfolgen und andererseits stets Ansatzpunkte aus diesen Entwicklungen erkennen.“ Und dieser Rat gilt auch für alle anderen Sparten des Marktes.
Man muss Ansatzpunkte aus Entwicklungen erkennen.
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AutorPeter Stenitzer
Tags
Hotel
International
Markt
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