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Wo der Wiener Wildbach rauscht
In Wien ist nicht nur jedes Haus, sondern auch jeder Baum inventarisiert. Trotzdem gibt es hier einen Fluss, der nicht einmal einen eigenen Namen hat.
Doris tippte sich an die Stirn: „Geh bitte, verarsch wen anderen.“ Aber neugierig sie doch. Darauf, wie ich mich aus der Affäre ziehen würde. Denn mein Vorschlag, statt in eines der überfüllten Schwimmbäder im „Wiener Wildbach“ zu baden, konnte nur ein Witz sein. Ein Wildbach? In dem man baden könne? Der direkt in die Donau münde? „Wo sollte das denn gehen?“ Dann der Todesstoß: „Wie heißt er denn überhaupt, dein Wildbach?“
Das mit dem Namen ist ein Problem. Denn der Wiener Wildbach heißt nicht: Er hat keinen Namen. Aber ganz bestimmt hat er eine Inventar-Nummer. Oder sonst eine bürokratische Ordnungsbezeichnung. Denn der eineinhalb Kilometer lange Flussist keine Fata Morgana. Er ist zwischen knöchel – und hüfttief – und ist wirklich ein lustiges Idyll. Man muss nur ausblenden, dass er per Knopfdruck ein- und ausgeschalten werden kann.
Wiens Wildbach ist nämlich ein künstlich errichteter Wildbach. Er zweigt oberhalb des Donaukraftwerkes Freudenau in die Donauinsel hinein ab – und mündet ein paar hundert Meter unterhalb der Staumauer wieder im Strom. Oben, wo der Fluss aus dem aufgestauten „Fließ“-Gewässer kommt, kann der Durchfluss reguliert werden – doch schon wenige Meter dahinter wird der Kunst-Fluss zum echten Wildbach. Sogar (kleine) Stromschnellen und felsige Schwellen im Fluss gibt es hier. Manchmal sieht man dort sogar Fische springen.
Und genau darum geht es hier auch. Um Fische. Im Biologensprech werden haben solche Flüsse mehrere Namen: „Fischaufstieg“, „Fischweg“ oder „Fischpass“ etwa. Umgangssprachlicher: „Fischtreppe“. Hochgestochen: „Organismenaufstieg“. Und errichtet werden solche Wasserwege, weil Fischen das Prinzip einer Schleuse nicht kapieren. Ohne „Fischtreppe“ könnte jedes Flusskraftwerk massives Artensterben zur Folge haben.
Wiens Fischtreppe/Wildnbach wurde mit dem Kraftwerk (1992-1998) gebaut. Und hat sich bewährt: Bei Fischzählungen wurden dort Arten gesichtet, die man rund um Wien für ausgestorben gehalten hatte. Aber nicht nur bei Fischen ist der Wiener Wildbach ein Geheimtipp: Sogar an den heißesten Sommertagen, wenn die Schwimmbäder überfüllt sind und sich auch auf der Donauinsel Handtuch an Handtuch reiht, hat man hier seine Ruhe – die nur vom Murmeln und Plätschern eines Baches gestört wird, von dem der Großteil der Wiener überzeugt ist, dass es ihn gar nicht gibt.
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AutorThomas Rottenberg
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