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Aufschnürung des Gordischen Knotens
Tausende Hektar nicht mehr benötigtes oder noch unbebautes Land beziehungsweise Heeresliegenschaften in den österreichischen Gemeinden. Umgekehrt ist Bauland knapp wie nie zuvor. Dass beides nicht zusammengeht, liegt an den leeren Kassen der Kommunen. Ein neues Konzept von Drees & Sommer schafft Abhilfe.
Der Fliegerhorst Nittner in Graz-Thalerhof will und will nicht abheben. Nachdem ein erstes Bieterverfahren gescheitert war, ließen kurz vor Drucklegung dieser Ausgabe drei geladene Interessenten eine angesetzte Verkaufsverhandlung kurzfristig platzen. Die Preisvorstellungen der SIVBEG – 8 Mio. Euro – waren ihnen zu hoch. Nun wird die Teilung und portionsweise Veräußerung der Liegenschaft geprüft.
Die SIVBEG (Strategische Immobilien Verwertungs-, Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft) ist als Maklertochter des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport seit mehr als einem Jahr bemüht, die 385.000 m², darunter 225.000 Wald, anzubringen. In einem ersten Bieterverfahren mit einem Mindestgebot von 10,5 Mio. Euro fand sich kein Käufer, die Neuausschreibung ohne Mindestgebot erbrachte zwar fünf Interessenten, von denen drei zu einer Verkaufsverhandlung eingeladen wurden; diese winkten aber ab, als ihnen in der Einladung die neue Preisvorstellung genannt wurde.
„Wir prüfen nun eine Teilung und eine Veräußerung in Teilflächen“, erklärt Alexandra Tryfoniuk von der SIVBEG. Seitens potenzieller Käufer sei nämlich Interesse an Teilen des Areals bekundet worden. Gewidmet ist die Liegenschaft derzeit als militärischer Flugplatz, Freiland und Wald.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Verwertung von nicht mehr benötigten militärischen Liegenschaften deutlich schwieriger gestaltet, als das seitens des Grundstückseigentü- mers, also des Verteidigungsministeriums, erwartet worden war – beziehungsweise wahrgenommen werden wollte. Unter anderem hatte man auch bei der aufgelassenen Kaserne in Neusiedl am See – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen – eine ähnliche Entwicklung.
Freilich, mit diesem Problem ist der Verteidigungsminister, der die Erlöse aus den Liegenschaftsverkäufen immer dringender für die Finanzierung des heimischen Militärs benö- tigt, nicht allein. Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich in der Bundesrepublik Deutschland. Dort hatte man sich vor über einem Jahrzehnt dazu entschlossen, die seinerzeit 621 Militärstandorte um über ein Drittel auf knapp 400 herunterzufahren. Aber: Wirklich flüssig läuft der Abverkauf absolut nicht und die erzielten Preise haben in der Mehrzahl der Fälle beim deutschen Militär mehr als nur lange Gesichter hinterlassen.
Immerhin: Not macht bekanntlich erfinderisch. So zeichnet sich in Deutschland jetzt eine clevere Alternative ab, die nicht nur für das heimische Militär, sondern im Grunde auch für sehr viele Kommunen und ebenso alle anderen öffentlichen Körperschaften interessant ist.
Wer da vordenken will, sollte sich zu einem Ausflug nach Trier in Deutschland entscheiden. Aber blenden wir einige Jahre zurück: Durch den Abzug der französischen Streitkräfte war die Stadt Trier Ende der 90er Jahre erheblich von der Konversion betroffen – immerhin befand sich hier seit Ende des Zweiten Weltkrieges die größte französische Kaserne außerhalb Frankreichs. Aufgrund ihrer Lage und verbindenden Funktion zwischen Kernstadt und Höhenstadtteilen wurde die Kaserne Bélvèdere als besonderer Schwerpunkt frühzeitig durch die Stadt Trier erworben und mit einem Rahmenplan belegt. Ursprünglicher Hintergrund hierfür war die geplante Ausrichtung der Landesgartenschau 2004.
Dabei blieb es dann freilich nicht – und zu verdanken ist das vor allem der auch in Österreich aktiven Stuttgarter Drees & Sommer-Gruppe. Diese hatte sich nämlich nicht nur als Consulter in das Konversionsprojekt eingeklinkt, sondern als Mitgesellschafter auch unternehmerische Verantwortung übernommen. Konkret ist Drees und Sommer an der Entwicklungsgesellschaft Petrisberg GmbH (EGP) direkt beteiligt.
Anfang 2003 erfolgte dann die Übernahme der gesamten Liegenschaften durch die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg GmbH (EGP), an welcher die Stadt Trier zu 35 Prozent beteiligt war. Auf der Grundlage des Rahmenplans wurden in insgesamt sechs Bebauungsplanabschnitten die Leitthemen Wohnen und Gewerbe/ Wissenschaftspark vorbereitet und gesteuert. Die Entwicklung und Vermarktung des neuen Standortes Wissenschaftspark Trier (WIP) ist die Hauptaufgabe der EGP. Durch die wirtschaftlich orientierte Ausrichtung der Gesellschaft konnten Entwicklungsziele kontinuierlich und politisch unabhängig fortgesetzt werden. Die Bündelung der Koordinationsaufgaben brachte zudem willkommene Synergieeffekte mit sich.
Die EGP setzte mit dem eigens gebildeten Gestaltungsbeirat auf Beratung statt auf starre städtebauliche Richtlinien. Mit dem Bauplanungsamt wurde ein vergleichsweise offener Bebauungsplan entwickelt. Die Grundstücke wurden an die Bauträger erst nach Freigabe des Entwurfes verkauft. Zusammen mit den jeweiligen Investoren wurde der Entwurf vorher so angepasst, dass er konform mit den städtebaulichen Richtlinien und mit dem Gesamtkonzept war.
Das Wohnquartier hat den baurechtlichen Status eines Allgemeinen Wohngebiets und ist in seiner Entwicklung weitestgehend abgeschlossen. Die Einwohnerstruktur von Petrisberg liegt, gemessen am Einkommensniveau, oberhalb des Trierer Durchschnitts und ist in sich relativ homogen. Die architektonische Qualität ist dementsprechend hochwertig. Größere Bauträger wie Wohnungsbaugenossenschaften haben in dem Wohngebiet nicht investiert.
Kleinteilig ist auch die Gewerbestruktur. So hat der Wissenschaftspark erst mit der Zeit ein bestimmtes Branchen-Image angenommen. Heute sind hier schwerpunktmäßig Firmen aus dem medizinischen Bereich oder aus den sogenannten Kreativbranchen vertreten. Ein Teil der Gewerbeflächen wurde in sanierten Bestandsgebäuden der ehemaligen Kaserne realisiert.
Zwischenzeitig haben Endinvestoren Teile der Liegenschaft beziehungsweise der Objekte übernommen, beispielsweise der dänische Investor Kristensen. Er hat gleich acht Bürohäuser mit 24.000 Quadratmetern und 85 Mietverträge gekauft.
Alles in allem war und ist das Projekt „Petrisberg“ in Trier eine Erfolgsstory, die wohl auch der Gesellschafter-Konstellation geschuldet ist. Immerhin liegen die durchgesetzten Verkaufspreise für die Grundstücke um 20 bis 25 Prozent über dem Durchschnitt in Trier und die Mieten befinden sich immer noch im Durchschnitt dieser „Secondary City“ – eine Situation, wie man sie von ehemaligen militä- rischen Liegenschaften nicht so kennt.
Drees & Sommer hat aus diesem Erfolg jedenfalls einen neuen Geschäftszweig gemacht, der seither regelmäßig nicht nur Consulting, sondern nach entsprechender Projektprüfung auch einen finanzielle Beteiligung am Projekt selber anbietet: Konkret sich D & S Entwicklungsmanagement und Immobilienberatung GmbH konzentriert auf die Entwicklung von Brachflächen. Am Projekt Petrisberg beträgt die Projektbeteiligung zehn Prozent. In diesem Schema könnte es weiter gehen. Dabei sei Drees & Sommer keine Gemeinde zu klein. Entscheidend sei nur, dass das Konzept stimmen müsse.
Und: Längst nicht nur werden derartige Beteiligungen in Deutschland gemacht. Auch in Österreich wolle man derartige Projekte gerne durchziehen, sagt Marc Guido Höhne im Gespräch mit dem Immobilien Magazin. Und dabei könnte es nicht nur bei Österreich bleiben. Auch in Ungarn sei man mit diesem Konzept bereits auf Roadshow. «
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AutorGerhard Rodler
Tags
Investment
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Infrastruktur
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