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Überwälzbarkeit von Erhaltungskosten im EKZ

Mit dem Rückenwind mietrechtlicher Klauselentscheidungen ist der Bestandnehmer eines Einkaufszentrums in Oberösterreich gegen den dortigen Betreiber vorgegangen und wird wohl die Überwälzung von Betriebskosten wegen gröblicher Benachteiligung kippen (OGH vom 28.11.2012, 7 Ob 93/12w). Anlassfall war eine durch den Bestandnehmer abgelehnte Betriebskostennachforderung. Worum ging es? Der Bestandgeber hatte im Vertrag eine Klausel vorgesehen, die den Bestandnehmer zur anteiligen Übernahme sämtlicher Erhaltungskosten für die allgemeinen Teile des EKZ verpflichtet. Der OGH entschied, dass dies zu einer unabschätzbaren künftigen Kostenlast führen würde, und stellte eine gröbliche Benachteiligung fest. Gemäß § 879 Absatz 3 ABGB ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände einen Vertragspartner gröblich benachteiligt. Die AGB bzw. das Vertragsformblatt sind vorgefertigte Vertragsbestimmungen, die meistens vom Eigentümer oder Betreiber des EKZ erstellt werden. An der Qualifikation als AGB ändert es auch nichts, wenn einzelne Regelungen individuell ausgehandelt werden. Letztlich führt die Rechtsprechung dazu, dass der Verwender von AGB oder Vertragsformblättern beweisen muss, dass er die beeinspruchte Klausel zur Verhandlung freigegeben hat und sie tatsächlich auch geändert hätte. Die Überwälzung von derzeit nicht abschätzbaren zukünftigen Erhaltungskosten regelt nach Ansicht des OGH nicht die Hauptleistungen eines Bestandvertrages, weshalb solche Klauseln als Nebenbestimmungen der Inhaltskontrolle des § 879 Absatz 3 ABGB unterliegen. Damit konnte der OGH der Frage nachgehen, ob die uneingeschränkte Überwälzung aller Erhaltungskosten eine gröbliche Benachteiligung darstellt. ##Wann liegt eine gröbliche Benachteiligung vor? Gröblich benachteiligend ist eine Nebenbestimmung dann, wenn ein am Markt überlegener Vertragspartner die Privatautonomie durch Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Bestimmungen missbraucht und selbst keinen Interessenausgleich herbeiführt. Als Maßstab für die Prüfung dient das dispositive, also das nicht zwingende Recht. So sollen die bestandrechtlichen Normen des ABGB das Leitbild für einen ausgewogenen und gerechten Interessenausgleich darstellen. Für eine Abweichung muss es eine sachliche Rechtfertigung geben. Ist dies nicht der Fall und liegt somit ein grobes Missverhältnis der Rechtspositionen vor, dann ist eine Bestimmung in den meisten Fällen gröblich benachteiligend. Verträge, die nach der Taktik „take it or leave it“ ohne Interessenausgleich abgeschlossen wurden, sind leicht angreifbar. Das ABGB regelt in § 1096 Absatz 1 als Leitbild, dass der Bestandgeber den Bestandgegenstand in einem brauchbaren Zustand zu übergeben und in diesem Zustand zu erhalten hat und die dabei anfallenden Kosten von diesem auch zu tragen sind. Falls zukünftige, noch nicht abschätzbare Kosten der Erhaltung auf den Bestandnehmer überwälzt werden, muss eine entsprechende Gegenleistung vorhanden sein. Gibt es keinen Interessenausgleich, dann steht die Regelung unter dem Verdacht, gröblich benachteiligend zu sein. ##Ausblick für die Praxis Was ist daher in Zukunft einem Bestandgeber zu empfehlen? Eine Erhöhung des Bestandzinses bringt nur Wettbewerbsnachteile. Die Übung besteht darin, ein – wenn auch vom ABGB abweichendes, aber doch ebenso wie dieses – ausgeglichenes System zu schaffen, um die Überwälzung von Erhaltungskosten sachlich rechtfertigen zu können. Das heißt, Bestimmungen einzeln ausverhandeln und entsprechend dokumentieren, sachliche Rechtfertigung schaffen durch zum Beispiel längere Laufzeiten oder einen niedrigeren Mietzins als im Erstangebot. Eigentümer und Betreiber von Einkaufszentren sollten ihre Musterverträge überprüfen und gemeinsam mit ihren Beratern wirksame Bestimmungen entwickeln.
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 23. Juli 2013 - zuletzt bearbeitet am 14. August 2025


FR
AutorFranz Reinthaler
Tags
Erhaltungskosten
Einkaufszentrum
Mietzins
Erhaltung
Praxis
Retail
Markt
Tax & Law
OGH

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