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Wiener Büromarkt im Zeitenwandel
Die Umstände für den Wiener Büroimmobilienmarkt waren sicher schon einmal besser. Aber der durch Corona verstärkte Trend New Work könnte die Nachfrage nach modernen und flexiblen Flächen sogar erhöhen.
In den Wiener Büroclustern spielte sich während des Lockdowns ein unwirkliches Szenario ab. Gebäude, die normalerweise von vielen hunderten Personen bevölkert sind, waren von einem Tag auf den anderen menschenleer. Und auch jetzt, viele Monate danach, sind die Büros nur spärlich besetzt. Viele Firmenchefs haben auch vor Augen geführt bekommen, dass Home-Office funktioniert. Für die Nachfrage nach Büroflächen ist die Corona-Krise kein Treiber, sollte man meinen.
##Vorübergehende Bremse
"Natürlich wirkte die Pandemie hier als vorübergehende Bremse, weil sich die Unsicherheit für die Unternehmen erhöht hat und die Büros derzeit unterschiedliche Belegungsraten aufweisen. In so einer Phase wollen Unternehmen abwarten, sowohl was den Abschluss neuer Mietverträge anbelangt als auch hinsichtlich möglicher Umzugspläne", beschreibt Katrin Gögele-Celeda, Country Managerin Österreich bei der Immofinanz, die aktuelle Situation. Seit Herbstbeginn merke sie aber schon wieder ein Anziehen der Nachfrage und der Besichtigungstermine.
Das kann auch Stefan Wernhart, Geschäftsführer EHL Gewerbeimmobilien bestätigen. "Nach dem Lockdown haben einige Unternehmen ihre Wachstumsund Umzugspläne vorerst on-hold gestellt und die Nachfrage nach Büroflächen ist spürbar zurückgegangen. Seit Beginn des zweiten Halbjahres sehen wir jedoch zunehmend, dass Suchprozesse vor allem aus den Bereichen IT und Healthcare wieder aufgenommen und fortgesetzt werden", erklärt er. Viele Unternehmen würden prüfen, wie sie ihre Bürostrukturen an die geänderten Rahmenbedingen anpassen können. "Der Einsatz von Remo te Working setzt Flächenpotentiale frei, diese werden wiederum für mehr kleinteiligere Strukturen benötigt, um die Abstände zwischen den Arbeitsplätzen zu erhöhen und zusätzliche Kommunikationsflächen zu schaffen", so Wernhart, der neben einem erhofften wirtschaftlichem Aufschwung auch die geänderte Funktion und Bedeutung von Büros als Motor für die Flächennachfrage in Wien sieht.
##New Work als Treiber
Denn der Trend New Work wird durch die aktuelle Situation weiter verstärkt. Dabei spielen laut Wernhart qualitativ hochwertige und moderne Bürokonzepte eine bedeutende Rolle. "Flexibilität, Diversifikation und Digitalisierung werden für Büroimmobilien in Zukunft ganz entscheidend sein", ist er überzeugt. Bestandshalter reagieren auf diese Entwicklung.
"Wir haben den Trend bereits vor zwei Jahren erkannt und setzen unter anderen auf flexible Mietflächen", erklärt Katrin Gögele-Celeda die Strategie der Immofinanz. Je nach Bedarf können die Mieter kleinere Büros kurzfristig ergänzen oder wieder abgeben. "Ab sofort bieten wir zusätzlich flexible All-inclusive Bürolösungen an, bei der unsere mymembership mit einer monatlichen Pauschale alle Services abdeckt. Damit entsteht die Möglichkeit, Meeting-Räume oder einzelne Arbeitsplätze kurzfristig anzumieten."
Auch Signa-Chef Christoph Stadlhuber sieht gute Standorte mit entsprechend hochwertiger Qualität der Ausstattung und perfekter Infrastruktur weiter gefragt. Der Beweis dafür seien etwa mehrere tausend Quadratmeter neu vermieteter Büroflächen im The Icon Vienna während des Lockdowns. "Allerdings gibt es derzeit auch Unsicherheit in den Märkten über den weiteren Fortgang der Pandemie. Potenzielle Mieter agieren eher zurückhaltend. Sobald aber entsprechende Impfungen verfügbar und Schnelltests etabliert sind, ist diese Phase überwunden", so die Einschätzung Stadlhubers. Auch verstärkt eingesetztes Home-Office bewirken laut dem Signa-Chef keinen Rückgang der Büroflächen-Nachfrage: "Derzeit werden sogar Studien publiziert, die beispielsweise durch allgemein höhere Abstände, einen höheren Pro-Kopf-Bedarf sehen."
##Büro als Identitätsstifter
Gefragt sind jetzt also neue Büroflächen, die eine Lösung für die derzeitigen Be-dürfnisse der Mitarbeiter und Unternehmen anbieten. "Wer Videokonferenzen abhält oder kreativ arbeiten möchte, benötigt eine andere Umgebung als jemand, der gerade konzentriert schreibt. Das Büro der Zukunft muss all das bieten, was das Homeoffice nicht leisten kann: Raum für Konzentration, Kommunikation und Kooperation", meint Stadlhuber. Das Büro sei nicht nur ein Ort, an den man zum Arbeiten fährt, weil es keine anderen Plätze dafür gäbe, sondern ein identitätsstiftendes Sozialsystem. "Büros müssen so attraktiv sein, dass jeder sagt, wir arbeiten lieber dort als zu Hause. In Zukunft brauchen wir also die richtigen Flächen in besten Lagen mit größtmöglicher räumlicher Flexibilität, bester Erreichbarkeit und optimaler infrastruktureller Einbettung in das urbane Umfeld", erklärt Stadlhuber.
##Flexiblere Verträge
Die Flexibilität betrifft dabei nicht nur die Räumlichkeit selbst, sondern auch die Vertragslaufzeit. "Dieser Trend ist bereits seit längerem am Markt zu erkennen, unabhängig von Corona. Viele Mieter wollen höhere Flexibilität und sich vielfach nicht mehr über viele Jahre an eine inflexible Fläche binden", sieht Katrin Gögele-Celeda kürzere Vertragslaufzeiten im Kommen. Stefan Wernhart sieht eine Vertragslaufzeit für moderne hochwertige Büroflächen weiterhin bei ca. 5-7 Jahren. Aufgrund von Restrukturierungen rechnet er aber damit, dass in den nächsten 6-9 Monaten einige Büroflächen auch zur mittel- bis langfristigen Untervermietung angeboten werden. "Diese Potenziale könnten dann von Unternehmen genutzt werden, die in den nächsten 2-3 Jahren nur kürzere vertraglichen Bindungen eingehen wollen", so Wernhart.
Ein Glück für den Wiener Büromarkt ist sicherlich auch die geringe Neuflächenproduktion, in den kommenden Jahren. Andere Großstädte, wie etwa Frankfurt, müssen da schon eher mit einer Überproduktion rechnen. Das Fertigstellungsvolumen liegt laut Wernhart heuer bei ca. 160.000 m², wobei rund 20 Prozent auf hochwertige Refurbishments von Bestandsobjekten entfallen. Zwischen 2021 und 2023 liegt die geplante Neuflächenproduktion aus heutiger Sicht nur bei rund 100.000 m² pro Jahr. "Das ist zwar deutlich niedriger als der langjährige Schnitt, hilft dem Büromarkt aber in Anbetracht des aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfelds stabil und im Gleichgewicht zu bleiben", so Wernhart.
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