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Vorne sitzen und Lenken

Seit mittlerweile über 20 Jahren ist Karl Bier in der Immobilienbranche in Führungspositionen. Ein Zeitraum, der reichlich Stoff zum Erzählen gibt. Karl Bier ist kein Morgenmensch. Sagt er zumindest – nichtsdestotrotz sitzt er mir nun gut gelaunt in der Lobby des Hotel Hilton gegenüber und bestellt klassisch Cappuccino und ein Croissant. An dieser guten Laune ändert auch ein gut gefüllter Tagesplan nichts, schließlich macht der Beruf ja Spaß – und das seit Jahrzehnten. Bier ist bereits seit 1980 in Führungspositionen der Immobilienwirtschaft tätig, seit 1991 als Vorstand der UBM. Dabei hätte die ganze Geschichte auch ganz anders aussehen können: Seine Karriere begann der studierte Jurist, der zusätzlich noch eine Steuerausbildung hat, nämlich beim Finanzamt in seiner Heimatstadt Baden. Die Tätigkeit findet der junge Bier grundsätzlich schon interessant, auch weil er das System von innen kennenlernen kann. Aber mit Anfang zwanzig ist die Aussicht darauf, eine genau vorgezeichnete Karriere zu haben und irgendwann in ferner Zukunft „Herr Hofrat“ zu sein, dann doch nicht so attraktiv. „Auch die kreativen Potenziale halten sich beim Finanzamt in Grenzen“, erklärt Bier und schmunzelt bei der Vorstellung von sich als Hofrat. Ganz früher – in Kindertagen – war der Traum ja Pilot: „Vorne sitzen und lenken – das hätte schon Spaß gemacht.“ Nun, eigentlich tut er ja genau das. Und noch dazu in einem Beruf, in dem auch das Reisen nicht zu kurz kommt. Wenn er auch die meiste Zeit beruflich herumzieht, genießt Bier es doch immer wieder, in den Städten, die er bereist, länger zu bleiben. Seine Frau kommt dann zumeist nach und die beiden besichtigen gemeinsam. „Man lernt die Stadt auf einmal ganz anders kennen, kann sich mit ihrem Werdegang, ihrer Geschichte ganz anders auseinandersetzen. Und das wiederum ist auch für die Firma nützlich.“ ##Tschechisch für Anfänger In den Anfängen ist das Reisen allerdings noch um einiges mühseliger: „Ich kann mich noch erinnern, als wir in Prag Fuß gefasst haben. Damals bin ich noch mehrmals in der Woche mit dem Auto hin und her gependelt“, erzählt er. Anfangs versucht er noch Tschechisch zu lernen, nutzt die langen Autofahrten, um mit Hörkassetten zu üben. „Ich habe dann immer wieder versucht, kleine Gespräche zu führen – etwa mit dem Taxifahrer. Dann bringt man mit Mühe und Not einen graden Satz heraus und zurück kommt ein Wortschwall, bei dem man keine Chance hat.“ Irgendwann wird es nicht nur zeitlich zu eng. Als UBM in immer mehr Ländern tätig ist, wären es auch zu viele Sprachen geworden. Trotz seiner vielen Reisen hat Bier zu Prag immer noch ein besonderes Verhältnis. „Ein Drittel bis die Hälfte der Häuser dort ist sicherlich über meinen Tisch gegangen – am Anfang war das Feld ja noch völlig frei, es gab kaum Konkurrenz.“ Kommt da etwas Nostalgie durch? „Natürlich ist es interessant, was aus Gebäuden geworden ist, insbesondere aus denen, die man nicht gekauft hat.“ Sagt er und lacht. Reue über eine verpasste Chance ist allerdings keine dabei: „Bereuen darf man da nie etwas – nicht in unserem Geschäft. Da trifft man eine Entscheidung und manchmal taucht dasselbe Thema nach zehn Jahren noch einmal auf. Der längste Zeitraum bei mir waren gute zehn bis zwölf Jahre, in denen ich dasselbe Projekt immer wieder auf dem Tisch hatte. Lange Zeit wurde nichts daraus – aber irgendwann war es dann soweit. Diese Zeit muss man sich einfach nehmen.“ Vor dem Eintritt in die UBM ist Bier ab 1980 bei der Immorent für Finanzierungen, Bauträger und Projektentwicklung sowie den Ausbau der regionalen Aktivitäten in Zusammenarbeit mit den Sparkassen verantwortlich. Später übernimmt er die Geschäftsführung von mehreren Projektgesellschaften und regionalen Leasinggesellschaften. Warum dann die UBM? „Man bekommt immer wieder Angebote – manche interessanter, manche weniger. Was mich an der UBM gereizt hat, waren die kreativen Möglichkeiten, das Entwicklungspotenzial.“ Die UBM selbst ist damals nicht der Big Player, der sie heute ist. „Wir waren fünf Leute, die Haupttätigkeit waren Leasinggeschäfte innerhalb des Porr Konzerns, es gab fast keine operative Tätigkeit.“ Damals bespricht Bier mit Porr Generaldirektor Horst Pöchhacker die Möglichkeit, die UBM zum Immobilienentwickler des Konzerns auszubauen. Immerhin ist es eine unglaublich spannende Zeit: Biers Karriere bei der UBM startet 1991 – als der frisch geöffnete Osten gerade beginnt, sein Potenzial zu zeigen. Ein Potenzial, das Bier erkennt und nutzen möchte. „Der Liegenschaftsvorrat war ja da. Porr und UBM haben immer wieder Liegenschaften angekauft und ich war überzeugt, dass man daraus etwas machen kann.“ Ganz zu schweigen von der Herausforderung, die ihn persönlich reizt: „Nicht nur Österreich als Spielwiese zu haben sondern auch das ganze Rundherum – und dazu noch zu überlegen, wie man das Österreichgeschäft aufzieht – das war schon sehr spannend.“, wieder ein Schmunzeln. Natürlich gibt es am Anfang Schwierigkeiten – die die Arbeit aber nur umso interessanter machen: „Wir haben damals wirklich Pionierarbeit geleistet. Es gab kein funktionierendes Grundbuch, in vielen Fällen war die rechtliche Situation unklar – gab es gar keinen rechtlichen Rahmen. Wir mussten viel Historienforschung betreiben: Wie waren die Übergange der letzten 50 Jahre? Wie und wann ist das Grundstück in Staatsbesitz übergegangen? Im Kommunismus wurde das zumeist nicht dokumentiert – es war ohnehin egal. Wir aber mussten das wissen – es hätte ja eine Restitution drohen können.“ Es ist ein kleiner Kreis von Österreichern, der damals diesen neuen Markt erschließt – Bier ist einer von ihnen. Er baut Teams auf, gewinnt lokal Mitarbeiter und findet in Österreich solche, die im Ausland arbeiten möchten. Mit Erfolg – unter seiner Führung vervielfacht sich der Umsatz, die UBM wächst zum internationalen Schwergewicht heran. ##Die Türe ist offen Trotzdem hält Bier seinen Führungsstil und das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern gerne locker und bodennah. „Natürlich ist man bemüht, offen zu sein.“ – das fängt schon bei der Türe an, die nur bei Besprechungen geschlossen ist. Bier fördert gerne Entfaltungsmöglichkeiten – etwas, das ihm selbst in seiner Arbeit auch immer sehr wichtig war und das er zu schätzen weiß. Und so fördert er eigene Ideen, hat aber immer ein wachsames Auge auf alle Entwicklungen – und die Letztentscheidung liegt bei ihm. Es gibt kein größeres Projekt, das Bier nicht selbst und vor Ort begutachtet und absegnet. Oder auch nicht – was der UBM auch schon Fehler erspart hat. „Vor der Krise sind etwa in Rumänien die Preise explodiert – das ging drei Jahre so. Ich habe viel abgelehnt und immer gesagt: Wir machen das nicht, das ist nicht gerechtfertigt. Immerhin sind das ja langfristige Projekte – sagen wir, wir hätten 2006 gekauft und wären dann 2010 – mitten in der Krise – mit einem fertigen Projekt und ohne Mieter dagestanden.“, erklärt Bier und kommentiert die Geschichte zum Abschluss noch mit einem lakonisch-trockenen „Das wäre schon blöd gewesen.“ Nach so vielen Jahren im Geschäft setzt sich wohl eine gewisse abgeklärte Ironie durch – man kommt einfach nicht mehr ins Schwitzen. Als Kombination aus Jurist mit einer Finanzausbildung der alten Schule macht Bier seinen Mitarbeitern das Leben manchmal auf höchst ungewöhnliche Weise schwer: „Ich bin manchmal sicher recht nervig, weil ich die Effekte, die mit Zins und Zinseszins erzielbar sind, noch zu Fuß rechnen kann. Es kam schon öfter vor, dass jemand mit einem Excel Sheet über fünf Seiten daherkam und ich dann beim Ergebnis gesagt habe: das stimmt aber nicht. Weil irgendwo in den Verknüpfungen ein Fehler war.“, erklärt Bier und grinst geradezu schelmisch. „Wobei man sagen muss, dass das bei einem Jungen fast unfair ist – da hat er zwei Tage lang gerechnet und sehe ich gleich, dass das nicht stimmen kann.“, schränkt er ein, aber irgendwie verschwindet das Grinsen nicht so ganz. „Das ist das Wundergerät. Der ist immer dabei.“, sagt Bier und zieht einen altmodisch aussehenden Taschenrechner aus seiner Aktentasche. „Damit kann ich auch jede Bank sofort kontrollieren, wenn etwa der effektive Zinssatz nicht stimmen kann. Macht schon Spaß.“ Insgesamt kann man Bier wohl durchaus als Zahlenliebhaber bezeichnen, auch das Kopfrechnen hat ihm immer Spaß gemacht. ##Der Anker und der Ruhepol Selbst wenn Bier jedes Land, in dem die UBM heute tätig ist, nur einmal im Monat bereist, geht sich daneben noch kaum etwas aus. Wie aber managt man mit einem solchen Berufsalltag den eigenen Energiehaushalt? „Man muss sich die Zeit eben einteilen und abschalten können.“ Wenn er also nach Hause kommt, dann ist er auch zu Hause. Liest vielleicht ein wenig – Bier ist Romanleser, oft Krimis, Henning Mankell steht gerne auf dem literarischen Speiseplan – unterhält sich mit der Familie. „Man braucht einfach den Halt durch die Familie, um beruflich erfolgreich zu sein.“ Erfolg beweist Bier nicht nur beruflich sondern auch privat – mit 35 Jahren glücklicher Ehe. Kennengelernt hat er seine Frau sogar noch früher: Er stand kurz nach der Matura, sie noch davor. Beruf und Familie trennt Bier strikt, auch weil die Familie der Anker und der Ruhepol ist, der die Energie für den stressigen Arbeitsalltag liefert. Hilfreich ist es dabei natürlich auch, dass seine Frau in einem ganz anderen, nämlich dem Gesundheitsbereich tätig ist. „Sie ist im Sportbereich und bildet außerdem als Hundetrainerin Therapiehunde für Menschen mit Behinderung aus.“, erklärt Bier, „Es ist natürlich interessant und eröffnet auch neue Perspektiven, wenn man mit einem so völlig anderen Alltag konfrontiert ist.“ Gemeinsam haben die beiden zwei erwachsene Töchter, eine ist an der Universität tätig, die andere erhebt sich neben dem Studium ganz nach väterlichem Kindheitswunsch als Flugbegleiterin in die Lüfte. Die Frage, ob keine der beiden Immobilienambitionen gezeigt habe, bringt Bier herzlich zum Lachen. Bei allem Geplauder ruft aber dann doch irgendwann wieder der Berufsalltag. Und so reist Karl Bier nun nahtlos weiter zum nächsten Termin. Wie? Ich nehme an, er sitzt vorne. Und lenkt. «
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 02. Dezember 2014 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


BW
AutorBarbara Wallner
Tags
UBM
Karl Bier
Portrait
Porr
Menschen
Horst Pöchhacker

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