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Wir Sollten wieder Häuser Bauen

Wir sollten uns durchaus Anleihen bei den Architekten der Gründerzeit nehmen, fordert Christoph Chorherr einen Paradigmenwechsel. „Da wurden keine Wohnungen, keine Büros gebaut, sondern Häuser.“ Häuser, die heute bei Investoren und Nutzern hoch im Kurs stehen. „Bei der Planung dieser Häuser gab es noch keinen Autoverkehr, wie wir ihn heute kennen, kein Internet, kein Sat-TV – und dennoch lassen sich diese Gebäude auf moderne Anforderungen adaptieren. Wir sollten keine Wohnungen oder Büros, wir sollten Häuser bauen.“ Dass Bürogebäude auf einige wenige Mieter „zugeschnitten“ werden, hält Chorherr für Unsinn. „Wir müssen nachhaltig bauen. Gebäude mit einer maximalen Nutzungsdauer von 30, 40 Jahren zu bauen und dann wieder abzureißen, halte ich für falsch. Das ist auf keinen Fall ökologisch.“ Beim Bau müsse bereits auch über eine eventuelle Nachnutzung nachgedacht werden. ## Horizontal und vertikal verdichten Im Verdichten – da stecke noch viel Potenzial darin. „Es geht darum, Fläche optimalzunutzen.“Dasbedeutetfür Chorherr auch, dass es in locker verbauten Siedlungsgebieten zu Neubauten wird kommen müssen. Dass dies nicht immer ohne Widerstand der Anrainer gehen wird, dessen ist sich das Urgestein der Grünen bewusst. „Es gibt legitime Anrainerinteressen – es gibt aber auch Interessen der Allgemeinheit. Da muss man sich der Diskussion stellen. Das tue ich.“ Verdichten heißt aber auch in die Höhe wachsen. Aber nur an Verkehrsachsen mit Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel. „So können bestehende Grün- und Freiflächen vor einer Verbauung geschützt werden.“ Eines seiner Lieblingsprojekte nimmt derzeit in Wien-Auhof Gestalt an. „Verdichtung“ heißt das Motto. Da die Bevölkerungszahl der Bundeshauptstadt in den nächsten Jahren rasant steigen wird – pro Jahr kommen 26.000 Einwohner dazu – und zugleich Wohnraum immer knapper und gleichzeitig teurer wird, hat Chorherr den Supermärkten den Kampf angesagt. „Die enorm platzverschwendenden ebenerdigen Schachteln, die Supermärkte mit ebenso platzverschwendenden Parkplätzen in Einfamilienhausqualität müssen ein Ende haben.“ Es gehört verdichtet. „Dadurch soll eine gemischte, dichte Stadt entstehen.“ Ein erstes Pilotprojekt entsteht in Kürze beim Einkaufszentrum Auhof in Wien-Penzing. Hier hat der Betreiber im Zuge einer neuen Widmung zugestimmt, zu sehr günstigen Grundstückskosten – rund zehn Prozent des Gesamtverkaufspreises der Liegenschaft – seine Dachfläche als „Grundstück“ für eine Wohnhausanlage zur Verfügung zu stellen. „So ist es dort möglich, ohne auf der grünen Wiese Platz zu verschwenden, zusätzliche Wohnungen zu errichten.“ In Summe werden 70 Wohnungen geschaffen werden. „Das soll ein Vorzeigeprojekt werden.“ Wie hoch das Potenzial in ganz Wien sei, kann Chorherr nur schätzen. „Es sind sicher tausende Einheiten möglich.“ Derzeit schaue man sich den Gewerbepark Stadlau genau an. Verdichtung bedeutet für Chorherr aber auch, derzeit noch ungenutzte Flächen dem Wohnbau zuzuführen. Beim großvolumigen Wohnbau der Sechziger- und Siebzigerjahre hätte man noch sehr großzügig bauen können. „Da ist noch Potenzial vorhanden.“ ## Sockelbereich wiederbeleben Wichtig sei ihm vor allem die Belebung der Erdgeschoße – also in Augenhöhe keine Garagen zu bauen, sondern Geschäfte und Lokale anzuziehen. Widmungen seien dabei ein starker Hebel, um das Bild einer Stadt mitzuprägen. Die vielen leerstehenden Geschäfte in ehemals florierenden Geschäftstraßen sind Chorherr ein Dorn im Auge. „Es stimmt. Da steht viel leer. Aber was leer aussieht, ist nicht unbedingt wirklich leer.“ Vor Kurzem habe eine Erhebung in der Gumpendorferstraße ein – auch für ihn – überraschendes Ergebnis gebracht. „Von 27 anscheinend leerstehenden Geschäftslokalen waren tatsächlich nur sieben zu haben.“ Der Großteil war vermietet, einige gar nicht am Markt. Eine Chance sieht Chorherr hier in den Kleinbetrieben. „Die Kreativbranche hat diese kleinen Lokale bereits für sich entdeckt.“ ## Keine Westbahn-Überplattung Eine klare Absage gibt es für Forderung der FPÖ und ÖVP, das 30 Hektar große ÖBB-Gelände hinter dem Westbahnhof zu überplatten. „Eine Schnapsidee – das ist einfach zu teuer.“ Entlang der Avediktstraße und der Felberstraße werden riesige Flächen für neue Nutzungen zur Verfügung stehen. „Hier werden wir demnächst Wettbewerbe starten, wie diese Flächen am besten genutzt werden könnten.“ ## Kostenschraube runter Um den Neubau zu verbilligen und anzukurbeln, kann sich Chorherr auch Eingriffe in die Bauordnung – wie zum Beispiel von Hans Jörg Ulreich, Sprecher der Bauträger in der Wirtschaftskammer, gefordert – vorstellen. Im Moment fordert die Wiener Bauordnung, dass für jede Kleinwohnung ein Autostellplatz – macht zirka 15 bis 20 Prozent der Baukosten – und trotz Fernwärme oder Biomasseheizung ein Notkamin – sieben bis acht Prozent der Baukosten – errichtet werden müssen. Chorherr signalisiert hier Gesprächsbereitschaft: „Da sind wir derzeit in Verhandlungen.“ Ganz ohne Gegenleistung der Bauträger will Chorherr diese Bestimmungen allerdings nicht aufheben. „Als Ersatzleistung kann ich mir vorstellen, dass in den betroffenen Häusern Car-SharingModelle oder Jahreskarten für die Bewohnerangeboten oder mehr Fahrradabstellplätze geschaffen werden. IneinemweiterenPunktstimmtChorherr Ulreich vollinhaltlich zu. „Die Brandschutznormen in Wien müssen entrümpelt werden. Vieles ist nicht mehr zeitgemäß.“ ## Vorbild Kirche Die Gemeine Wien sollte sich an der katholischen Kirche ein Vorbild nehmen. „Die Kirche verkauft seit Jahrhunderten kein Land“, so Chorherr. „Warum sollte das die Gemeinde Wien tun?“ Chorherr favorisiert hier das Baurechtsmodell. Die Stadt Wien vergibt zwar ebenfalls schon länger Baurechtsverträge, jüngst etwa bei den geplanten „Smart“-Wohnungen in Simmering und beim Hauptbahnhof. Chorherr aber will, dass das Baurecht zum Prinzip wird. Städtische Liegenschaften sollen grundsätzlich im Eigentum der Stadt Wien bleiben und ausschließlich über Baurechtsverträge für sozialen Wohn- und Städtebau zur Verfügung gestellt werden. „Es ist doch absurd. Viele Private investieren in Immobilien, um Werte zu schaffen – und die Gemeinde soll diese Werte verkaufen?“ Bei Baurechtsvergaben könnten Bauträger indes wesentlich günstiger bauen, da die hohen Grundstückskostenentfallen.DassdieVergünstigung auch beim Mieter ankommt, würde vertraglich geregelt. Sprich: Baurecht erhält nur der, der auch billigen Wohnraum garantiert. „Anders als bei Verkäufen oder durch Flächenwidmungen könnte die Stadt als Eigentümerin weiterhin eingreifen. Die Stadt hätte also auf längere Sicht mehr in Sachen Grünflächengestaltung, Verkehrsinfrastruktur oder langfristige Nutzung.“ «
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© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 28. August 2013 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorMichael Neubauer
Tags
Investment
Wohnen
Nachhaltigkeit
Immobilie
Die Grünen
Christoph Chorherr
Auhof
Verdichtung
Stadtplanung

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