Immomedien
immomedien.at
 / Lesezeit 4 min

Staatsgeld heizt Grossbritanniens Immobilienmarkt an

Aus gehabten schaden nichts gelernt. noch sind die Auswirkungen der letzten geplatzten Immobilienblase nicht gänzlich behoben, droht schon die nächste Blase. und diese wird ausgerechnet mit britischem Steuergeld gefüllt. Tony Richmount ist froh, dass er sich damals noch nicht getraut hat: Vor einem Jahr hatte der Pensionist aus dem bekannten Londoner Stadtteil Wimbledon kalte Füße bekommen, als er sein Haus verkaufen und in eine altersgerechte Wohnung umziehen wollte. Das war sein Glück. Denn für sein Eigenheim erhielt er kürzlich 725.000 Pfund (rund 843.500 Euro) – vor einem Jahr wären es nur 600.000 Pfund gewesen. Preisanstiege von mehr als 20 Prozent innerhalb eines Jahres sind in Teilen der britischen Hauptstadt keine Seltenheit. Landesweit legen die Immobilienpreise einer Erhebung der Baufirma Nationwide zufolge so schnell wie seit drei Jahren nicht mehr zu. Kredite sind dabei dank großzü- giger staatlicher Unterstützung leicht zu bekommen. Kritiker auch innerhalb der Regierung befürchten nun, dass mit dem Geld vom Staat eine Immobilienblase entsteht. Das weckt Erinnerungen an den Ausbruch der Finanzkrise, die 2007 mit dem Crash auf dem US- Häusermarkt ihren Lauf nahm – „Subprime“ lässt grüßen. Dieser Begriff ist in den USA zum Synonym der Krise geworden: Unzählige Hausbesitzer mit nur geringer Bonität sind damals an Darlehen gekommen. Als die Häuserpreise nicht mehr stiegen, kollabierte das System. Die Parallelen sind unverkennbar: Die Regierung in London will den Bausektor und damit die Konjunktur stützen. Auch Menschen mit wenig Eigenkapital soll der Traum vom eigenen Heim ermöglicht werden – und sei es nur eine sehr einfache Immobilie, um den ersten Schritt zu machen und sich später hochzuarbeiten. Wohnungs- oder Häuserkäufer müssen nur noch fünf Prozent der Kaufsumme selbst beisteuern – 75 Prozent kommen von der Bank, 20 Prozent als Darlehen vom Staat. In Deutschland wäre so etwas undenkbar: In der Regel werden hierzulande um die 20 Prozent Eigenkapital verlangt, die Banken sind vorsichtig. Ganz abgesehen davon, dass die Deutschen selten auf spekulative Weiterverkäufe setzen, sondern zumeist ein Leben lang in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Doch in Großbritannien wirkt die Medizin des billigen Geldes: Seit Beginn des Programms vor vier Monaten sicherten sich Immobilienkäufer mit staatlicher Hilfe 10.000 Häuser. „Das Maßnahmenpaket der Regierung funktioniert“, sagt Eric Pickles, Staatssekretär für Kommunen. Auch die niedrigen Zinsen locken Bauherren an, und daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Erst vergangene Woche legte sich die Bank von England darauf fest, erst dann die geldpolitischen Zügel anzuziehen, wenn die Arbeitslosigkeit stärker sinkt – das dürfte noch Jahre dauern. Dazu kommt ein Programm der Währungshüter, das es den Banken erleichtert, Hypotheken-Kredite zu vergeben. Seither sind die Zinsen für Baugeld kräftig gefallen. Inzwischen sind die Bauzinsen zum Teil niedriger als die Inflationsrate. Und die Briten greifen zu, nachdem zwischen 2009 und 2012 noch die meisten Immobilien an Ausländer mit überschüssigem Bargeld gegangen waren. „Die Käufer haben vorher in Mietwohnungen gewohnt und sehen jetzt, dass die Preise steigen“, erklärt Ben Cameron, Makler bei Andrew Scott Robinson. „Sie haben die vergangenen Preisrallyes verpasst und wollen nun dabei sein.“ Der Internationale Währungsfonds schlägt bereits Alarm. Das Programm dürfte zwar die Preise nach oben treiben, aber deshalb noch lange nicht den Bau in gleichem Maße ankurbeln. Ergebnis wäre eine Preisblase in ausgewählten Segmenten, angetrieben von einer hohen Verschuldung der Immobilieninvestoren. Tatsächlich schnellten die Preise im Juli so stark in die Höhe wie seit sieben Jahren nicht mehr, wie aus einer Erhebung des Fachverbandes der Immobilienspezialisten RICS hervorgeht. Unternehmensminister Vince Cable gehört in der Regierung zu den größten Kritikern der staatlich verordneten ImmobilienNachfrage: „Ich habe davor gewarnt, und ich bin besorgt über die Gefahr einer neuen Immobilienblase.“ Im Moment sieht es noch so aus, als ob die Verschuldung in Relation zum Durchschnittseinkommen für die Briten tragbar ist. Doch das gilt nur, solange die Zinsen niedrig sind. Vergleicht man den Preis für das neue Heim mit dem Einkommen, sieht das Verhältnis schon jetzt ungünstig aus. Die Bank von England steckt damit in einem Dilemma: Zieht sie die Zinsen an, um eine Blase zu vermeiden, könnte das die Konjunkturerholung gefährden. Lässt sie die Zinsen dagegen zu lange auf ihrem rekordniedrigen Niveau, verschulden sich die Immobilienkäufer immer weiter und kommen dann in massive Schwierigkeiten, wenn die Zinsen wieder steigen. Denn für alle Ewigkeit können sie sich die Hypotheken-Schnäppchen nicht sichern. Im Mai machte die Bank von England darauf aufmerksam, dass jeder zehnte Häuserkäufer länger arbeiten oder seinen Konsum einschränken müsste, sollten die Zinsen nur um einen Prozentpunkt nach oben gehen. Wer in dieser Situation sein Eigenheim verkauft, kann sich die Hände reiben. Tony Richmount jedenfalls freut sich über einen komfortablen Ruhestand. „Mein Sohn, der im Finanzwesen arbeitet, hat mir vergangenes Jahr gesagt, dass ich einen Fehler mache, jetzt nicht zu verkaufen“, sagte er. „Ich bin froh, dass ich nicht auf ihn gehört habe.“ «
Immomedien

Registrieren. Weiterlesen. Vorteile genießen.

Egal ob Sie exklusive Artikel, ein Unternehmensprofil anlegen oder Applikationen wie unser interaktives Firmenbuch nutzen wollen. Wir haben garantiert das richtige Abo-Paket für Ihre Zwecke parat.

Ihre Vorteile

  • Erstellen eines ausführlichen Personenprofils
  • Testweise 3 Immobilien Magazin Printausgaben
  • Lesezeichen für Artikel, Jobs und Events
  • Erstellen von Pressemitteilungen, Events und Jobs
  • Erstellen eines ausführlichen Firmenprofils
  • Schalten Sie über unsere Abonnements weitere Funktionen frei und erhalten Sie den vollen Zugang zu allen Artikeln!

PRO Abo monatlich

20,- € / Monat exkl. MwSt.

Vorteile entdecken

Pro Abo jährlich

120,- € / Jahr exkl. MwSt.

Unlimitierter Zugang zu allen Leistungen inkl. 5 Personen Abos

Vorteile entdecken

Networking Pro AddOn

584,- € / Jahr exkl. MwSt.

Vorteile entdecken

Premium Abo

1.200,- € / Jahr exkl. MwSt.

Erstellen Sie Ihr ausführliches Personenprofil, Zugang zum digitalen Immobilien Magazin

Vorteile entdecken

© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 12. September 2013 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


CF
AutorChristina Fincher/Reuters
Tags
Investment
Wohnen
International
Markt
London
EU
Tax and Law
immobilienblase
Großbritannien

Weitere Artikel

Immomedien
Informiert bleiben.

Treffen Sie eine Selektion unserer Newsletter zu buildingTIMES, immoflash, Immobilien Magazin, immo7news, immojobs, immotermin oder dem Morgenjournal

Jetzt anmelden

© Cachalot Media House GmbH - Alle Rechte vorbehalten