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Lebens- als Kapitalversicherung

RECHT: Unwirksame Rentenwahlklausel

Zwischen den Vertragsparteien wurde eine fondsgebundene Lebensversicherung als Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen. Als Laufzeit wurden 25 Jahre vereinbart und sollte der Versicherungsvertrag als Tilgungsträger für einen Kredit dienen. Im Versicherungsvertrag waren eine Kapitalgarantie und eine Höchststandsgarantie (Klauseln 1–3) und eine Rentenwahlklausel (Klausel 4) enthalten.
Klausel 4 lautet auszugsweise:
„Wenn Sie Ihre fondsgebundene Lebensversicherung als Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen haben, haben Sie nach Ablauf der Ansparphase das Recht, anstelle der Auszahlung einer einmaligen Versicherungsleistung die Zahlung einer laufenden Rente zu verlangen. [...]
In beiden Fällen richtet sich die Höhe der Rente neben dem zur Verfügung stehenden Kapital nach dem Alter der zu versichernden Person bei Rentenauszahlungsbeginn und den zu diesem Zeitpunkt gültigen Tarifen für die Rentenauszahlung. Es finden die dann gültigen Versicherungsbedingungen für die Rentenauszahlung Anwendung.“
Nachdem sich aus Sicht des Versicherungsnehmenden das Produkt ungünstig entwickelte, konvertierte er den Vertrag, wodurch sich die Prämie erhöhte und die Streuung der Veranlagung sich veränderte. Der Versicherungsnehmende hat sich für ein Produkt ohne Kapitalgarantie entschieden, weil er einen höheren Ertrag erzielen wollte. Das neue Produkt sieht aber weiterhin ein Rentenwahlrecht vor, welches der Versicherungsnehmende mit Ende der Ansparphase per 1.10.2032 ausüben kann. Der Versicherungsnehmende ist von einer Unwirksamkeit dieser Klausel und somit von einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages ausgegangen. Strittig war, ob aufgrund der unwirksamen Rentenwahlklausel eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages vorliegt.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) führte dazu in seiner Entscheidung vom 19.06.2024, Geschäftszahl: 7Ob 51/24m, aus, dass bestimmte Klauseln wie konkret die enthaltene Rentenwahlklausel bereits in vergangenen Verbandsprozessen als intransparent beurteilt wurden. Grundsätzlich gibt es bei Versicherungsverträgen einen Kernbereich der Leistungsbeschreibung, wie die Festlegung der Versicherungsart und die Prämienhöhe. Diese unterliegen als Hauptgegenstand des Vertrags nicht der inhaltlichen Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB.
Der OGH beurteilt jedoch eine Klausel, die dem Versicherungsnehmenden ein Rentenwahlrecht anstelle der grundsätzlich vereinbarten einmaligen Kapitalabfindung einräumt und die Rechnungsgrundlagen dieser Rente regelt, als vertragliche Nebenabrede, welche der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegt. Der OGH hat die Rentenwahlklausel inhaltlich als gröblich benachteiligend eingestuft.
Ob die Streichung einer missbräuchlichen Klausel die Nichtigkeit des übrigen Vertrags zur Folge hat, ist nach unionsrechtlichen Vorgaben in Art 6 Abs 1 (Klausel-RL) geregelt. Dieser sieht vor, dass der Vertrag für beide Parteien bindend bleibt, sofern er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann. Eine für missbräuchlich erklärte Vertragsklausel ist grundsätzlich von Anfang an als nicht existent anzusehen, sodass sie gegenüber dem Verbraucher keine Wirkungen haben kann. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten die Bedingungen im nationalen Recht festzulegen, unter denen die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel samt der konkreten Rechtswirkungen erfolgt. Jedenfalls muss die Möglichkeit bestehen die Sach- und Rechtslage wiederherzustellen, in der sich der Verbraucher ohne diese missbräuchliche Klausel befunden hätte. Dabei ist eine objektive Prüfung vorzunehmen, unabhängig davon, ob der Verbraucher den Willen zum Ausdruck bringt, dass der Vertrag aufrechterhalten werden soll.
Im konkreten Fall enthält die Rentenwahlklausel keine ausreichenden Vorgaben für die Festlegung der Rechnungsgrundlagen. Dieser Mangel macht die Klausel deshalb inhaltlich unangemessen, weil sie es dem Versicherer ermöglicht, dass bei Vertragsabschluss bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung zulasten des Versicherungsnehmers nach seinem Willen zu verschieben. Die Klausel ist an der mangelnden Bestimmtheit der entscheidenden Parameter für die Berechnung der Rente gescheitert. Im konkreten Fall verfügt der Versicherungsnehmer weiterhin über ein Rentenwahlrecht, wobei die konkrete Ausgestaltung dessen kann ohnehin nur über eine zum Zeitpunkt der Ausübung dieses Wahlrechts zu erzielende Einigung festgelegt werden, für die sowohl aufsichtsrechtliche Vorgaben als auch gesetzliche Informationspflichten vorgesehen sind. Der OGH ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der konkrete Vertrag aus Sicht des Versicherungsnehmers unverändert fortbestehen kann. Eine Veränderung des Vertrags zu seinen Lasten bewirkt der Wegfall der Klausel, die ohnehin keine ausreichenden Vorgaben zur Rentenberechnung enthalten hat, nicht.
Dazu Rechtsanwalt Roland Weinrauch: „Der Entfall der Rentenwahlklausel in einer fondsgebundenen Lebensversicherung führt nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages, da der Lebensversicherungsvertrag als Tilgungsträger für einen Kredit dienen sollte.“

© Cachalot Media House GmbH - Veröffentlicht am 23. September 2024 - zuletzt bearbeitet am 07. Oktober 2024


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AutorWeinrauch Rechtsanwälte
Tags
Recht
Weinrauch Rechtsanwälte

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